Rechtskolumne:Wie viele Löcher darf man in Wände bohren?

Lesezeit: 2 Min.

Der eine bohrt behutsam, der andere hinterlässt Krater in der Wand. Ist Letzteres der Fall, muss man in der Regel für den entstandenen Schaden einstehen. (Foto: Foto: Emily Wabitsch/picture alliance/dpa-tmn)

Bilder, Spiegel, Handtuchhalter: Mieter dürfen Löcher bohren, um Einrichtungsgegenstände zu befestigen. Doch es gibt Grenzen.

Von Andreas Remien

Mieter, die zu Exzessen neigen, sind für Vermieter grundsätzlich keine besonders beliebte Klientel. Natürlich gibt es die unterschiedlichsten Arten von Ausschweifungen, viele davon aber sind zweifellos laut und nicht selten zerstörerisch. Zwei Eigenschaften, mit denen sich auch die Bohrmaschine gut beschreiben lässt. Doch Menschen, die gerne Bilder, Fahrräder, Fernseher oder ihre Urlaubsmitbringsel an die Wand dübeln, können aufatmen. Selbst wer 200 Löcher in eine Acht-Zimmer-Wohnung bohrt, ist noch ganz normal. Von einem „Dübellöcher-Exzess“ könne auch bei dieser Größenordnung keine Rede sein, so das Amtsgericht Paderborn (Az. 51 C 35/22). Andere Gerichte allerdings sind nicht ganz so bohrmaschinenfreundlich.

Wer sich nicht am Rande eines Dübel-Exzesses bewegt, darf in der Wohnung ohne Rücksprache Bilder, Spiegel oder Fernseher montieren. „Grundsätzlich sind Bohrlöcher zwar eine Substanzbeschädigung, in normalem Ausmaß müssen Vermieter dies aber hinnehmen“, sagt Luisa Peitz, Referentin Recht bei Haus und Grund Deutschland. Das Bohren von Löchern gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung und kann auch nicht über Klauseln im Mietvertrag verboten werden (BGH VIII ZR 10/92). „Mieter müssen die Löcher aber fachgerecht bohren“, sagt Peitz. Wer etwa größere Krater in der Wand hinterlässt, muss für den entstandenen Schaden aufkommen.

Streit gibt es meistens dann, wenn die Mieter ausziehen. „Dann kommt es auf die Schönheitsreparaturklausel an“, sagt Peitz. Entscheidend ist also der Mietvertrag. „Wer zu Schönheitsreparaturen verpflichtet ist, muss die Bohrlöcher wieder zuspachteln“, sagt Peitz. Das hat nicht nur juristische, sondern auch praktische Gründe – schließlich ist es kaum möglich, eine Wand mit vielen Löchern ordentlich zu streichen.

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Und wer muss die Löcher zuspachteln, wenn Mieter nicht zum Streichen verpflichtet sind? „Gibt es keine wirksam vereinbarte Schönheitsreparaturklausel, müssen Mieter die Löcher nicht verschließen“, sagt Peitz. Laut Amtsgericht München zum Beispiel dürfen Mieter, die nicht streichen müssen, die Löcher in der Wand lassen, auch wenn es 59 sind (Az. 473 C 32372/13). Zu einer anderen Auffassung kam dagegen das Landgericht Wuppertal. Mieter sind demnach grundsätzlich dazu verpflichtet, Dübellöcher zu verfüllen. Das Urteil, in dem es vor allem um Latex-Farben ging, gilt jedoch als Einzelfall und ist nicht ohne Weiteres auf andere Fälle übertragbar (Az. 9 S 18/20).

Unabhängig von den Regeln zu den Schönheitsreparaturen gilt: Wer es übertreibt, muss unter Umständen für den Schaden aufkommen. Es dürfte jedoch schwierig sein, sich quantitativ an die erlaubte Grenze heranzubohren. Laut Landgericht Berlin zum Beispiel sind auch 149 Löcher in einer 150 Quadratmeter großen Wohnung noch in Ordnung (Az. 63 S 216/13). Etwas heikler wird es, wenn Fliesen oder Kacheln im Spiel sind. „Mieter müssen mit der Wohnung möglichst schonend umgehen“, sagt Peitz. Sie sollten zum Beispiel in Fugen bohren, soweit das möglich ist. Wer ohne Not Kacheln beschädigt, macht sich schadenersatzpflichtig. Dabei kommt es auch darauf an, was Mieter wo befestigen möchten. Wer etwa einen Fernseher im Bad montiert, muss beim Auszug unter Umständen für den Schaden an den Fliesen aufkommen. Wer dagegen Spiegel, Lampen, Handtuchhalter oder Seifenschalen anbringt, bewegt sich im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs – auch 32 Dübel im Badezimmer sind laut Landgericht Hamburg dann kein Exzess (Az. 307 S 50/01).

Unser Autor wünscht sich zu Weihnachten eine neue Bohrmaschine. (Foto: Bernd Schifferdecker  (Illustration))
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