Fisch:Warum Norwegens Öko-Lachs jetzt das Bio-Siegel verliert

Salmon Fishery As Norway Protects Fish Farmers From Russia Ban

Fischverarbeitung am Fließband: Norwegen war bislang der größte Lieferant von Biolachs für die Länder der Europäischen Union.

(Foto: Kristian Helgesen/Bloomberg)
  • Ein Streit zwischen der EU-Kommission und Norwegen hat dazu geführt, dass norwegische Biolachse in der EU nicht mehr mit dem europäischen Öko-Label verkauft werden dürfen.
  • Norwegen durfte als Nicht-EU-Mitglied das Öko-Label dank einer Übergangslösung nutzen. Doch deren Frist ist inzwischen ausgelaufen.

Von Silke Bigalke und Silvia Liebrich

Das Leben von Biolachsen ist in der Europäischen Union genau reguliert. Sie haben mehr Platz in ihren Becken als herkömmliche Zuchtlachse. Sie dürfen nicht alles fressen und bekommen auch keine künstlichen Hormone. Das schätzen viele Verbraucher, auch in Deutschland.

Aber nun könnte es eng werden beim Nachschub. Denn Norwegen, der wichtigste Lieferant für Biolachse in Europa, wird wohl erst einmal ausfallen. Grund dafür ist ein Streit zwischen der EU-Kommission und dem skandinavischen Land, der dazu geführt hat, dass norwegische Biolachse in der EU nicht mehr mit dem europäischen Öko-Label verkauft werden dürfen. Das Skurrile daran ist: Schuld ist nicht etwa der Fisch, sondern ein ganz anderes Tier: das Schaf.

Die Sache ist kompliziert, auch weil Norwegen kein vollwertiges EU-Mitglied ist, sondern nur Mitglied im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), genauso wie Island und Liechtenstein. Jede EWR-Regel müssen die drei Länder gemeinsam annehmen und umsetzen. Doch bei der Öko-Verordnung ist das bisher nicht geschehen. Norwegen durfte das Öko-Label dank einer Übergangslösung trotzdem nutzen. Doch deren Frist ist inzwischen ausgelaufen.

Im Juli hat die Kommission beschlossen, dass norwegischer Lachs nicht mehr mit EU-Bio-Siegel verkauft werden darf. "Die Mitgliedsstaaten haben unterschiedlich darauf reagiert", sagt eine Sprecherin des Norwegen Seafood Council, einer Organisation des norwegischen Fischereiministeriums. Frankreich und Großbritannien stoppten den Import, genauso wie die Hälfte der deutschen Bundesländer.

Und das alles nur wegen der Schafe, oder genauer gesagt wegen der Ritzen im Boden ihrer Ställe. Sie sind der eigentliche Grund, weshalb Norwegen die Öko-Verordnung nicht annimmt. Denn Brüssel verlangt, dass in ökologisch korrekten Schafställen mindestens die Hälfte des Bodens ritzenfrei sein soll. Auf diesen normalen, undurchlässigen Böden müsste man Stroh streuen, um den Schafsurin aufzusaugen. Doch Stroh ist Mangelware in Norwegen, weil wegen des Klimas wenig Getreide angebaut werden kann. Das karge Island hat dasselbe Problem. Beide Länder hoffen immer noch darauf, dass Brüssel für sie die strengen Bio-Regeln anpasst.

Das Nachsehen bei dem Streit haben die Verbraucher. Solange es keine Einigung gibt, müssen die Europäer auf norwegischen Lachs mit Öko-Siegel verzichten. Für Norwegen ist das Problem überschaubar: Der Biolachs macht nur etwa ein Prozent der gesamten Lachsproduktion aus. Und die ist gerade auf einem Hoch: Allein im August haben die Norweger Lachs für 5,3 Milliarden Kronen, etwa 572 Millionen Euro exportiert. Das ist ein Anstieg von 42 Prozent im Vergleich zum August 2015, vor allem dank der hohen Lachspreise.

Nach Angaben des Norwegian Seafood Council produziert das Land zwischen 11 000 und 16 000 Tonnen Biolachs im Jahr, 80 Prozent davon verkauft es innerhalb der EU. Das macht Norwegen nach Angaben des deutschen Ökoverbandes BÖLW zum wichtigsten Anbieter in Europa, vor Irland und Großbritannien. "Norwegen ist der entscheidende Lieferant für den deutschen Markt", ergänzt ein Sprecher des großen deutschen Fischverarbeiters Deutsche See. Kurzfristig werde sich die Lücke mit Einfuhren aus anderen Ländern nicht schließen lassen. "Wir hoffen, dass es möglichst schnell eine Einigung zwischen der EU und Norwegen gibt." Noch im September will sich Norwegens Agrarminister mit dem zuständigen EU-Kommissar treffen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: