Insolvenz bei Schlecker:Überzeugungstäter von der FDP

Die Liberalen stehen am Pranger: Für ihr Nein zur Schlecker-Hilfe wird die Partei als kalt und herzlos kritisiert. Doch die FDP sieht in dieser Haltung einen Beweis für konsequente Ordnungspolitik. Sie will gerade in Wahlzeiten ihre Prinzipienfestigkeit und Glaubwürdigkeit demonstrieren.

Peter Blechschmidt

Wieder einmal steht die FDP als kalt und herzlos am Pranger der öffentlichen Meinung. Am Veto der FDP-Wirtschaftsminister der Länder ist der Versuch gescheitert, eine Transfergesellschaft für die vom Aus der Drogeriemarkt-Kette Schlecker getroffenen Beschäftigten zu bilden.

Christian Linder soll die FDP vor dem endgueltigen Absturz retten

Die Strategie der Liberalen im Fall Schlecker ist klar. "Im Einzelhandel brauchen wir keine Wiederholung der Opel-Debatte", hatte Lindner verkündet.

(Foto: dapd)

Die Grünen-Politikerin Renate Künast wirft Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler vor, er lasse "die Schlecker-Frauen komplett und einfach im Regen stehen". Das sei nicht akzeptabel und als Antwort des Bundeswirtschaftsminister zu billig. Als "Partei der sozialen Gewissenlosigkeit", sieht SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles die FDP. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bedauert, dass die Auffanggesellschaft für die Mitarbeiterinnen von Schlecker am Widerstand der FDP in Bayern gescheitert sei.

Ordnungspolitisch gesehen, ist diese Haltung der FDP nur konsequent. Ihr Credo ist, dass der Staat kein Reparaturbetrieb für die Fehler der Marktwirtschaft sei. Dass sie sich mit dieser Position in weiten Teilen der Öffentlichkeit nicht beliebt machen, nehmen die Liberalen in Kauf: Gerade in diesen Wahlzeiten, wo sie ihre Prinzipienfestigkeit und Glaubwürdigkeit als vornehmstes Markenzeichen entdeckt haben.

Deshalb ließ sich in den Debatten der vergangenen Tage kaum ein FDP-Politiker vernehmen, der an dieser einheitlichen Haltung gerüttelt hätte. Vom Fraktionschef Rainer Brüderle bis zum neuen Hoffnungsträger Christian Lindner stießen alle ins gleiche Horn. "Die Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Schlecker bedrückt jeden", erklärte Lindner. "Es sind aber erhebliche Zweifel angebracht, ob dieses auf Niedriglöhnen basierende Geschäftsmodell Zukunft hat." Ob Schlecker gerettet werden könne, hänge davon ab, ob der Insolvenzverwalter einen Käufer für die verbleibenden Filialen finde - und dieser Käufer könne nicht SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sein.

"Opfer des Missmanagements"

Die Beschäftigten seien "Opfer des Missmanagements einer autokratischen Familie" geworden, urteilte Brüderle. Wenn überhaupt staatliche Stellen gefragt seien, dann seien dies die Länder. Die Lage sei für die Schlecker-Beschäftigten je nach Land und Region unterschiedlich. Da würden sich die Länder besser auskennen. "Das ist kein Anlass, wo sich der Bund engagieren müsste." Eine formale Abstimmung der FDP-Länderminister hat es nach Auskunft der Parteizentrale nicht gegeben. Das war offenbar nicht nötig - die Position der FDP war ja eindeutig.

Immer wieder war auf das Beispiel Opel verwiesen worden. Im Juni 2010 hatte der damalige Bundeswirtschaftsminister Brüderle eine Staatsbürgerschaft für den Autobauer über 1,1 Milliarden Euro aus grundsätzlichen Erwägungen verweigert und dabei sogar einen Koalitionskrach mit Bundeskanzlerin Angela Merkel riskiert. Im Nachhinein wurde diese Haltung Brüderle sogar als großer Erfolg angerechnet. Seither ist er der Kronzeuge für die marktwirtschaftliche Standfestigkeit der FDP.

So war die Strategie der Liberalen im Fall Schlecker klar. "Alles andere wäre unseren Mitgliedern doch gar nicht vermittelbar gewesen", heißt es in der Parteiführung. "Im Einzelhandel brauchen wir keine Wiederholung der Opel-Debatte", hatte Lindner verkündet.

Zumal die FDP-Politiker glauben, die Einrichtung einer Transfergesellschaft sei Symbolpolitik. Sie verweisen auf Stellungnahmen der Bundesagentur für Arbeit und des Einzelhandelsverbands, wonach es auf dem Arbeitsmarkt im Handel mehr freie Stellen gibt als die 11.000 bei Schlecker verloren gehenden Arbeitsplätze. Sowohl für die Fortzahlung eines großen Teils des Lohns wie für eine Weiterqualifizierung der Schlecker-Frauen sei also gesorgt. "Nur für eine positive Schlagzeile", sagt ein FDP-Abgeordneter, "können wir unsere Überzeugung nicht aufgeben."

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