Bezahlen:Das Bargeld muss bleiben - dringend

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In der Diskussion um den 500-Euro-Schein sollte eines nicht vergessen werden: Bargeld ist geprägte Freiheit.

(Foto: ddp)

Der 500-Euro-Schein wird abgeschafft, aber das muss reichen. Das Bezahlen mit Münzen und Papier schützt uns - und unsere Privatsphäre.

Kommentar von Markus Zydra, Frankfurt

Stimmt schon, so ein 500er zwischen den Fingern fühlt sich gut an. Was man alles dafür kaufen könnte. Es kommt auch ein wenig Angst auf. Vorsicht, Vorsicht! Bloß nicht verlieren den Schein. Gleich zur Bank damit.

So faszinierend 500 Euro auf einem Stück Papier auch sind, nur Angeber möchten damit tatsächlich gesehen werden. Der 500er ist weitgehend nutzlos. Tankstellen und Lebensmittelläden nehmen ihn nicht an. Man steht unter Verdacht, wenn man damit bezahlen möchte. Die dicken Scheine sind die Brüder der Diamanten. Auch mit ihnen lässt sich viel Vermögen in kleinen Taschen verschieben. Die 500-Euro-Scheine ermöglichen Geldwäsche aus Drogengeschäften, Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit. Es muss sich niemand grämen, weil die Europäische Zentralbank nun das Ende des 500-Euro-Scheins beschlossen hat.

Bargeld schützt unsere Privatsphäre - aber die Regierungen mögen es nicht

Viel wichtiger ist, was danach kommt. Fällt als nächstes der 200er? Möchten Politiker und Zentralbanken das Bargeld abschaffen? Erleben wir da gerade den ersten Schritt? Die Regierungen mögen kein Bargeld, weil Bürger damit etwas tun können, was sich dem behördlichen Radar entzieht. Deshalb gibt es bereits Obergrenzen, wie viel Geld man durch den Zoll nehmen darf. Auch Bankautomaten setzen Limits beim Abheben, und die Bundesregierung plant, Bargeldgeschäfte auf 5000 Euro zu beschränken. Wissenschaftler behaupten sogar, ohne Bargeld gäbe es mehr Wachstum, weil dadurch der Konsum steige. Der Grund: Man könne die Bürger dazu zwingen, ihr Erspartes auszugeben. Mit einem Strafzins beispielsweise, der nicht wirkt, solange man sein Geld abheben darf.

Der Kampf um das Bargeld hat also längst begonnen. Es geht um viel. Das Bargeld gibt den Bürgern Freiheit. Zum Höhepunkt der Finanzkrise 2008 hoben Sparer aus Angst Bargeld von ihren Konten ab. Sie misstrauten den Banken, und zwar zu Recht. Ein Kontoauszug ist im Ernstfall nichts wert, Scheine schon.

Bargeld ist sehr praktisch und schützt die Privatsphäre. Vielleicht möchte man seinem Kind einen 20er zustecken, vielleicht im Cafe ein Trinkgeld geben, vielleicht in einer Stadt übernachten, ohne mit der Kreditkarte zu bezahlen.

Außerdem droht Gefahr durch Cyber-Kriminalität: Wie bezahlt man, wenn der elektronische Zahlungsverkehr von Hackern lahmgelegt wurde? Wenn EC-Karte und Internet nicht mehr funktionieren? Es geht etwas Beruhigendes von Geldscheinen aus.

Das Bargeld darf erst abgeschafft werden, wenn es keiner mehr will

Die Diskussion über die Bargeldabschaffung spiegelt unterschiedliche Erfahrungen wider. Die Älteren sind mit Bargeld groß geworden. Sie haben sich an diese Zahlungsweise gewöhnt. Natürlich nimmt der Einsatz von EC- und Kreditkarten zu, das Online-Banking wächst, und bei den Zentralbanken denkt man über digitale Bitcoin als Alternativwährung nach. Es gibt immer mehr Zahlungsmöglichkeiten. Der Gebrauch von Geld hat sich verändert. Aber auch für die meisten 25- bis 50-Jährigen dürfte eine Welt ohne Bargeld kaum vorstellbar sein.

Die schwedische Zentralbank hat im 17. Jahrhundert als erste in Europa Geldscheine ausgegeben. Nun ist Schweden auf dem besten Weg, das Bargeld abzuschaffen. Der Bargeldumlauf in dem skandinavischen Land sinkt seit Jahren - in der Euro-Zone wächst er. Die Schweden mögen moderne Technik, sie steigen freiwillig um. Genau darum geht es. Der Staat darf keinen Zwang ausüben. Natürlich kann man irgendwann auf Bargeld verzichten, dann nämlich, wenn es keiner mehr will. Das ist aber Sache der nächsten Generationen. Bis dahin gilt: Das Bargeld muss bleiben.

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