Yoga und Luxus:Einfach weglächeln

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Die Krönung des Luxus-Yoga: Matte von Louis Vuitton. (Foto: Hersteller)

Yogamatten sind längst zum Lifestyleprodukt geworden. Jetzt sorgt ein besonders luxuriöses Modell für Aufregung: Ist der Trend mit den Werten der Yogi-Bewegung vereinbar?

Von Jan Kedves

Eigentlich braucht eine Yogamatte ja nur rutschfest zu sein. Und wenn man Balance-Haltungen auf ihr üben will, wäre es hilfreich, wenn sie einen sanften Dämpfungseffekt hat. Damit das Umfallen nicht so wehtut. Ansonsten braucht eine Yogamatte nicht viel zu können. Sie muss vor allem nicht hübsch sein. Oder?

Der Markt für Yogamatten sagt etwas anderes. Auf ihm geht es seit Jahren um Veredelung und immer mehr Luxus. Yoginis und Yogis - von ihnen gibt es hierzulande laut dem "Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland" mehr als vier Millionen - bezahlen für ihre Premium-Matte längst 90, 120, sogar mehr als 150 Euro, ohne mit der Wimper zu zucken. Manche der Matten sind aus hochwertigem Material hergestellt. Aus fair gehandeltem Naturkautschuk etwa, anstatt aus PVC. Oder sie haben eine Korkbeschichtung. Oder aufgedruckte Markierungslinien, die bei der Ausrichtung der Füße in den verschiedenen Krieger-Positionen helfen sollen. Oft sind die Matten aber auch, da muss man ehrlich sein, einfach nur deswegen teuer, weil eben die Marken teuer sind.

Seit einer Weile mischen also auch die Mode- und die Luxusindustrie mit. War es die Chanel-Yogamatte, die im Frühjahr 2018 den Trend lostrat? Möglich. Danach folgten in raschem Takt weitere Fashion-Matten von Valentino, Hermès, Loewe, Burberry, Saint Laurent. Yoga als schicker Lifestyle, aha. Wie die Luxus-Aufpreisung konkret funktioniert? Die Matten von Burberry und Saint Laurent zum Beispiel stammen aus Kollaborationen mit den Marken Liforme und No Kai'Oi, die Matten normalerweise für 135 beziehungsweise 190 Euro verkaufen. Dann kommt auf exakt dieselbe Matte ein Logo-Print drauf (Burberry) oder ein kleines schwarzes Label (Saint Laurent). Schon sind wir bei circa 350 Euro.

Die Kritiker sagen: Leder von heiligen Kühen ist tabu

Die Krönung des Luxus-Yoga besteht nun in der Matte von Louis Vuitton, aus der Produktgruppe "Art de vivre": Lebenskunst. Sie kostet bescheidene 1600 Euro. Louis Vuitton verspricht, sie sorge "bei meditativen Dehnübungen für eine elegante Ästhetik". Was singt man auf so einer Matte am Ende einer Session? Louis Vuitt-Om?

Neben Spott sorgt die Matte auch für Empörung. Sie wird nämlich, was bei Louis Vuitton nicht ungewöhnlich ist, mit einem Trageriemen aus naturbelassenem Rindsleder ausgeliefert. Rindsleder kommt vom geschlachteten Rind, und Rinder sind in der hinduistischen Kultur Indiens, mit der Yoga im Ursprung eng verbunden ist, heilig.

Vor einigen Wochen meldete sich also via Twitter Rajan Zed zu Wort. Er ist Hindu und lebt in Nevada, USA. Er nennt sich Präsident der "Universal Society of Hinduism" und war der erste Hindu, der im US-Kongress ein hinduistisches Gebet sprach. Das war 2007. In Indien scheint er eher nicht bekannt zu sein, aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass "die Vorstellung schmerzhaft ist, dass Yoga - diese umfassende, heilige, alte hinduistische Disziplin - auf einer Matte praktiziert wird, die aus getöteter Kuh besteht". So stand es im Dezember in Zeds Tweet, der einen Shitstorm um die Matte auslöste. Dass sie nicht komplett aus Leder besteht, sondern ausschließlich ihr Tragegurt, hatte er wohl missverstanden. So oder so muss Louis Vuitton sich fragen lassen: Wie kulturell unsensibel beziehungsweise ignorant muss man sein, um auf so eine Produktidee zu kommen?

Ein Logo auf der Matte - oder lieber Transzendenz?

Schon ohne Ledergurt passt die Matte nicht ganz zum Denken der Yogis. Sie besitzt nämlich auch ein Kartenetui für einen Adressanhänger. Sprich, der Hersteller geht davon aus, dass es wichtig ist, die Matte als persönliches Eigentum zu markieren. Damit ein ehrlicher Finder sie zurückbringen kann, wenn sie in der Umkleide neidisch bestaunt wurde und danach "verloren" ging?

Jedenfalls wäre man damit beim Problem mit der Anhaftung. Von Anhaftung will man sich im Yoga doch immerzu lösen. Anhaftung an Dinge, an andere Menschen, ans Leben überhaupt: Im Yoga "Raga" genannt, stört Anhaftung nur auf dem Weg der Selbsterkenntnis und beim Versuch, das Ego zu transzendieren. Mit anderen Worten: Die Matte darf gern rutschfest sein, aber mehr als der Fuß sollte nicht an ihr haften. Sonst ist man am Ende noch stolz auf seine Matte. Und Stolz - "das Gefühl, überlegen oder etwas Besonderes zu sein" - beschreibt B.K.S. Iyengar, der große Popularisierer des Yoga im Westen, in seinem Buch "Licht fürs Leben" als Gefahr für Yoga.

Auch Anna Trökes betrachtet eine Luxusmatte als "so ziemlich das Unnötigste, was man sich für die Yoga-Praxis zulegen kann". Die deutsche Yoga-Pionierin und Autorin des Standardwerks "Die kleine Yoga-Philosophie" findet die "Angst, nicht das richtige Logo auf der Matte zu haben" hinderlich, wenn man "Yoga als Weg betrachtet, nicht so viel Leid, das unnötig ist, zu erfahren". Zu dem Louis-Vuitton-Shitstorm sagt sie allerdings auch: "Da Inder und auch Hindus unterdessen mit Kühen auch alles andere als rücksichtsvoll umgehen, finde ich den 'Aufschrei' vom Präsidenten der Universal Society of Hinduism eher heuchlerisch."

Es ist also kompliziert mit diesen Matten. Wie wäre es mit folgendem Gedanken: Wer andere streng anblickt, nur weil sie die angeblich falsche, zu protzige Yogamatte haben, und wer meint, sie darüber belehren zu müssen, der befindet sich vielleicht auch nicht auf dem Weg der Erleuchtung. Sondern eher auf dem Weg, unbedingt andere erleuchten zu wollen. Sollte man also über die Luxusmatten nur still hinweglächeln? Man könnte ja mal drüber meditieren.

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