Diesel-Affäre:Gang zum Staatsanwalt

Volkswagen

Aufsichtsratschef Hans-Dieter Pötsch gilt als einer der Beschuldigten im Diesel-Skandal.

(Foto: Swen Pförtner/dpa)

Ungewöhnlicher Vorgang in der Diesel-Affäre: VW-Aufsichtsratschef Pötsch ist zum Staatsanwalt gegangen.

Von Klaus Ott

In der Abgasaffäre bei Volkswagen hat Aufsichtsratschef Hans-Dieter Pötsch als Beschuldigter nach Informationen von SZ, NDR und WDR zwei Mal umfassend bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig ausgesagt. Das ist ungewöhnlich, da Top-Manager bei solchen Skandalen in der Regel lange warten, bevor sie persönlich Fragen der Strafverfolger beantworten. Oft nehmen sie nur schriftlich Stellung und lassen sich gar nicht vernehmen. Pötsch ist zur Staatsanwaltschaft gegangen, obwohl er als Beschuldigter das Recht hat, die Aussage zu verweigern.

Er hat bei den Ermittlern alle Vorwürfe dementiert. Pötsch hat mit seinen Aussagen einen anderen Kurs eingeschlagen als der langjährige Vorstandschef Martin Winterkorn und der heutige Konzernchef Herbert Diess. Winterkorn und Diess haben der Staatsanwaltschaft bisher nicht angeboten, zu einer Vernehmung zu kommen. Gegen die beiden und gegen Pötsch wird wegen des Verdachts ermittelt, sie hätten die VW-Aktionäre zu spät über drohende finanzielle Folgen der Abgas-Affäre informiert. Pötsch war damals noch Finanzvorstand von Volkswagen. Alle drei Beschuldigten werden durch die Aussagen von VW-Beschäftigten schwer belastet. Winterkorn und Diess weisen ebenso wie Pötsch den Vorwurf zurück, sie hätten frühzeitig von den Abgas-Manipulationen bei Diesel-Fahrzeugen in den USA und dort drohenden Schadenersatzzahlungen und Strafen in Milliardenhöhe erfahren.

Das gilt auch für die Aussage eines VW-Juristen, der als Zeuge bei der Staatsanwaltschaft angegeben hat, er habe Pötsch bei dem Termin am 29. Juni 2015 darüber unterrichtet, dass es sich um 600 000 Fahrzeuge auf dem US-Markt handele und dies den Konzern bis zu 35 Milliarden Dollar kosten könne. VW erklärte auf Anfrage, man weise die Zeugenaussage des Juristen "nachdrücklich als unzutreffend zurück". Öffentlich bekannt geworden waren die Abgas-Manipulationen und die drohenden Strafen in Milliardenhöhe erst am 18. September 2015 durch eine Pressemitteilung der US-Umweltbehörde Epa. Daraufhin war der Aktienkurs von VW abgestürzt. Zahlreiche Aktionäre verklagen den Autokonzern nunmehr auf fast zehn Milliarden Euro Schadenersatz. Ob sich Winterkorn und Diess von der Staatsanwaltschaft vernehmen lassen, ist offen. Ihre Anwälte wollen erst einmal schriftlich Stellung nehmen.

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