Apple:Will Apple doch kein Auto bauen?

Apple Inc CEO Tim Cook waves after meeting with Japan's PM Abe at Abe's official residence in Tokyo

Man wüsste gerne genauer, was er vor hat: Apple-Chef Tim Cook.

(Foto: REUTERS)

Viele Autokonzerne, auch die deutschen, hatten Angst vor den Plänen des iPhone-Herstellers. Doch nun entlässt Apple Hunderte Auto-Experten.

Von Thomas Fromm

In der Autoindustrie nahm man es mit einer Mischung aus blankem Entsetzen und Zynismus zur Kenntnis. Apple will jetzt Autos bauen? Nach den kleinen iPhones und iPads jetzt also so etwas Komplexes wie ein Auto? Nach außen hin blieben die Automanager cool: Wir bauen seit Jahrzehnten unsere Autos. Wir haben das Know-how. Das schaffen die nie.

Bei internen Strategiebesprechungen aber klangen die Dinge anders. Tesla, der kalifornische Elektroautobauer, heizt ihnen kräftig ein, und auch Google hat schon seine ersten selbstfahrenden Autos (die noch nicht ganz so wie Autos aussehen) an der US-Westküste fahren lassen. Jetzt auch noch der globale Lifestyle-Konzern Apple? Die Angst ging um, als bekannt wurde, dass der Konzern in einem internen Projekt - ausgerechnet Titan genannt - die automobile Zukunft plant und bis 2020/21 ein eigenes Auto entwickeln will.

Oder: vielleicht doch nicht? Es blieb ein sorgfältig umnebeltes Mysterium. Was hat Apple wirklich vor?

Die US-Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet nun, dass Apple seine Strategie ändere und doch keine eigenen Autos bauen wolle - stattdessen aber digitale Plattformen für autonome Autos anpeile. Ein Indiz dafür sehen amerikanische Beobachter schon seit Monaten in der Personalpolitik des IT-Konzerns: Von einst rund 1 000 Leuten, die im Titan-Team arbeiteten, sind bereits einige Hundert nicht mehr an Bord. Ein Zeichen für den Kurswechsel?

Und wenn ja: Was würde das bedeuten? Apple könnte am Ende als Digital-Zulieferer für autonome Fahrzeuge ins Geschäft kommen - oder vielleicht doch wieder die Kehrtwende von der Kehrtwende vollziehen.

Es gibt gute Gründe, die gegen Apple als Autobauer sprechen. Selbst wenn es dem Konzern gelänge, Tausende von qualifizierten Autoleuten aus der Industrie abzuwerben, so bliebe am Ende doch ein Dilemma: Apple muss das auf die Reihe kriegen, wofür die Autoindustrie viele Jahre gebraucht hat: Eine sorgfältig geplante Zulieferkette mit beherrschbaren Kosten. Apple kann Smartphones und entscheidet hier weitgehend über die Geschäftsbeziehungen zu seinen meist exklusiven Zulieferern, die oft auf den Auftraggeber aus dem Silicon Valley angewiesen sind. Im Autobereich herrscht in der Regel ein anderer Sound. Zweitens: Im Smartphone-Geschäft darf Konzernchef Tim Cook mit hohen zweistelligen Renditen rechnen, davon können die meisten Autofirmen nur träumen. Will sich einer wie Cook wirklich darauf einlassen? Die Risiken sind groß, die Eintrittshürden am Markt hoch. Cook weiß das und sucht deshalb seit langem nach der richtigen Strategie.

In der Autoindustrie geht man schon seit längerem davon aus, dass sich Cook von der Idee verabschiedet hat, eigene Autos vom Band zu lassen. Spätestens seit Apple-Leute die Runde in der Industrie machten und nach Partnern suchten, weiß man dort: Was Apple eigentlich braucht - und wohl auch sucht - ist eine Art Foxconn der Autoindustrie. Foxconn, das ist jener taiwanesische Zulieferer-Konzern, der im Auftrag der Amerikaner Smartphones zusammenschraubt. Nur - wer will schon gerne Auftragsblechbieger für den Apple-Konzern spielen? Apple, heißt es aus der Autoindustrie, werde jeden Deal früher oder später dominieren: Apple sammle die Daten der Fahrer für seine eigenen Zwecke; Apple halte den Kontakt zum Kunden und Apple werde am Ende auch hier irgendwann der entscheidende Markenname. Warum sollte ein Unternehmen wie BMW sich auf eine solche Beziehung einlassen? Entsprechende Gespräche verliefen, wie hätte es anders sein können, im Sand.

Wirklich klarer wurde die Sache danach aber nicht. Erst kürzlich kursierten Gerüchte, Apple sei in Kauf-Verhandlungen mit der britischen Rennwagen-Schmiede McLaren, die dann jedoch von den Briten selbst dementiert wurden. Und dann investierte Apple noch eine Milliarde Dollar in den chinesischen Fahrdienst-Vermittler und Uber-Konkurrenten Didi Chuxing - eine "strategische Investition", hieß es seinerzeit bei Apple.

Und so bleibt die Kernfrage immer noch offen: Was ist eigentlich die Apple-Strategie? Tesla baut Autos und verkauft sie, Google baut Autos und zeigt sie - Apple entwirft immer wieder neue Strategien und sieht zu, wie sie in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Für Apple ist das nicht einmal ein Problem. Es irritiert vor allem die anderen.

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