3-D-Drucker:Er hat nicht gebohrt

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Der US-Hersteller Kupo hat diesen Schutzhelm samt seinem komplexen Innenleben in einem Stück am 3D–Drucker gefertigt. (Foto: oH)

Siemens und HP kooperieren bei industriellem 3-D-Druck. Der ist auf dem Weg, die konventionelle Fertigung mehr und mehr zu ersetzen.

Von Helmut Martin-Jung, München

Siemens und der amerikanische Technologiekonzern HP haben angekündigt, ihre strategische Partnerschaft bei der digitalisierten industriellen Fertigung auszubauen. Die industriellen 3-D-Drucker von HP sollen dabei in ein digital gesteuertes Gesamtkonzept eingebunden werden. "Das Hauptgeschäft ist das Datenmanagement, nicht das Drucken", sagt Christoph Schell, der seit Herbst 2018 das weltweite Geschäft von HP mit 3-D-Druckern leitet. Ziel der beiden Unternehmen ist es, Kunden bei der Transformation ihrer Produktion zu helfen.

Mittlerweile sei es möglich, sagt Schell, hochwertige 3-D-Teile in Massenstückzahlen zu fertigen. Zu den Kunden solcher Lösungen gehören unterem auch die großen deutschen Autohersteller. VW hofft, neue Produkte damit schneller auf den Markt bringen zu können und bei der Fertigung effizienter zu werden. Mit 3-D-Technologie könne auch der Trend zu individualisierten Produkten besser als bisher umgesetzt werden.

Was in der Öffentlichkeit etwas irreführend als 3-D-Druck bezeichnet wird, nennen die Experten der Branche additive Fertigung. Das trifft es besser, denn die Besonderheit dieser Fertigungstechnik ist, dass schichtweise gearbeitet wird. Ein pulverförmiges Material wird Schicht für Schicht aufgetragen und mit Laserlicht zusammengebacken - die Experten nennen das sintern - oder wie bei HP im Zusammenspiel von Chemikalien und Wärme. Es muss also nichts gegossen, gebohrt oder gefräst werden. Das bedeutet wiederum, man benötigt nicht wie beim Guss eine Form, sondern lediglich eine digitale Datei. Das führt dazu, dass man überall dort produzieren kann, wo ein geeigneter Drucker steht.

Ein weiterer Vorteil der additiven Fertigung: Es lassen sich Formen herstellen, die mit konventioneller Fertigungstechnik nicht produziert werden können, zum Beispiel Bauteile mit beweglichen Teilen oder einer Innenstruktur ähnlich der eines Vogelknochens - leicht und dennoch sehr stabil. In verschiedenen Industriezweigen wird das bereits eingesetzt, so etwa im Flugzeugbau oder bei einigen Bauteilen für Autos. So gibt es beispielsweise eine Hülle für eine E-Auto-Batterie, die im Inneren von Kanälen durchzogen ist. Darin fließt eine Kühlflüssigkeit. Konventionell hätte man das kaum herstellen können, wenn dann mit mehreren Teilen. Bei der additiven Fertigung dagegen entsteht das ganze Bauteil auf einmal in der Maschine.

Schell erwartet, dass sich, getrieben von den neuen Möglichkeiten der Produktion, auch neue Geschäftsmodelle ergeben. Die Frage sei beispielsweise, ob Siemens und HP Anlagen verkaufen oder aber nur bereitstellen und stattdessen eine Gebühr pro gefertigtem Bauteil berechnen. HP arbeitet außer mit Siemens auch mit dem Chemiekonzern BASF zusammen, denn die Entwicklung der Materialien für die additive Fertigung ist von großer Bedeutung.

Eine Partnerschaft unterhält HP außerdem mit dem belgischen 3-D-Druck-Pionier Materialise, die Software für eine neue Reihe von industriellen 3-D-Druckern von HP bereitstellen. Mit BASF hat HP bereits ein neues Material entwickelt, das flexibler ist als bisher verwendete Kunststoffe und sich zum Beispiel für Schuhsohlen oder -einlagen eignet. Schon bald wird HP auch Metalle verarbeiten können. Andere Hersteller, die eine andere Technik verwenden, können das jetzt schon, experimentieren aber auch ständig mit neuen Materialien. Die Herausforderung dabei ist, dass diese so stabil sein müssen, wie auf herkömmliche Art gefertigte Metallteile.

HP ist erst vor einigen Jahren in das Geschäft mit 3-D-Druckern eingestiegen, das Unternehmen konzentrierte sich dabei von Anfang an auf industrielle Kunden. 3-D-Drucker für einige Hundert Euro bietet die Amerikaner nicht an, ihre Geräte liegen meist bei mehr als 100 000 Euro. HP hat seine langjährige Erfahrung mit Tintenstrahldruckern genutzt und setzt anders als Konkurrenten auf einen Mix aus Chemikalien und Hitze.

Um die neue Technik effektiv einsetzen zu können, sind Designer nötig, die diese Möglichkeiten kennen und einzusetzen wissen. Doch obwohl die Technologie seit Jahrzehnten im Einsatz ist, etwa zum Fertigen von Prototypen, lernen Studenten an den Unis nichts oder zu wenig darüber, klagt Christoph Schell von HP. Sein Unternehmen kooperiert daher auch mit Unis, um das auf längere Sicht zu verbessern.

© SZ vom 10.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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