Gutachten von EU und IWF:EU drängt auf drastische Lohnsenkungen in Griechenland

Genug der Milliardenpakete? Laut einem EU-Papier wird Griechenland keine weiteren Gelder brauchen, um seine Krise zu überwinden. Die Kommission spricht außerdem deutlicher als bisher von den sozialen Härten, die den Griechen durch die vielen Sparprogramme bereits auferlegt wurden. Und doch: Die Kommission empfiehlt Athen, nun auch im Privatsektor die Löhne weiter zu senken - und zwar um bis zu 15 Prozent.

Christiane Schlötzer und Cerstin Gammelin

Griechenland braucht nach Überzeugung der EU-Kommission und des Internationalen Währungsfonds über die bereits geleisteten Hilfen hinaus kein weiteres Milliardenprogramm, um wieder aus seiner tiefen Krise zu finden.

Griechenlandfahne

Griechenland braucht EU-Kommission und IWF zufolge kein weiteres Milliardenprogramm, um seine Krise zu überwinden.

(Foto: Arno Burgi/dpa)

Allerdings müsse das Land die vereinbarten Reformen umsetzen und dazu noch weitere Einschränkungen verkraften. Die Kommission empfiehlt Athen, auch im Privatsektor die Löhne weiter zu senken, um bis zu 15 Prozent. Der Vorschlag dürfte im laufenden griechischen Wahlkampf kaum auf Zustimmung stoßen. Er steht in einem Papier, das EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso an diesem Mittwoch in Brüssel vorstellen will und das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Die Kommission listet ihre bisher geleistete Hilfe für Griechenland auf, rechnet den Schuldenschnitt für private Investoren und andere internationale Mittel dazu. So kommt sie auf eine Summe von 380 Milliarden Euro oder 33.600 Euro pro Einwohner Griechenlands. Sie vergleicht das mit der Hilfe, die Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Marshallplan erhielt. Die habe damals 2,1 Prozent des Bruttosozialprodukts der Empfängerländer betragen. Bei Griechenland summiere sich die Unterstützung aber auf 177 Prozent.

EU will mittleren und kleineren Betrieben künftig speziell helfen

Deutlicher als bisher spricht die EU-Kommission von den sozialen Härten, die den Griechen durch die vielen Sparprogramme bereits auferlegt wurden: von der besorgniserregend hohen Jugendarbeitslosigkeit, von 60.000 Firmenzusammenbrüchen, die allein für 2012 noch erwartet werden mit einem Verlust von 240.000 Arbeitsplätzen.

Betont wird aber auch, dass Griechenland seine Wettbewerbsfähigkeit nur verbessern könne, wenn die bekannten Übel ausgemerzt würden: die Korruption, die ermüdend langen Gerichtsprozesse, die überbürokratisierte Verwaltung, die gerade kleinen und mittleren Betrieben schweren Schaden zufüge. Diesen Firmen will die EU künftig speziell helfen, durch leichteren Zugang zu Krediten, ein transparentes Ausschreibungswesen, den Abbau von umständlichen Zollprozeduren, die in Griechenland wesentlich langwieriger sind als im Rest der EU.

Besonderes Augenmerk legt das Barroso-Papier auf den Energiesektor. Griechenlands Energieminister Giorgos Papakonstantinou hatte jüngst große Hoffnungen genährt, mit dem geplanten Sonnenenergie-Projekt Helios könnten in seinem Land 60.000 Arbeitsplätze entstehen. Die EU betont, ohne beträchtliche Investitionen in seine veralteten Stromnetze werde Griechenland aber weder sich selbst besser versorgen, noch Solarstrom ins Ausland exportieren können.

Das staatliche Strommonopol hat den Griechen bislang auch wenig genützt, macht die Kommission klar. Sie zahlen im europäischen Vergleich besonders hohe Preise und die griechische Stromproduktion ist zudem wenig effizient. Der Widerstand gegen eine Privatisierung des staatlichen Stromversorgers DEI ist dennoch vor allem in den Gewerkschaften groß. Bei der Privatisierung der griechischen Gas- und Ölversorgung hat die russische Gazprom schon ihr Interesse angemeldet.

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