Betriebsfahrrad:Ich leas' dann mal ein Rad

Radfahrer mit Pedelec

Leasingmodelle für Dienst-Fahrräder gibt es seit etwa zehn Jahren in Deutschland. Steuerliche Vorteile machen solche Angebote für Arbeitnehmer interessant.

(Foto: Flyer/pd-f.de)
  • Viele Arbeitgeber bieten ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, ein Fahrrad zu leasen.
  • Die Bedingungen dafür im Steuerrecht sind erstaunlich einfach gehalten und bieten für Nutzer einige Vorteile.

Von Hans von der Hagen

Magnus Wehrle hat es nicht weit zur Arbeit: 1,2 Kilometer sind es von seinem Zuhause bis zum Elektronikhersteller FSM in der Nähe von Freiburg, wo er als stellvertretender Produktionsleiter arbeitet. Trotz des kurzen Weges zur Arbeit kam der 38-Jährige vor rund zweieinhalb Jahren zu dem Schluss, dass es sich lohnen könnte, ein Fahrrad zu leasen. Seit 2014 bietet FSM entsprechende Verträge an - es war einer der Gründe, warum das Unternehmen vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) als fahrradfreundlichster Arbeitgeber Deutschlands ausgezeichnet wurde. Aus Sicht von Wehrle barg das Leasing Vorteile: Die Leasing-Rate sollte von seinem Bruttogehalt abgezogen werden, so dass er weniger Steuern und Sozialabgaben zahlen musste.

Im Internet rechnete er durch, ob sich das Leasing für ihn tatsächlich lohnen würde. "Wichtig für die Berechnung waren vor allem die Höhe meines Gehalts und der Preis des Rades", sagt Wehrle. Zwei Fahrrad-Varianten kamen für ihn in Betracht: Entweder sollte es ein gutes Mountainbike sein. Oder er würde ein günstigeres Stadtrad nehmen, das für den Weg zur Arbeit ausreichte. Bald war klar, dass das Leasing beim teuren Mountainbike einen größeren Spareffekt hatte. Falls Wehrle am Ende der Laufzeit das Fahrrad übernehmen würde, könnte er im Vergleich zum Neupreis einen zweistelligen Prozentsatz sparen, "vielleicht waren es 15 oder 18 Prozent", sagt er. Letztlich entschied er sich für das Mountainbike, zumal sein Arbeitgeber auch noch Geld darauflegt: FSM übernimmt monatlich 20 Euro für den Versicherungsbeitrag und einen Teil der Leasingrate.

Mehr Hundertausend Diensträder bereits unterwegs

So wie Wehrle machen es gerade viele: Offizielle Zahlen gibt es zwar nicht, doch allein bei Deutschlands größtem Leasing-Anbieter Jobrad hat sich in den vergangenen drei Jahren die Zahl der teilnehmenden Unternehmen verzehnfacht und damit auf mehr als 10 000 erhöht. 250 000 geleaste Räder sollen derzeit in Deutschland unterwegs sein, sagen andere Experten. Selbst wenn diese Zahlen nur Anhaltspunkte liefern, signalisieren sie doch großes Interesse an dem Leasingmodell, das vor etwa zehn Jahren erstmals in Deutschland angeboten wurde. Neben Jobrad sind Unternehmen wie Eurorad, Business-Bike oder Mein-Dienstrad.de in der Branche aktiv.

Warum boomt offensichtlich das Geschäft mit dem Leasing? Für Unternehmen birgt es durchaus praktische Vorteile: Wer ein Fahrrad least, nutzt vielleicht weniger oft ein Auto für den Weg zur Arbeit. Und Räder benötigen nur einen Bruchteil der Stellfläche, die von Autos in Anspruch genommen werden. Zugleich deuten manche Studien darauf hin, dass Radfahrer im Unternehmen weniger oft krank sind. Doch das allein dürfte kaum ausschlaggebend sein. Wichtiger ist wohl, dass das Steuerrecht vereinfacht wurde und erstaunlich viele Seiten von dem Geschäft profitieren können: Da ist der Provider, also die Firma, die das Geschäft mit den Unternehmen abwickelt; der Arbeitgeber, der sich unter Umständen Abgaben spart; die Leasingbank sowie der Händler, der das Fahrrad bestellt - und der Mitarbeiter selbst, der sich mit Hilfe des Leasings zu günstigen Konditionen ein Rad finanziert. Sofern er es am Ende der Laufzeit übernimmt, spart er im Vergleich zum regulären Neupreis oft durchaus Geld. Aber wie kann es funktionieren, dass so viele Beteiligte Nutzen aus den Leasingverträgen ziehen können? Auf den ersten Blick geht es ja nur um eine Gehaltsumwandlung in eher bescheidenem Umfang. Hinzu kommt aber, und das ist weniger auffällig, dass die Mehrwertsteuer für das Rad zunächst wegfällt: Diese kann ein Arbeitgeber meist als Vorsteuer abziehen.

Die Finanzverwaltung hat außergewöhnliche Bedingungen geschaffen

"Die Finanzverwaltung hat hier Rahmenbedingungen geschaffen, die es im Steuerrecht ansonsten kaum gibt", sagt Oliver Hagen, der sich in Berlin als Steuerberater auf Lohn-Optimierungsmodelle spezialisiert hat. Dass ein meist wohl überwiegend privat genutzter Gegenstand wie das Rad steuerlich derart gefördert wird, sei schon außergewöhnlich. Der Nutzer des Rades hat zudem alle Freiheiten: Er darf sich das Fahrrad in der Regel nach Belieben aussuchen. Es kann ein Carbon-Rennrad, ein Downhill-Bike oder ein Luxus-E-Bike sein - alles ist erlaubt. Und selbst wenn er mit dem Fahrrad nicht einen Meter dienstlich unterwegs ist, muss er die private Nutzung lediglich mit einem Prozent des Listenpreises versteuern. Das ist der gleiche Satz, der bei einem herkömmlichen Dienstwagen anfällt. Doch anders als bei Autos fallen keine weiteren kilometerabhängigen Steuern an.

Der Fahrradindustrie kommt die großzügige steuerliche Regelung natürlich entgegen. Zumal die Hersteller derzeit vor allem mit den E-Bikes in Preisregionen vorstoßen, die sonst eher Spitzenrädern oder günstigen Kleinwagen vorbehalten waren. Mochten bislang viele Radler davor zurückschrecken, sich für drei-, vier- oder fünftausend Euro ein Fahrrad zu kaufen - mit dem Leasing wird es zumindest leichter. Hinzu kommt in manchen Städten noch eine öffentliche Förderung für Elektroräder.

Obwohl die Regelung zum Fahrradleasing also schon recht vorteilhaft ist, freuten sich manche im Herbst, als es hieß, dass der Bundestag Diensträder nun sogar komplett von der Steuer befreien wolle. Doch dieser Beschluss gilt nur für Fahrräder, die der Arbeitgeber zusätzlich zum Gehalt zur Verfügung stellt. Das machen allerdings nur wenige Unternehmen - eine Jobrad-Vertreterin spricht von etwa zehn Prozent der Firmen, die ein solches Leasingmodell anbieten. Die große Mehrheit der Unternehmen setzt hingegen auf die Gehaltsumwandlung.

Am Ende stellt sich die Frage: Leiht man ein neues Gerät oder übernimmt das alte?

Haben sich Arbeitnehmer für das Leasing entschieden, wird es für sie vor allem am Ende der Vertragslaufzeit von meist drei Jahren spannend. Dann stellt sich die Frage: Übernimmt man ein Rad zu dem angebotenen Preis - oder gibt man es zurück und least vielleicht ein neues Rad? Manch einer mag sich auch sorgen, dass das Fahrrad zu viele Macken im Rahmen und Kratzer im Lack hat. Beim ADFC heißt es allerdings, dass es da bislang keine Beschwerden von Fahrradnutzern gibt. Andererseits gilt: Die Branche hat mit der Rücknahme von Rädern noch relativ wenig Erfahrung, da viele Nutzer bislang ihre Räder am Ende übernehmen. Doch das könnte sich in den nächsten Jahren ändern. Und dann ist es durchaus möglich, dass der Leasingnehmer, also der Arbeitgeber, mal eine Rechnung bekommt, wenn der Nutzer mit seinem Rad eher schludrig umgegangen ist. FSM-Mitarbeiter Wehrle hat bislang keine schlechten Erfahrungen mit dem Leasing gemacht. Wenn im März sein Leasing-Vertrag ausläuft, wird er wohl ein neues Rad leasen. Vielleicht wird es dann ein Stadtrad - oder wieder ein neues Mountainbike.

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