Finanzinstitut:Hat die Commerzbank eine Zukunft?

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Martin Zielke löst Martin Blessing als Commerzbank-Chef ab. (Foto: AFP)

Der neue Commerzbank-Chef Martin Zielke bekommt einen der härtesten Jobs Deutschlands - und muss die Bank umfassend modernisieren.

Kommentar von Andrea Rexer

So absurd es klingen mag: Womöglich war es leichter, die Commerzbank durch die Finanzkrise zu steuern, als sie jetzt in die Zukunft zu führen. Bei der Hauptversammlung an diesem Mittwoch übergibt Martin Blessing offiziell den Vorstandsvorsitz an seinen Nachfolger Martin Zielke. Blessing hat die zweitgrößte Bank des Landes seit 2008 geführt - durch die härtesten Jahre, könnte man denken. Doch die eigentliche Herausforderung muss nun sein Nachfolger bewältigen.

Allenthalben wird Blessing gelobt, dass er den richtigen Zeitpunkt für seinen Abgang gewählt habe, immerhin stehe die Bank jetzt halbwegs stabil da. Das ist richtig, darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass er geht, bevor die Sanierung der Bank abgeschlossen ist: Denn noch immer gehören dem Staat rund fünfzehn Prozent der Anteile. Und noch immer ist der Aktienkurs so niedrig, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht einmal darüber nachdenken will, ob er die Anteile verkaufen möchte. Zu groß wären die Verluste für den Staat. Nun liegt die Verantwortung bei Blessings Nachfolger Martin Zielke: Er muss die Bank so erfolgreich machen, dass der Aktienkurs steigt und die Steuerzahler so viel wie möglich des eingesetzten Geldes zurückbekommen.

Nun muss man Blessing zugutehalten, dass er in den vergangenen Jahren mehr geschafft hat, als ihm viele zugetraut haben. Die niedrigen Erwartungen an ihn haben ihren Ursprung in der Finanzkrise: Wie kein anderer Banker musste sich Blessing beschimpfen und belächeln lassen. Die Commerzbank war die größte Bank, die direkte Staatshilfen annehmen musste, Blessing wurde in die Rolle des demütigen Staatsbankers gezwängt, er wurde zur Zielscheibe der Kritik an einer ganzen Branche. Nicht ganz zu Unrecht, denn die Hauptursache der Probleme war eine Entscheidung, die er mit seinem Vorgänger Klaus-Peter Müller vorangetrieben hatte: die Dresdner Bank zu übernehmen.

An der Digitalisierung entscheidet sich, ob der Staat aussteigen kann

Blessing hat es in den vergangenen Jahren geschafft, die Bank wieder in stabile Fahrwasser zu steuern. Er hat ihr einen strikten Sparkurs verordnet, das Investmentbanking gestutzt und das Geschäft mit Mittelstands- und Privatkunden auf Deutschland und Polen beschränkt. Zudem hat er dazu beigetragen, den übersättigten deutschen Bankenmarkt zu bereinigen, indem er die Dresdner Bank integriert und die neue Gesamtbank dann drastisch geschrumpft hat. Unter dem Strich ist so eine Großbank vom Markt verschwunden. Aus Sicht der Commerzbank hat er damit allerdings nicht viel mehr gemacht, als eine solide Ausgangsbasis zu schaffen, um die eigentlichen Herausforderungen zu meistern - er muss zeigen, dass eine Bank wie die Commerzbank langfristig Gewinne erwirtschaften kann.

Im Moment glauben die Investoren daran nicht. Das lässt sich daran ablesen, dass die Bank an der Börse deutlich weniger wert ist, als sie in ihren Büchern ausweist: Das Kurs-Buchwert-Verhältnis beträgt 0,4. Die Investoren rechnen also damit, dass die Bank in Zukunft an Wert verliert, weil sie nicht ausreichend Gewinne hereinspielen kann, um etwaige Verluste auszugleichen. Das zeigt, wie groß die Aufgabe für den künftigen Bankchef Martin Zielke ist. Die mehr als 1 000 Filialen der Bank sind teuer, gleichzeitig lässt die Niedrigzinsphase die Erträge schmelzen. In dieser schwierigen Situation treten nun auch noch neue Wettbewerber aus dem Internet auf den Plan, die mit bequemem Service über Smartphone und Laptop Kunden gewinnen. Zielke muss die Bank umfassend modernisieren, um da mithalten zu können. Das Gelingen der Digitalisierung entscheidet darüber, ob die Steuerzahler ihr Geld zurückbekommen. Martin Blessing hat die Pflicht gemeistert, zur Kür tritt nun sein Nachfolger Martin Zielke an.

© SZ vom 19.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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