100-jähriges Jubiläum:Zehn Dinge, die Sie noch nicht über Aldi wissen

Eine Filiale mit Bootssteg, Kassierer mit unglaublichem Gedächtnis und ein Unternehmer, der Lösegeld von der Steuer absetzen wollte: Zum 100-jährigen Firmen-Jubiläum verrät "Süddeutsche.de" zehn Dinge, die Sie noch nicht über Aldi wissen.

Von Antonie Rietzschel

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Aldi 100th Anniversary Nears

Quelle: Getty Images

Eine Filiale mit Bootssteg, Kassierer mit unglaublichem Gedächtnis und ein Unternehmer, der Lösegeld von der Steuer absetzen wollte: Ein paar Überraschungen zum 100-jährigen Firmen-Jubiläum.

Jeder kennt Aldi, aber wirklich über Aldi Bescheid wissen nur wenige - das Unternehmen schottet sich seit Jahrzehnten gegen die Öffentlichkeit ab. Medien, die es schaffen, an Insiderinformationen zu kommen, überschreiben ihre Artikel mit Überschriften wie "Geheimnisse eines Clans" oder bezeichnen das Unternehmen als "Deutsches Nordkorea". Zehn Fakten, die Sie vielleicht noch nicht kennen. Wir beginnen jedoch mit einem Teil der Aldi-Geschichte, der wohl am besten dokumentiert ist und ohne den es den Discounter nie gegeben hätte.

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100-jähriges Jubiläum:1. Am Anfang war das Brot

Aldi: 100 Jahre Familienunternehmen

Quelle: dpa

Vor 100 Jahren meldete Karl Albrecht sen. einen kleinen Krämerladen als Gewerbe an und legte damit den Grundstein für das Discounter-Imperium seiner beiden Söhne Theo und Karl. Der Vater schied wegen einer Staublunge aus dem Bergbau aus und arbeitete dann in einer Brotfabrik. Weil es an Geld fehlte, eröffnete die Mutter im Essener Stadtteil Schonnebeck einen kleinen Lebensmittelladen, den die Söhne Theo und Karl 1946 übernahmen.

Seitdem haben sie ihn nach den Prinzipien "billig" und "kein Schnickschnack" ausgebaut: Erste Zeitungsanzeigen listeten einfach 200 verschiedene Produkte ohne Bilder, aber mit Preis und Namen auf.

Auch wenn sich der Albrecht'sche Tante-Emma-Laden innerhalb der vergangenen 100 Jahre stark gewandelt hat - eine Verbindung in die Vergangenheit bleibt bestehen: In der Brotfabrik Stauffenberg, die zu den Lieferanten von Aldi gehört, soll der Vater einst gearbeitet haben.

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100-jähriges Jubiläum:2. Geburtsort: Unbekannt

Aldi

Quelle: Aldi/dpa

Geheimhaltung hat für den Aldi-Clan höchste Priorität, was zuweilen skurrile Züge annimmt. So war bis zum Tode von Theo Albrecht im Juli vergangenen Jahres nicht bestätigt, dass er tatsächlich in Essen geboren wurde. Sein genaues Geburtsdatum ist bis heute nicht bekannt. Genau wie bei seinem Bruder Karl.

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100-jähriges Jubiläum:3. Teilung in Nord und Süd - bis in den Tod

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Quelle: Förster/dpa

Die Aldi-Brüder haben schon sehr früh Deutschland unter sich aufgeteilt: Während Karl 1961 den Teil südlich der Ruhr übernahm, gehörte Theo der Norden. Einem Spiegel-Bericht zufolge hat die Trennung einen einfachen Grund: Angeblich haben sich die beiden nicht einigen können, ob sie in den Filialen Zigaretten verkaufen sollten oder nicht.

Auch nach ihrem Ableben wollen die Brüder diese Trennung beibehalten. Wie der Spiegel berichtet, wurde Theo nach seinem Tod im nördlichen Teil eines städtischen Friedhofs in Essen beigesetzt. Die Grabstelle von Karl soll eines Tages im Süden liegen.

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100-jähriges Jubiläum:4. Theo Albrecht wollte seine Entführung steuerlich absetzen

Jahresrückblick 2010 - Theo Albrecht gestorben

Quelle: dpa

Die Albrechts haben aus der Sparsamkeit ein Geschäft gemacht - und damit viel Geld verdient. Karl führt seit Jahren die Liste der reichsten Deutschen an, sein Vermögen liegt geschätzt bei 17,2 Milliarden Euro, das seines verstorbenen Bruders Theo (Bild) bei 16 Milliarden Euro. Theo war besonders für seine übermäßige Sparsamkeit bekannt, die sich auch im Betrieb durchsetzte. Der ehemalige Aldi-Nord-Geschäftsführer Eberhardt Fedtke beschreibt in seinem Buch "Aldi Geschichten", dass Bleistifte von beiden Seiten angespitzt und Handwerkern die Anfahrtkilometer gestrichen wurden.

Nach seiner Entführung im Jahr 1971 versuchte Theo Albrecht vor dem Düsseldorfer Finanzgericht die volle steuerliche Absetzbarkeit der materiellen Entführungsschäden einzuklagen - ohne Erfolg. Für Karls Bruder war ein Lösegeld von sieben Millionen D-Mark bezahlt worden, beinahe die Hälfte davon war nach der Festnahme des Täters nicht mehr auffindbar.

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100-jähriges Jubiläum:5. Aldi mit Bootsanleger

Aldi

Quelle: Aldi

Dieser Aldi-Markt in den Achtzigern hat nur einen Parkplatz für Autos. Doch es geht auch anders: Im Potsdamer Villenviertel Berliner Vorstadt gibt es eine Filiale mit eigenem Bootssteg und Blick auf den Tiefen See. Hier legen auch Segler auf Durchreise an. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung, sagte der Aldi-Regionalleiter: "Gerade erst war ein Skipper da, der aus Lübeck kam und weiter nach Polen wollte." Er habe Würstchen, Wasser und was zu Knabbern gekauft. Manche bleiben sogar über Nacht.

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100-jähriges Jubiläum:6. Kassiererinnen mit besonderem Talent

Aldi

Quelle: Aldi

In den achtziger Jahren führten die ersten deutsche Supermärkte die Scanner-Kassen ein. Aldi Süd aber widersetzte sich noch bis zur Jahrtausendwende dem technischen Fortschritt. Die Kassiererinnen mussten den dreistelligen Warencode jedes Produkts auswendig lernen und bekamen dafür einen Gehaltsaufschlag. Auch Aldi Nord führte das neue Kassensystem erst 2003 ein.

Gleichzeitig optimierte Aldi das Kassieren: Bei den Eigenmarken wurden die Strichcodes gleich auf mehrere Seiten gedruckt. Das erspart den Mitarbeitern das Drehen und Wenden der Waren. Einem Bericht des Handelsblatts zufolge müssen die Kassierer bei Aldi innerhalb einer Minute 30 Produkte über den Scanner ziehen können. Die Konkurrenz hat dieses System längst übernommen.

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100-jähriges Jubiläum:7. Versuchslabor Österreich

German Discount Grocery Chain Aldi Makes Major Inroads In U.S.

Quelle: AFP

60 Cent kostete 2009 ein Liter Benzin an den neu eingeführten Tankstellen der österreichischen Aldi-Tochter Hofer, laut dem Handelsblatt waren das mehr als 30 Cent weniger als bei den Mitbewerbern. Die mussten nachziehen. Mittlerweile gibt es 47 solcher Discount-Tankstellen. Hofer gilt seit der Übernahme durch Aldi 1962 dem Manager-Magazin zufolge als Versuchslabor. Neuerungen wie Kartenzahlung, Mobilfunk- und Reiseangebote hätten sich von dort aus Aldi-weit verbreitet.

Neben Österreich ist Aldi in 15 anderen Ländern vertreten - auch in den USA oder Australien. Dass dort Aldi auch zu einer Art Philosophie geworden ist, zeigt der Blog ALDIMum. Die Autorin will Aldi-Liebhaber und -Zweifler zusammenbringen, schreibt sie. Dank ihrer Produktbesprechungen hat sie mittlerweile mehr als 30.000 Anhänger bei Facebook.

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100-jähriges Jubiläum:8. In einer Reihe mit H&M und C&A

dba verkauft ab 1.6. erneut Hunderttausende Flüge bei ALDI SÜD

Quelle: obs

Bei Aldi gibt es schon längst nicht mehr nur Waren des täglichen Bedarfs: Durch den Verkauf von Multifunktions-BHs und Freizeithemden gehört der Discounter auch zur Top-Ten deutscher Textileinzelhändler. Aldi Nord und Aldi Süd teilen sich Platz neun - vor Esprit und hinter Marken wie H&M oder C&A. Nach Einschätzung des Ex-Aldi-Managers Dieter Brandes verkauft Aldi mehr als 3000 Non-Food-Artikel pro Jahr, der Umsatzanteil betrage 20 Prozent.

Aldi versucht sich mittlerweile auch erneut als Reiseanbieter - und verkauft ab Mitte April Fernbustickets. Bereits 2005 hatte Aldi Süd Gutscheine für die Billigfluglinie dba angeboten.

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100-jähriges Jubiläum:9. Nicht alles ist gut bei Aldi

Fußball: Pressekonferenz Stiftung Warentest

Quelle: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Gute Qualität für wenig Geld - das halten viele für das Prinzip Aldi. Doch längst nicht alle Produkte schneiden bei Verbrauchertests gut ab. Manche Produkte bekommen nur die Note "ausreichend".

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100-jähriges Jubiläum:10. Möglicher Erbe

Aldi-Gründer laut Magazin reichste Deutsche

Quelle: dpa

Peter Max Heister, Enkel von Karl Albrecht gibt derzeit mit seiner Mutter Beate in den wichtigsten Gremien von Aldi-Süd den Ton an. Einem Bericht des Manager Magazins zufolge gilt er als künftiger starker Mann. Seine Promotion schrieb er über riskante Investitionen in Unternehmen, die sozial oder ökologisch nachhaltig wirtschaften sollen. Auf Englisch klingt der Titel der Arbeit spektakulärer: Finanzierung von Social Entrepreneurship durch Venture Philanthropy und Social Venture Capital. Müssen wir uns Sorgen machen, dass ein Aldi-Slogan der Zukunft dann lautet: "Aldi, just for you"?

Einen ausführlichen Bericht zu 100 Jahren Aldi lesen Sie in der SZ vom 10. April 2013.

© Süddeutsche.de/jbr
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