Mindestsicherung für Arbeitslose:CSU setzt sich bei neuen Hartz-IV-Regeln durch

Jobcenter in Freiburg

Bei unter 25-Jährigen dürfen Vermittler schon nach dem ersten gravierenden Verstoß gegen die Auflagen des Jobcenters die staatliche Hilfe für drei Monate komplett kappen.

(Foto: dpa)
  • Die Grünen konnten sich mit ihren Plänen für eine Neuordnung von Hartz IV nicht durchsetzen.
  • Vor allem bei den Sanktionen wollten sie etwas ändern.
  • Nun liegt ein Referentenentwurf des Arbeitsministeriums vor.

Von Thomas Öchsner

Für unter 25-jährige Hartz-IV-Empfänger, die zum Beispiel Termine im Jobcenter versäumen oder Jobs ablehnen, wird es weiter schärfere Sanktionen geben. Die Pläne von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die Regeln vom Lebensalter unabhängig zu machen und damit teilweise zu entschärfen, sind endgültig vom Tisch. Das ergibt sich aus dem Referentenentwurf ihres Ministeriums zur Vereinfachung von Vorschriften im Hartz-IV-System, der in dieser Woche an die Verbände weitergeleitet wurde. Damit hat sich die CSU in dieser Frage durchgesetzt. CSU-Chef Horst Seehofer hatte erklärt: "Das Verwässern der Sanktionen bei Drückebergern wird die CSU verhindern."

Bei unter 25-Jährigen dürfen die Vermittler schon nach dem ersten gravierenden Verstoß gegen die Auflagen des Jobcenters die staatliche Hilfe für drei Monate komplett kappen. Nach der zweiten Pflichtverletzung kann es auch kein Geld mehr für Heizung und Miete geben. Bei älteren Hartz-IV-Empfängern erfolgen die Sanktionen in mehreren Stufen, zudem sind sie weniger streng. Verfassungsrechtler hatten die schärferen Vorschriften für junge Hartz-IV-Bezieher jedoch kritisiert. Sie sahen darin einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hatte ebenfalls dafür plädiert, die Ausnahmeregeln für unter 25-Jährige aufzuheben. Das Arbeitsministerium wollte diesen Vorschlag zunächst umsetzen - auch mit dem Argument, dass junge Langzeitarbeitslose dann aufgrund solcher Sanktionen nicht mehr auf der Straße landen könnten.

In dem vorläufigen Gesetzesentwurf ist davon nun keine Rede mehr. Das 74 Seiten starke Papier enthält aber zahlreiche andere Änderungen. Sie beruhen auf einer Liste mit ursprünglich 36 Vorschlägen, die eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern bereits im Sommer 2014 vorgelegt hatte.

Künftig soll nur noch einmal im Jahr ein Bescheid verschickt werden

Ziel des Gesetzes sei es, "dass leistungsberechtigte Personen künftig schneller und einfacher Klarheit über den Umfang von Rechtsansprüchen erhalten" und die Arbeit für die Mitarbeiter in den Jobcentern einfacher werde, heißt es in dem Entwurf. Bislang beschäftigt sich die Hälfte der Mitarbeiter damit, Leistungen zu berechnen. Die Jobcenter sollen deshalb künftig, so weit wie möglich, nur noch einmal im Jahr statt alle sechs Monate einen Hartz-IV-Bescheid verschicken. In dem Referentenentwurf wird angemerkt: "Dieses Verfahren hat sich als kostenintensiv erwiesen und auch in Fällen zur Bindung von Personalressourcen geführt, in denen tatsächlich überwiegend keine neuen leistungsrechtlich relevanten Änderungen eingetreten sind." Die BA verschickte allein 2014 etwa 25 Millionen Hartz-IV-Bescheide.

Auch andere Vorschriften will das Arbeitsministerium vereinfachen. So sollen Hartz-IV-Empfänger einen Freibetrag von 100 Euro für Kapitalerträge bekommen. Auch ehrenamtliche Tätige, die ein steuerlich begünstigtes Honorar erhalten, werden besser gestellt. Wer Arbeitslosengeld I bezieht und trotzdem auf Hartz IV angewiesen ist, hat von 2017 an Anspruch darauf, von einer Arbeitsagentur und nicht vom Jobcenter gefördert zu werden.

Eine Sprecherin der Bundesagentur bewertete die Änderungen positiv. "Durch die Vereinfachungen im Leistungsrecht werden in den Jobcentern mehr Kapazitäten frei, sich um Flüchtlinge zu kümmern", sagte sie.

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, bezeichnete die geplanten Rechtsänderungen dagegen als "eine vertane Chance". Das Gesetz werde "zu keinem spürbaren Bürokratieabbau in den Jobcentern führen".

Pothmer weist darauf hin, dass die Bundesregierung selbst nur mit einer Entlastung der Jobcenter in Höhe von 39 Millionen Euro rechne. Angesichts eines Gesamtverwaltungskostenaufwands von 4,8 Milliarden Euro pro Jahr sei "dies mehr als dürftig. So werden keine Kapazitäten im System freigesetzt, um die Betreuung und Vermittlung der Arbeitslosen zu verbessern", sagte sie.

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