Bundessozialgericht:Kinder bringen keinen Beitrags-Bonus

  • Kinder bringen nach einem Urteil des Bundessozialgerichts keinen Bonus bei den Beitragszahlungen für die Sozialversicherungen.
  • Geklagt hatte eine Familie aus Freiburg, die argumentiert, dass das Aufziehen von Kindern an sich schon ein Beitrag für die Sozialsysteme sein.

Bringen Eltern sowieso schon mehr ein?

Eltern müssen genauso viele Sozialbeiträge zahlen wie Kinderlose - und das bleibt zunächst auch so. Die gegenwärtigen Regelungen bewegen sich innerhalb des Spielraums des Gesetzgebers, urteilte das Bundessozialgericht in Kassel und wies damit die Klage des Freiburger Diakons und Vaters Markus Essig und seiner Frau ab. (Az: B 12 KR 15/12 R) Das Paar will nun das Bundesverfassungsgericht anrufen. Auch bei einem Erfolg der Familie wäre die Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt worden

Essig kämpft seit 2006 darum, weniger in Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einzahlen zu müssen. Er und seine Teilzeit arbeitende Frau zögen schließlich drei Kinder groß und täten damit bereits eine Menge für die Sozialversicherung, argumentierte der heute 50-Jährige. Die Krankenkasse als Einzugsstelle der Beiträge für alle Sozialversicherungen lehnte die Argumentation ebenso ab wie die Sozialgerichte durch alle Instanzen.

Dass der Beitragssatz für Kinderlose in der Pflegeversicherung um 0,25 Prozentpunkte erhöht wurde, reichte den Klägern nicht, weil bei der Bemessung des Beitragssatzes nicht die Zahl der Kinder berücksichtigt wurde. Sie forderten deshalb einen Freibetrag wie im Steuerrecht. Hätte es den gegeben, die Essigs hätten monatlich 600 Euro weniger Sozialbeiträge zu zahlen. "Es hätte erheblich geholfen", sagte der Vater vor dem Urteil.

Das Bundessozialgericht folgte der Argumentation nicht. Bei der Gestaltung der Sozialversicherungen habe der Gesetzgeber einen weiten Spielraum. Er könne insbesondere auch entscheiden, in welcher Form er Familien entlastet.

Kinder zahlen mehr ein, als alte Menschen herausbekommen

Die Kläger berufen sich auf eine Studie des Bochumer Sozialwissenschaftlers Martin Werding, der im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung die finanzielle Benachteiligung von Familien in der Rentenversicherung untersucht hat. Demnach zahlt ein im Jahr 2000 geborenes Kind bei lebenslangem Durchschnittseinkommen etwa 77 000 Euro mehr in die Rentenversicherung ein, als es selbst an Rente erhalten wird. Seine Mutter erhält für die Anrechnung der Kindererziehungszeiten aber nur höchstens 8300 Euro.

Die Chancen der Klage standen gar nicht so schlecht. Bereits 2001 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, es verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, "dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen und damit neben dem Geldbeitrag einen generativen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems leisten, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden".

Ein gleicher Versicherungsbeitrag führe zu einem Ungleichgewicht zwischen dem, was Eltern finanziell und gesellschaftliche beitragen und dem, was Kinderlose an Geld beisteuern.

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