Interview mit Heiko Maas:"Ich kann Mieter nur ermutigen, ihre Rechte wahrzunehmen"

Government Holds Cabinet Retreat

Glaubt, dass sein Gesetz noch etwas Zeit braucht, bis es auch praktisch Wirkung zeigt: Heiko Maas.

(Foto: Getty Images)

Bundesjustizminister Heiko Maas ist offen für eine Verschärfung seines Gesetzes zur Mietpreisbremse. Er denkt an zwei konkrete Verbesserungen.

Interview von Robert Roßmann, Berlin

Die Mietpreisbremse ist ein Gesetz aus dem Ressort von Justizminister Heiko Maas (SPD). Sie erlaubt den Bundesländern, Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten auszuweisen. In diesen dürfen Eigentümer bei der Vermietung von Wohnungen im Regelfall nur zehn Prozent mehr als die ortsübliche Miete verlangen. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist die Bremse bisher allerdings wirkungslos.

SZ: Das neue Mietrecht gilt jetzt seit einem Jahr. Sie haben bei der Einführung versprochen, es würde Mieter deutlich entlasten. War das angesichts der Ergebnisse der Studie zur Mietpreisbremse nicht ein zu vollmundiges Versprechen?

Heiko Maas: Das finde ich nicht. Wir haben damals auch das Besteller-Prinzip eingeführt. Das bedeutet, dass derjenige den Makler bezahlen muss, der ihn beauftragt. Das ist fast immer der Vermieter. Mieter zahlen seitdem nur noch sehr selten die Courtage. Die hat immerhin bis zu zwei Monatsmieten zuzüglich Mehrwertsteuer betragen. Mieter sparen deshalb wegen unseres Gesetzes gleich zu Beginn des Mietverhältnisses sehr viel Geld.

Der zweite Teil der Gesetzesänderung, die Mietpreisbremse, scheint die Erwartungen dagegen nicht zu erfüllen.

Na ja. Anders als das Bestellerprinzip galt die Mietpreisbremse in den meisten Bundesländern nicht vom ersten Tag an, sondern wurde erst nach und nach umgesetzt.

Aber auch in Berlin, dort gilt sie bereits seit einem Jahr, sind die Zahlen nicht sonderlich ermutigend.

Die Mietpreisbremse ist ein Paradigmenwechsel, der jetzt beginnt, seine Wirkung zu entfalten. Erstmals bestimmt nicht mehr allein der Vermieter die Höhe des Mietpreises, sondern es gibt eine objektive gesetzliche Grenze. Im Regelfall darf die Miete nur noch zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen. Das war mit Blick auf die enormen Mietsteigerungen in Ballungsgebieten dringend notwendig. Darauf können sich die Mieter berufen.

Das DIW hat jetzt eine bundesweite Bilanz vorgelegt. Demnach hat die Mietpreisbremse überhaupt keinen messbaren Effekt. Wie erklären Sie sich das?

Wie bei allen Paradigmenwechseln wird es eine gewisse Zeit brauchen, bis Rechte auch in der Praxis wahrgenommen wer-den. Die Mietpreisbremse gilt nur in angespannten Wohnungsmärkten. Dort hat der Eigentümer in der Regel die Auswahl, wem er seine Wohnung gibt. Aus Angst, die begehrte Wohnung nicht zu bekommen, scheinen noch nicht alle Mieter von ihren neuen Rechten Gebrauch zu machen. Ich kann Mieter nur ermutigen, ihre Rechte wahrzunehmen - sie können das ja auch machen, nachdem sie die Wohnung bekommen und den Mietvertrag unterzeichnet haben. Das Gesetz zur Mietpreisbremse ist klar und eindeutig formuliert.

Zeigt die Praxis aber nicht, dass Ihr Gesetz zur Mietpreisbremse Lücken hat? Als Wohnungsinteressent weiß ich nicht, ob die verlangte Miete überhöht ist. Die Miete, die der Vormieter bezahlt hat, darf der Eigentümer ja erneut verlangen, selbst wenn sie mehr als zehn Prozent über dem Mietspiegel ist. Die Miete des Vormieters steht aber in keiner Wohnungsanzeige.

Der Mieter hat allerdings einen ausdrücklichen Auskunftsanspruch gegenüber dem Vermieter. Der Vermieter muss dem Mieter alles mitteilen, was für die Zulässigkeit der Miete maßgeblich ist, also insbesondere die Höhe der Vormiete. Wenn die verlangte Miete zu hoch ist, kann er sie reklamieren - und muss dann nur noch die zulässige Miete zahlen.

Ist das nicht ein weiteres Problem? Der Vermieter kassiert bis zum Moment der Reklamation die höhere Miete. Außerdem sieht die Mietpreisbremse keine Strafe für das Verlangen unzulässig hoher Mieten vor. Ein Eigentümer, der sich nicht gesetzestreu verhält, hat deshalb keinen Nachteil zu befürchten.

Man sollte aber auch nicht davon ausgehen, dass jeder Eigentümer seine Mieter betrügen will.

Das DIW und die Mieterverbände verlangen trotzdem eine Nachbesserung des Gesetzes. Unterstützen Sie das?

Wenn es wirklich Rechtsbruch im größeren Stil gibt, dann werden wir darauf drängen, ins Gesetz zu schreiben, was die Uni-on bisher blockiert hat: nämlich eine Pflicht des Vermieters, die Vormiete automatisch offenzulegen und einen Anspruch des Mieters, die zu viel gezahlte Miete rückwirkend bis zum Vertragsschluss zurückzubekommen.

Strafen für Eigentümer, die überhöhte Mieten verlangen, erwägen Sie aber nicht?

Jetzt warten wir erst einmal ab, wie sich die Mietpreisbremse entwickelt. Sie ist wie gesagt noch ein ziemlich neues Instrument.

Das DIW schlägt vor, dass die Mieterhöhungsspielräume statt an die teils nicht sonderlich wissenschaftlichen Mietspiegel an die Entwicklung der Konsumentenpreise gekoppelt werden. Hat dieser Vorschlag wegen seiner Transparenz nicht Charme?

Ich glaube, wir haben mit den Mietspiegeln, die wir in Deutschland kennen, gute Erfahrungen gemacht. Um Mietspiegel noch rechtssicherer zu machen, arbeiten wir an einer Reform. Und: Wir wollen, dass künftig die Preisentwicklung nicht mehr nur der letzten vier, sondern acht Jahre relevant wird. Dann würden auch länger nicht geänderte Mieten einfließen. In Stadtteilen, in denen derzeit die Mieten sehr stark anziehen, hätte das eine dämpfende Wirkung. Ich mache mir allerdings keine Illusionen darüber, dass die Gespräche mit dem Koalitionspartner über das Thema bezahlbare Mieten nicht einfach werden.

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