Glücksspiel:Im März wird es konkret

Die Bundesländer müssen sich bald auf neue Glücksspielregeln einigen.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Allein das Datum, an dem der Kieler Staatskanzleichef seinen Brief unterschrieben hat, ist auffällig. Am 27. Dezember 2018 schickte Dirk Schrödter seinen Kollegen in den anderen 15 Bundesländern einen Vorschlag, der nicht überall gut ankam. Er unterbreite ihn "in der Hoffnung, einen entscheidenden Schritt voranzukommen", schrieb er. Bis sich die Länder auf ein neues Glücksspielgesetz geeinigt hätten, wünsche er eine Ausnahme für die bisher in seinem Land erlaubten Online-Casinoanbieter. In dieser Woche läuft die Lizenz für das letzte schleswig-holsteinische Internet-Casino aus. Dann gilt dort wie überall in Deutschland das generelle Verbot von Glücksspielen im Internet.

Das Selbstbewusstsein, mit dem Schrödter zwischen den Jahren sein Schreiben formulierte, kam nicht von ungefähr: Wenige Tage zuvor hatten sich CDU und Grüne in Hessen auf einen neuen Koalitionsvertrag geeinigt, in dem sie ausdrücklich die Regulierung von Online-Casinos fordern - wie vor ihnen die seit Mai 2017 regierende Kieler Jamaika-Koalition. Die Allianz für die Liberalisierung des deutschen Glücksspielmarktes hat sich formiert. Angestoßen von CDU-geführten Ländern und flankiert von politischen Initiativen wie jener der Grünen in den Landtagen von München und Stuttgart gewinnt die Idee, bislang verbotene Online-Spiele zu erlauben, immer mehr Anhänger: Wenn der Staat Verbote nicht durchsetzen kann, muss er eben Erlaubnisse erteilen. Es ist nicht mehr unwahrscheinlich, dass virtuelle Casinos bald offiziell zum hiesigen Glücksspielwesen gehören.

Dabei zeichnet sich ein zweistufiger Prozess ab. Zuerst müssen die Länder zügig eine Lösung für das Sportwettenproblem finden. Nach dem aktuellen Glücksspielstaatsvertrag von 2012 sollten 20 Anbieter Lizenzen für sieben Jahre erhalten, die Vergabe scheiterte, Sportwetten werden in einem Graubereich geduldet. Vom kommenden Sommer an - nach Ablauf der sieben Jahre - würde wieder das staatliche Sportwettmonopol gelten. Das ließe sich aber nicht mehr durchsetzen: Der Markt ist zu mehr als 97 Prozent unter privaten Anbietern verteilt, die reihenweise Fußballklubs sponsern. Beteiligte gehen davon aus, dass alle Sportwettenanbieter bis zum Ende des Glücksspielstaatsvertrags in zwei Jahren per Übergangslösung geduldet werden.

Ein aktueller Beschlussvorschlag der CDU-geführten Länder geht schon ziemlich weit

In der zweiten Stufe müssen die Bundesländer als Ersatz für die aktuellen Regeln einstimmig ein neues Gesetz beschließen, das vom 1. Juli 2021 an gelten soll. Erste Entwürfe deuten einen Paradigmenwechsel an. In einem aus der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei stammenden Beschlussvorschlag von Ende Januar greifen die CDU-geführten Länder die strittigen Punkte auf: Sie schlagen vor, Sportwetten übergangsweise zu dulden, die Grundlage für eine gemeinsame Aufsichtsbehörde zu schaffen - und Schleswig-Holstein die ersehnte Ausnahme zu erteilen.

Auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 21. März soll nun beschlossen werden, wie es weitergeht. Bislang sperren sich die SPD-geführten Länder tendenziell gegen eine weitergehende Liberalisierung des Glücksspielmarkts und betonen, lieber die bestehenden Verbote besser durchsetzen zu wollen. Auch das Saarland, wo die CDU mit der SPD in einer großen Koalition regiert, will dem Vernehmen nach bei den aktuellen Regeln bleiben. In einem sind sich indes alle einig: So, wie es ist, mit einem milliardenschweren Schwarzmarkt, darf es nicht bleiben.

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