Leopard-Panzer für Griechenland:Geschmiertes Geschäft

Rüstungsindustrie

Panzer vom Typ Leopard 2 gingen für fast 1,7 Milliarden Euro nach Griechenland.

(Foto: dpa)

Wer hat wen bestochen, und wenn ja, mit wie viel? Beim Verkauf des "Leopard 2" der Panzerschmiede Krauss-Maffei Wegmann nach Griechenland gibt es massive Ungereimtheiten.

Von Tasos Telloglou, Athen, und Klaus Ott

Das Schreiben, das die Staatsanwaltschaft in Athen vor einigen Tagen an deutsche Kollegen in München schickte, ist für die Empfänger nicht auf Anhieb zu verstehen. Der Brief muss erst noch übersetzt werden. Der Inhalt selbst ist völlig klar. Die Ermittler in der griechischen Hauptstadt wollen viel wissen zum Verkauf des Panzers Leopard 2 für fast 1,7 Milliarden Euro nach Hellas. Vor allem, wie viel Geld der in München ansässige Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW) für die Vermittlung des Milliardengeschäfts an Berater gezahlt hat. Denn auf diesem Wege, das ist in vielen Fällen dokumentiert, wurden oft Beamte, Minister und Militärs bestochen. War das auch beim Leopard 2 so?

Um das herauszufinden, hat die griechische Justiz die Münchner Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Bei dem Schreiben handelt es sich um ein Rechtshilfeersuchen. Die deutschen Ermittler haben nun zwei Möglichkeiten. Sie können die Panzerschmiede KMW und eventuelle Zeugen befragen und sich auf deren Angaben verlassen. Oder Krauss-Maffei Wegmann und weitere mit dem Milliardendeal befasste Büros und Firmen durchsuchen.

Meist wählen die Staatsanwälte die zweite Variante, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, der Sache auf den Grund zu gehen. KMW muss sich also darauf einstellen, dass demnächst Ermittler mit einem Durchsuchungsbeschluss vorstellig werden. Das müsste dann aber keine spektakuläre Aktion sein mit Polizeiautos und Blaulicht.

Einer lügt. Aber wer?

Der Rüstungskonzern hat sich über einen Juristen längst bei der Münchner Staatsanwaltschaft gemeldet und versichert, man werde kooperieren. Denn der Verdacht, der 2003 zwischen KMW und der griechischen Regierung geschlossene Vertrag über die Lieferung von 170 Leopard-2-Panzern nebst Zubehör sei mithilfe von Schmiergeld zustande gekommen, ist ja längst in der Welt. Im Dezember hat ein früherer Direktor und Rüstungseinkäufer im Athener Verteidigungsministerium gestanden, er habe sich von einem KMW-Berater mit 600 000 Euro in bar bestechen lassen. Dieser Berater, ein griechischer Geschäftsmann, bestreitet das. Einer der beiden lügt also. Aber wer?

Fakt ist, dass der Athener Geschäftsmann und seine Firmengruppe viele Jahre lang für Krauss-Maffei Wegmann und für den Panzerdeal gearbeitet und dafür viel Geld bekommen haben. 26 Millionen Euro seien es gewesen, sagt der Grieche. KMW selbst hat vor einigen Wochen erklärt, der Athener Berater habe viele Leistungen erbracht und dafür eine "angemessene Vergütung" erhalten. Zahlen nannte der Rüstungskonzern keine, und er antwortet inzwischen auch gar nicht mehr auf Anfragen.

Schmiergeld wurde als "Nützliche Aufwendungen" bezeichnet

Zuvor, als der Verdacht bekannt geworden war, hatte Krauss-Maffei Wegmann noch erklärt, man habe weder Kenntnis von Schmiergeldzahlungen, noch habe man solche "geleistet oder veranlasst". So ähnlich äußert sich auch die Rheinmetall AG, die über eine Tochterfirma das Luftabwehrsystem Asrad nach Griechenland verkauft hat. Auch Rheinmetall hat sich eines griechischen Vermittlers bedient, eines Ex-Militärs. Auch der hat viele Millionen Euro bekommen. Der Ex-Militär hat inzwischen gestanden, mit einem Teil des Geldes alte Kollegen und Amtsträger bestochen zu haben, damit die Rheinmetall-Tochter den Zuschlag für Asrad bekomme.

Konzerne aus der ganzen Welt haben früher oft Berater eingeschaltet, um kräftig zu bestechen. Auch deutsche Unternehmen wie Siemens, Daimler, MAN und andere. Damals wurde in der Industrie das Schmiergeld noch mit NA umschrieben, mit "Nützlichen Aufwendungen".

Ein früherer Beschäftigter von Krauss-Maffei Wegmann berichtet, intern sei davon die Rede gewesen, dass man bei dem Panzerdeal 0,5 Prozent des Auftragsvolumens für NA einkalkulieren müsse und dass dies über den griechischen Vermittler abgewickelt werde. Das wären gut acht Millionen Euro gewesen. Ob das zutrifft, sollen die Ermittlungen ergeben.

Berner Staatsanwälte verhörten griechischen Ex-Verteidigungsminister

Die Athener Staatsanwaltschaft will mit der Hilfe der Münchner Kollegen auch herausfinden, auf welchen Wegen der Panzerkonzern KMW seinen Athener Berater bezahlt hat. Solche Geschäfte sind oft über die Schweiz abgewickelt worden, und auch dort wird in solchen Fällen inzwischen ermittelt. Berner Staatsanwälte waren vergangene Woche in Athen und vernahmen dort unter anderem Ex-Verteidigungsminister Akis Tsochatzopoulos, der wegen Geldwäsche sowie Korruption bei Rüstungseinkäufen in Deutschland und Russland eine lange Haftstrafe absitzt.

Die Berner Strafverfolger gehen dem Verdacht von Geldwäsche in der Schweiz nach, gegen drei Geschäftsleute läuft bereits ein Verfahren. In den Schweizer Justizakten sind diverse Konten bei prominenten Banken aufgelistet, über die Schmiergeld geflossen sein soll, auch bei deutschen Rüstungsexporten nach Griechenland. Um den Leopard 2 geht es bisher nicht.

Vieles ist noch unklar in diesem Fall. Ob überhaupt bestochen wurde, und falls ja, wie. Die Staatsanwälte in Athen und München sind erst am Anfang. Eine Durchsuchung könnte zu wertvollen Erkenntnissen führen, auch nach so langer Zeit und obwohl KMW nach früheren Ermittlungen im vergangenen Jahrzehnt längst gewarnt wäre. Ein Fahnder sagt, im Computer-Zeitalter könne man Spuren nicht mehr vollständig verwischen. Bei Krauss-Maffei Wegmann ist das ohnehin nicht zu befürchten. Der Konzern will kooperieren.

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