Lohnforderungen der Arbeitnehmer:Alles nur "Verteilungshysterie"

Gewerkschaften und Politiker plädieren für eine Beteiligung der Arbeitnehmer am Aufschwung. Doch die Verbandsvertreter wie Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser halten dagegen - mit drastischer werdendem Vokabular.

Der deutsche Wirtschaft wächst erstaunlich schnell - und die Arbeitnehmer wollen daran beteiligt werden. "Jetzt sind unsere Leute mal wieder dran", forderte DGB-Chef Michael Sommer. "In der Tat sollten in der Aufschwungphase die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch davon profitieren", sekundierte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, der Aufschwung dürfe sich jetzt nicht so entwickeln, dass die in der Krise verantwortungsvollen Arbeitnehmer enttäuscht würden.

Die einzigen, die dagegenhalten, sind die Vertreter der Arbeitgeberverbände - diese aber mit Vehemenz. Lohnsteigerungen seien "jetzt ein Fehler", sagte Martin Kannegieser, Gesamtmetall-Präsident in der vergangenen Woche. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitunggriff er nun zu härterem Vokabular, von "Verteilungshysterie" ist da die Rede.

"Insgesamt ist die Diskussion, jetzt endlich mal auf die armen Arbeitnehmer zu achten, gewagt. Da reden Leute mit, die die sehr weit weg sind von den Unternehmen", sagte Kannegiesser. Die Löhne der in seiner Branche Beschäftigten seien selbst in der Krise gestiegen, niemand müsse ihm daher Nachhilfestunden erteilen. "Die Leute verdienen bereits jetzt mehr, weil die Kurzarbeit wegfällt und weil sie wieder Überstunden leisten. Jetzt müssen erstmal die Unternehmen zu Kräften kommen."

Zugleich verteidigte der Gesamtmetall-Präsident niedrigere Löhne für Zeitarbeiter. "Aus unserer Sicht müssen die Verleihpreise [...] immer ein Stück unter unseren eigenen Kosten liegen, weil ein Zeitarbeitnehmer nie dieselbe Effektivität erreichen kann wie jemand aus der Stammbelegschaft." Außerdem seien die Arbeitgeberverbände in dieser Frage überhaupt nicht zuständig, weil die Zeitarbeit eine eigene Branche mit Arbeitgeberfunktion sei.

Dennoch setzt sich die IG Metall für eine Änderung dieser Verhältnisse ein. "Ein Hauptproblem scheint das skandalöse Anwachsen des Niedriglohnbereichs zu sein und wir sehen da einen erheblichen Handlungsbedarf", sagte ein Sprecher auf Anfrage von sueddeutsche.de. Ein kurzfristiger Schritt sei equal pay für Leiharbeiter, also eine Gleichbezahlung; hierbei ist allerdings die Politik gefordert.

In der Metallbranche gibt es einen Tarifvertrag, der noch bis 2012 läuft. Im vergangenen Abschluss wurde eine Steigerung um 2,7 Prozent fürs kommende Jahr vereinbart. Im Tarifabschluss heißt es aber auch, dass diese Steigerung bei guter Konjunktur um zwei Monate vorgezogen werden kann, und "es wäre ein Gebot der Fairness, das jetzt auch zu machen", sagte der IG-Metall-Sprecher.

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