Hauptversammlung der Deutschen Bank:Kleinaktionäre wütend wegen Boni

Deutsche Bank Hauptversammlung

Die Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen (r.) und Anshu Jain

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Eigentlich sind Banker-Boni gedeckelt, aber die Deutsche Bank will die neue Höchstgrenze umgehen. Co-Chef Jain muss auf der Hauptversammlung in Frankfurt den Frust "Anticapitalista"-schreiender Aktivisten weglächeln.

Von Andrea Rexer und Harald Freiberger, Frankfurt

Hans-Martin Buhlmann ist kein Mann der sanften Worte. "Eine Hungerdividende für den Aktionär und ein Menü für den Vorstand - das kann es ja wohl nicht sein", ruft er der Führungsriege der Deutschen Bank zu und erntet tosenden Applaus. Die Kleinaktionäre, die zur Hauptversammlung der größten Bank des Landes in die Festhalle der Frankfurter Messe gekommen sind, ärgern sich, dass die Bank die Fixgehälter für den Vorstand und viele Investmentbanker erhöhen will.

Hintergrund ist eine neue Regel aus Brüssel, die hohe Boni-Zahlungen begrenzen soll. Die Bank will aber eine Ausnahmeregelung nutzen: Stimmen die Aktionäre zu, darf sie weiterhin höhere Boni zahlen. Während die Großinvestoren signalisiert haben, dem Vorschlag zuzustimmen, sind viele Kleinaktionäre dagegen. "Müssen wir wirklich Mitarbeitern, die der Bank schaden, so viel zahlen, damit sie bleiben? Lassen sie die doch ziehen", poltert Buhlmann. Schließlich seien es diese Leute, die zu große Risiken eingingen und "die Probleme der Bank von morgen verursachen".

Co-Vorstandschef Jürgen Fischen wirbt um die Zustimmung der Aktionäre: Es gehe nicht darum, insgesamt die Gehälter zu erhöhen, sondern darum, "weiterhin eine wettbewerbsfähige Vergütung" sicherzustellen. Er sagt aber auch: "Wir lassen gute Leute gehen, wenn sie Erwartungen haben, die wir nicht erfüllen können."

Aber nicht nur die Debatte über Boni ist verantwortlich für die schlechte Stimmung, sondern auch die zahlreichen Rechtsstreits, in die die Bank verwickelt ist. "Die Deutsche Bank ist zu einer gigantischen Rechtsabteilung mit angeschlossenem Bankgeschäft geworden", kritisiert Aktionärsvertreter Klaus Nieding.

Die Antwort auf die Frage, in wie vielen Streitfälle die Bank insgesamt kämpfe, fällt noch schlimmer aus, als die Aktionäre gedacht haben: Sie wurde nach Angaben von Finanzvorstand Stephan Krause in mehr als 6000 Fällen verklagt, davon haben mehr als 1000 einen Streitwert von mehr als 100.000 Euro. Dazu kommen ganze 180 Verfahren mit Aufsichtsbehörden. Darunter sind bekannte Skandale wie die Manipulationen des Zinssatzes Libor und die Manipulationen am Devisenmarkt - aber wohl auch eine ganze Reihe von Fällen, von denen die Öffentlichkeit noch gar nichts weiß.

Wenigstens atmosphärisch hat sich bei der Deutschen Bank etwas verändert. Kaum hat Anshu Jain zu seiner Rede angesetzt, springen Aktivisten auf und unterbrechen ihn: "Bei jeder Schweinerei ist die Deutsche Bank dabei", skandieren sie, werfen Papierschnipsel in die Luft und hissen ein Plakat, auf dem sie der Bank vorwarfen, die Rüstungsindustrie zu finanzieren. Dann passiert das Ungewöhnliche.

In früheren Jahren schleiften Ordner Aktivisten schon nach dem ersten Pieps aus dem Saal. Doch in diesem Jahr lässt man sie minutenlang gewähren, so lange, bis den erstaunten Aktivisten der Text auszugehen scheint. Also skandieren sie einfach: "Anticapitalista!". Anshu Jain lächelt nur, Aufsichtsratschef Paul Achleitner mahnt mehrmals mit ruhigen Worten, jeder Aktionär könne sich in die Redeliste eintragen.

Als die Ordner schließlich doch die Demonstranten nach draußen schieben, entschuldigt sich Achleitner für die "notwendige" Aktion, und erntet Applaus von den Aktionären. Nur Anshu Jain fehlen die Worte, um auf die Demonstranten zu reagieren - wohlgemerkt die deutschen Worte. Auf Englisch wäre ihm wohl ein eleganter Übergang gelungen, aber seine Redenschreiber hatten seinen Text auf Deutsch verfasst, um den Aktionären den Eindruck zu vermitteln, dass er nicht mehr nur Investmentbanker ist, sondern ein Chef für die gesamte Deutsche Bank.

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