Bundesrechnungshof:Wie Bundeswehr und Regierung Steuergelder verschwenden

Zum Beispiel für Schiffe mit Raketen, die nicht treffen. Der Bundesrechnungshof prangert die schlimmsten Fälle von Geldverschwendung an.

Von Guido Bohsem, Berlin

Auf ihrer Internetseite gerät die Marine ins Schwärmen. "Korvetten sind für die Aufgaben in der Überwasserseekriegführung, insbesondere in Randmeeren und Küstengewässern, optimiert", heißt es dort. Fünf Stück der Kriegsschiffe hat die Bundeswehr, und sie sollen "einen weltweiten Einsatz" im Rahmen von Krisenreaktionskräften ermöglichen.

Optimiert? Na ja. Es stellt sich heraus, dass die schönen Korvetten mit Problem-Raketen bestückt sind. Sie treffen nicht, jedenfalls dann nicht, wenn sich das Ziel an Land befindet. Glaubt man dem Bundesrechnungshof, streikt das eingebaute Navi. Liegt zwischen der Korvette und ihrem Ziel zum Beispiel ein Kirchturm, kommt offenbar die GPS-Navigationskomponente der Rakete durcheinander. Statt des Ziels könnte also das Mittelschiff in Schutt und Asche gelegt werden.

So schreiben es die Bonner Prüfer in ihrem jüngsten Bericht, den "Bemerkungen 2015", der an diesem Mittwoch veröffentlicht werden soll. Demnach sollte die Bundeswehr eigentlich glücklich sein, dass die Raketen immerhin auf See treffen. Das war offenkundig nicht immer so. Erst lieferte der Hersteller mit zweijähriger Verzögerung, und als die Marine die neuen RBS 15 MK 2 dann 2013 endlich testen konnte, stürzte der erste Lenkflugkörper nach nur 15 Sekunden ins Wasser. Beim zweiten streikte die Treibstoffversorgung, weshalb er nach neun Minuten im Meer versank.

Der Hersteller kann laut Vertrag nicht haftbar gemacht werden

Erst im Mai vergangenen Jahres habe die Prüfung wiederholt werden können, schreibt der Rechnungshof. "Zwar kann die Bundeswehr seit August 2015 erste Lenkflugkörper von der Korvette aus einsetzen, jedoch immer noch nicht gegen Ziele an Land." Trotzdem und auch trotz der Verzögerung von insgesamt sechs Jahren habe die Bundeswehr dem Hersteller die 60 Millionen Euro für die 30 Raketen vollständig bezahlt.

Auch die zusätzlichen Ausgaben in Millionenhöhe für den notwendigen zweiten Test gingen auf Kosten der Steuerzahler. Der Vertrag sieht laut Rechnungshof keine Möglichkeit vor, den Hersteller in Haftung zu nehmen, obwohl dieser eindeutig für die Fehler und für die verzögerte Lieferung verantwortlich war.

Nicht nur bei der Bundeswehr stellte der Rechnungshof Fälle fest, in denen öffentliche Gelder verschwendet wurden. Für einen besonders teuren Fall ist ausgerechnet das Bundesfinanzministerium zuständig, das im Kern ja die Aufgabe hat, die Steuergelder zusammenzuhalten. Tatsächlich bietet das Ministerium jedoch die wohl beste Verzinsung, die Geld in den Tagen der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank bringen kann.

Gesetz soll erst 2018 geändert werden

Konkret geht es darum, dass das Ministerium ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht umsetzt. Die Richter hatten die ungleiche Behandlung von inländischen und ausländischen Investmentfonds untersagt. Konkret verstoße es gegen EU-Recht, dass ausländische Fonds auf Gewinnausschüttungen Kapitalertragsteuer zahlen müssen, während ihre inländische Konkurrenz die Gewinne steuerfrei einstreichen kann.

Seit 2006 nun stellen die ausländischen Investmentfonds Anträge auf Erstattung der zu viel gezahlten Steuer. In manchen Finanzämtern stehen sie inzwischen kistenweise herum. Laut Rechnungshof ist bislang noch über keinen einzigen Antrag entschieden worden. Bereits 2012 habe die Höhe der Ansprüche bei etwa zwei Milliarden Euro gelegen.

Das Finanzministerium wolle das entsprechende Gesetz aber erst 2018 ändern. Da die Ansprüche aber mit sechs Prozent zu verzinsen sind, entstehen jedes Jahr zusätzliche Kosten von mindestens 120 Millionen Euro. Der Rechnungshof fordert das Ministerium deshalb auf, die Rechtslage auch für den Zeitraum vor 2018 schnellstens zu klären.

Das Verkehrsministerium hingegen hat ein Gewichtsproblem. Seit mehr als zehn Jahren, so der Rechnungshof, versäume es das Ressort, eine effektive Gewichtskontrolle für schwere Lastwagen sicherzustellen. Die Folge sei, dass überladene Lkw jährlich Fahrbahnschäden in Millionenhöhe verursachen. Denn die Belastung des Straßenbelags steige mit der Achslast überproportional. Statt der geplanten 80 Wiegestellen sind laut Rechnungshof nur 41 im Einsatz, und diese seien zudem sehr störanfällig. Statistisch betrachtet müsse daher ein Lkw-Fahrer nur alle 140 Jahre damit rechnen, kontrolliert zu werden. Wer seinen Wagen überlade, spare somit Personal- und Treibstoffkosten und verschleiße die Straßen übermäßig.

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