Label im Überblick:Streng, strenger, bio

Was bedeuten die Siegel von Tierwohl, Tierschutz, Discountern und das Öko-Label der EU?

Von Markus Balser, Berlin

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Bio-Betriebe haben strenge Richtlinien für die Tierhaltung. Sie liegen über dem gesetzlichen Mindeststandard. Bio-Tiere haben bessere Möglichkeiten für ein artgerechtes Verhalten. Während sich zum Beispiel in der konventionellen Haltung 22 Hühner einen Quadratmeter Stall teilen, sind es in der Bio-Haltung höchstens zehn. Und während die Mast der Tiere in der konventionellen Haltung 30 Tage dauern darf, sind es bei Bio-Betrieben 70 bis 80 Tage. Als Basis gilt dabei die EG-Ökoverordnung mit ihrem weit verbreiteten sechseckigen Label mit Bio-Schriftzug. Es wurde 2001 erstmals vergeben. Es kennzeichnet seither Lebensmittel, die nach den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau produziert und kontrolliert werden. Das Logo garantiert somit auch Basisbedingungen für Bio-Produkte. Denn bio ist nicht gleich bio. Die Anforderungen der einzelnen Erzeugerverbände gehen noch mal deutlich über die EU-Verordnung hinaus. In Deutschland sind das vor allem die drei größten, Bioland, Demeter und Naturland, mit jeweils eigenen Logos. Wie sich die Siegel unterscheiden, macht das Beispiel Hühnerhaltung klar. Das EU-Siegel, für das der größte Teil der deutschen Tierhalter produziert, erlaubt 580 Tiere pro Hektar, bei den Erzeugerverbänden sind es auf der gleichen Fläche nur zwischen 140 und 280 Tiere. Unterschiede gibt es auch bei Vorgaben für umstrittene Haltungspraktiken. So ist das Entfernen von Schwänzen bei Ferkeln nach EU-Bio-Verordnung mit Genehmigung möglich. Bioland, Demeter und Neuland verbieten dies. Während das EU-Siegel Tiertransporte von maximal acht Stunden wie bei konventionell gehaltenen Tieren erlaubt, dürfen Tiere aus Bioland-, Demeter- oder Naturland-Produktion höchstens vier Stunden transportiert werden. Bei Fleischprodukten mit einem anspruchsvollen Bio-Siegel könnten Verbraucher davon ausgehen, dass das Tiere artgerechter und umweltverträglicher leben durfte, sagt Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Stephanie Töwe.

Geld für Bauern vom Einzelhandel

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Die Initiative Tierwohl ist eine gemeinschaftliche Anstrengung mehrerer Interessensgruppen: Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Einzelhandel wollen mit ihr mehr Tierwohl garantieren. Die teilnehmenden Einzelhandelsketten finanzieren die Initiative, indem sie für jedes verkaufte Kilo Fleisch und Wurst von Schwein, Pute und Hähnchen 6,25 Cent in einen Tierwohl-Fonds einzahlen. Daraus bekommen diejenigen Landwirte, die ihre Tierhaltung verbessern, einen Pauschalanteil ausgezahlt. Seit April wird Geflügelfleisch aus teilnehmenden Betrieben auch mit einem eigenen Siegel gekennzeichnet. Bisher konnten Verbraucher nicht erkennen, ob ein Produkt aus einem Tierwohl-Betrieb stammt, weil die eindeutige Zuteilung eine logistische Herausforderung darstellt.

Streng, aber nicht öko

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Der Deutsche Tierschutzbund hat 2013 ein Siegel eingeführt, weil die geforderte gesetzliche Kennzeichnung auf sich warten ließ. Es bewertet in zwei Stufen die Haltung von Hühnern und Schweinen. Die mit einem Stern gekennzeichnete Einstiegsstufe garantiert für konventionell gehaltene Tiere Standards über dem gesetzlichen Mindestniveau, etwa mehr Platz oder Sitzstangen und Pickgelegenheiten für Hühner. Außerdem ist das Masttempo geregelt. Generell dürfen Tiertransporte nicht länger als vier Stunden dauern. Die Premiumstufe mit zwei Sternen bietet ein höheres Schutzniveau, das auch Verbraucherschützer loben. Hier ist Auslauf garantiert, das Schwänze-Kupieren bei Schweinen verboten. Das Fleisch ist unter anderem bei Aldi, Lidl, Netto und Edeka erhältlich.

Ein Mittelweg für den Discounter

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Seit Anfang diese Jahres bieten Aldi Süd und Nord unter dieser Marke Geflügelfleisch an, Produkte anderer Tierarten sollen folgen. Für die Masthähnchen gelten die Tierwohlstandards der Einstiegsstufe des Labels "Für mehr Tierschutz", das der Deutsche Tierschutzbund 2013 entwickelt hat. Das Label verspricht: Die Hühner haben mehr Platz, auf einen Quadratmeter der Stallgrundfläche dürfen statt 22 nur mehr 17 Tiere kommen. Außerdem bekommen die Hühner Sitzstangen und Picksteine, um sich zu beschäftigen. Und sie haben in einer Art Wintergarten Zugang zu frischer Luft. Mindestens einmal im Jahr prüfen Kontrolleure die Betriebe. Der Discounter bewirbt das Angebot als Mittelweg zwischen Bio-Fleisch und Fleisch aus konventioneller Haltung - preislich und bei den Standards.

Ähnlich wie bei Eiern

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Das System kennen Verbraucher von der Eierkennzeichnung: Seit Anfang April etikettiert Lidl auf eigene Initiative alle Frischfleischprodukte seiner Eigenmarken mit einem "Haltungskompass", der das Fleisch nach vier Stufen kategorisiert: Stallhaltung, Stallhaltung Plus, Auslauf und Bio. Bei Stufe 1 für Geflügelfleisch beispielsweise entspricht die Tierhaltung den gesetzlichen Mindeststandards, Stufe 2 garantiert den Masthähnchen mindestens zehn Prozent mehr Platz und mehr Beschäftigungsmaterial. Stufe 3 gewährt den Tieren mindestens 25 Prozent mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben, dazu Sitzstangen und Zugang zu einem Außenklimabereich. Zudem ist eine langsamer wachsende Rasse verpflichtend. Die höchste Stufe 4 entspricht Bio nach der EU-Ökoverordnung.

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