Süddeutsche Zeitung für Kinder:Familie Wolf

Wölfe auf der Sababurg

Mehr als 100 frei lebende Wölfe gibt es in Deutschland. Außerdem leben Wölfe in Naturparks, wie diese Jungtiere in der Nähe von Kassel.

(Foto: dpa)

Einauge hat 42 Welpen geboren. Sie ist alt und hinkt. Nun hat Tochter Lisa sie aus dem Revier vertrieben.

Cornelius Pollmer

Wäre Einauge ein Mensch, sie würde ständig in Talkshows eingeladen oder sie bekäme, schlimmer noch, eine eigene Sendung auf RTL II. Aber Einauge ist eine Wölfin, also kann sie ihre Geschichte nicht selbst erzählen. Diese Geschichte: Einauge stammt aus dem ersten Wolfsrudel, das sich im Jahr 2000 wieder in Deutschland angesiedelt hat, in der Muskauer Heide in Sachsen. Sie hinkt leicht, aber wer tut das nicht im hohen Alter - und Einauge ist einer der ältesten Wölfe in Deutschland. Eines ihrer Augen hat sie verloren, vermutlich durch einen Unfall. Aber sie kann deswegen nicht auf die Hilfe ihres eigenen Rudels und ihrer mindestens 42 Kinder setzen. Die gehen ihren eigenen Weg, zum Beispiel Karl, Alan und Lisa.

Karl ist als Jungtier einfach losgezogen. Er verließ Sachsen und lief bis zum Truppenübungsplatz in Jüterborg kurz vor Potsdam, wo früher Soldaten marschierten. Heute ist dort Wildnis. So richtig gefallen hat es Karl da offenbar nicht, nach ein paar Tagen zog er wieder in die Nähe seiner Eltern an die Grenze zwischen Brandenburg und Sachsen. Man könnte jetzt sagen, dass es Karl woanders nicht geschafft hat - man kann aber auch sagen, er ist einfach heimatverbunden.

Das kann man von seinem Bruder Alan nicht sagen. Alan ist der verlorene Sohn von Einauge, und das im Wortsinn: Wolfsschützer haben ihn 2009 mit einem Sender versehen, und dann haben sie ganz schön gestaunt. Alan wanderte und wanderte, 1500 Kilometer, ein letztes Signal verortete ihn an der Grenze zwischen Weißrussland und Litauen - dann fiel der Sender aus. Niemand weiß, wo genau Alan heute ist. Lisa ist etwa vier Jahre alt und die jüngere Schwester von Karl und Alan. Sie ist in der Heimat geblieben, hat dort einen Partner gefunden und geworfen: zum einen drei Welpen, zum anderen ihre Mutter aus dem eigenen Revier. Im vergangen Jahr musste Einauge einen großen Teil ihres Gebiets an Lisa abtreten.

Süddeutsche Zeitung für Kinder: Wald und Wölfe in Deutschland

Wald und Wölfe in Deutschland

(Foto: SZ-Grafik)
Wieder da
Hintergrundinformationen über Wölfe in Deutschland

150 Jahre lang gab es keine Wölfe in Deutschland. "Der böse Wolf", vor dem sich viele fürchteten, war vertrieben worden. Schließlich tötete er Schafe und andere Nutztiere. Doch nachdem er in vielen Ländern Europas ausgerottet worden war, änderte sich die Haltung der Menschen langsam wieder: Der Wolf wurde vom gejagten zum streng geschützten Tier. Ihn zu fangen oder zu töten, wurde verboten. Die Wölfe kehrten zurück. Bei uns wandern seit 15 Jahren immer mehr Tiere von Polen her ein. Etwa 100 sind es im Moment. In Sachsen und Brandenburg gibt es sogar Wolfsrudel, die zum Beispiel auf alten Übungsplätzen der Armee leben. Heutzutage kann man Schafe mit Elektrozäunen schützen. Trotzdem wollen manche Menschen die Wölfe am liebsten wieder vertreiben. Umweltschützer versuchen, sie von einem Zusammenleben mit den Raubtieren zu überzeugen. Da Wölfe scheu sind und sich von Menschen fernhalten, muss man keine Angst vor ihnen haben. Charlotte Theile

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