Konjunktur:Der Abschwung ist kein Grund für Panik

Konjunktur: BASF in Ludwigshafen am Rhein: Das Unternehmen, heute einer der größten Chemiekonzerne der Welt, wurde 1865 unter anderem von Friedrich Engelhorn gegründet.

BASF in Ludwigshafen am Rhein: Das Unternehmen, heute einer der größten Chemiekonzerne der Welt, wurde 1865 unter anderem von Friedrich Engelhorn gegründet.

(Foto: Uwe Anspach/dpa)

Der eine Konzern warnt vor fallenden Gewinnen, der nächste entlässt Tausende Mitarbeiter: Die Lage ist ernst, kann aber bewältigt werden. Was die Regierung jetzt tun muss.

Kommentar von Alexander Hagelüken

Daimler meldet eine Gewinnwarnung, BASF und die Deutsche Bank bauen massiv Stellen ab. Gerade beschleicht einen das Gefühl, deutsche Konzerne hätten sich zu einem Kartell schlechter Nachrichten verschworen. Es wirkt wie eine Gewinnwarnung, die goldene Dekade des deutschen Booms sei zu Ende. Bürger fürchten wieder um ihren Job. Das Land braucht jetzt eine Regierung, die entschlossen handelt.

2018 wuchs die Wirtschaft um 1,5 Prozent. Dieses Jahr dürfte es nur ein halbes Prozent werden. Das ist kein Drama, bloß eine Delle - aber es könnte mehr werden, falls die Ursachen für den aktuellen Abschwung eskalieren. Falls US-Präsident Donald Trump nach China auch Europa mit Strafzöllen attackiert. Falls Italiens Populisten eine neue Euro-Krise herbeidilettieren. Falls Großbritannien per hartem Brexit Goodbye sagt. So muss es nicht kommen. Es ist sogar unwahrscheinlich, dass alles zusammentrifft. Doch einen Abschwung gibt es allemal.

Trotzdem wäre es falsch, die Situation zu dramatisieren. Hysterie verschlimmert die Lage. Dann hören Kunden auf zu kaufen und Firmen zu investieren - und lösen wirklich eine Rezession aus. Eine Dramatisierung wäre auch unangemessen, weil sie den Daten widerspricht. Vergleiche mit dem Jahrhundertcrash 2008 sind realitätsfern. Ja, einige Konzerne bauen Stellen ab. Aber der Mittelstand tut es nicht. Wegen des Fachkräftemangels sichert mancher Beschäftigte, die nicht voll ausgelastet sind. Und: Teile der Dienstleistungsgesellschaft, zu der sich Deutschland entwickelt, sind von der Weltwirtschaft abgekoppelt. Das stabilisiert, wenn die Exporte des Exportweltmeisters das Problem sind, wie derzeit.

Panik wäre also verkehrt. Helfen würde etwas anderes: eine Regierung, die den Bürgern signalisiert, dass sie den Abschwung nicht hinnimmt, sondern Schlimmeres verhindert. Eine solche Entschlossenheit wäre schon deshalb wichtig, weil der Bundesrepublik auch ohne Trump und Brexit tendenziell geringeres Wachstum bevorsteht: Die Babyboomer verabschieden sich in den Ruhestand, die Arbeitsbevölkerung schrumpft.

Was könnte die Regierung also tun? Erstens sollte sie auf eine klare EU-Position gegenüber den USA hinarbeiten. Trump wirkt wie ein Cowboy, der schneller schießt, als er denkt. Er muss merken, dass die Europäer keine leichten Opfer sind, sondern unangenehme Gegner. Zum Zweiten sollte die Regierung jene stärken, die den Abschwung dämpfen können. Weniger Abgaben für Normalverdiener fördern den Konsum. Und die Firmen sind durch erleichterte Abschreibungen zu motivieren, mehr zu investieren.

Als Drittes sollte die Regierung selbst langfristig mehr ausgeben. Aber nicht für Klientelprojekte wie Baukindergeld und Frührenten, sondern für die Zukunft. Da gibt es riesigen Bedarf: Die Bahn ist kaputtgespart, es fehlen Wohnungen, schnelles Internet und Bildung für die digitale Ära. Und ja, das lässt sich alles finanzieren: wenn die Regierung Reiche stärker für die Gemeinschaft heranzieht - und die Schuldenregel aufweicht, die ein Land wie Deutschland nicht braucht, um solide zu wirtschaften.

Große Aufgaben wären das für eine Regierung. Leider ist die SPD mit sich selbst beschäftigt. Und Angela Merkel wirkt wirtschaftspolitisch noch teilnahmsloser, als sie es die längste Zeit ihrer Kanzlerschaft ohnehin war.

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