Süddeutsche Zeitung

Weihnachten:Im Greta-Jahr zählt jede Tanne

Jedes Jahr kommen fast 30 Millionen Tannenbäume in deutsche Wohnzimmer. Zum Glück gibt es formschöne Alternativen, die nicht im Müll enden. Fünf Beispiele.

Von Mareen Linnartz und Violetta Simon

Laut Schutzgemeinschaft Deutscher Wald enden jedes Jahr fast 30 Millionen Tannenbäume in deutschen Wohnzimmern. Doch was ist die Alternative? Im Vergleich zur echten Tanne haben Kunststoffmodelle eine verheerende Ökobilanz. Greenpeace zufolge ist die einzige ökologische Variante zum Weihnachtsbaum: kein Weihnachtsbaum. Dann schon lieber ein Baumersatz, der gar nicht erst so tut, als wäre er eine Tanne aus dem Wald. Und dennoch als Weihnachtsbaum durchgeht, ohne sich selbst allzu ernst zu nehmen. Die SZ-Redaktion stellt einige Modelle vor, die garantiert nadelfrei sind und aufgrund ihres intelligenten Designs gar nicht erst entsorgt werden müssen. Weil sie sich problemlos in den Alltag integrieren.

Einfach vielseitig: Der Baum, der eine Garderobe ist

Puristen werden den Weihnachtsgarderobenbaum lieben. Die massive Holzkonstruktion genügt sich selbst, typisch Eiche. Das geradlinige Design verlangt weder üppigen Schmuck noch meterlange Lamettabahnen, echte Kerzen verbieten sich von selbst. Eine schlichte Lichterkette reicht völlig aus, die elegante Schnörkellosigkeit zu unterstreichen. Wo sonst der Hut thront, ist sogar noch Platz für einen Weihnachtsstern.

Die Frage der Entsorgung stellt sich nicht: Ein Weihnachtsgarderobenbaum wie etwa der "One Tree" von Cairo lässt sich von jetzt auf gleich als Garderobe nutzen - und umgekehrt. Selbst am Ende seiner Karriere wird dieser Baum, als Brennholz im Ofen oder im offenen Kamin, auf stilvolle Weise die Herzen wärmen. Bis dahin (er)trägt dieser Baum, ob Weihnachtsschmuck oder Kleidungsstücke, was immer man ihm anhängt. Bestenfalls zu Beginn der Adventszeit kann es zu leichten Umstellungsschwierigkeiten kommen. Wenn der Weihnachtsgarderobenbaum noch im Flur steht, passiert es zuweilen, dass man beim Heimkommen die Weihnachtsdekoration unter dem eilig abgeworfenen Mantel begräbt.

Einfach sammeln: der Selbstgemachte

Der Flaschenbaum dürfte der Inbegriff von Nachhaltigkeit sein, und er kommt ganz ohne Holz aus. Besonders gut eignen sich Weinflaschen (siehe Foto) oder Bierflaschen mit Bügelverschluss, gesehen zum Beispiel bei freshideen.com, die weißen Porzellan-Korken sind ausgesprochen dekorativ. Weihnachtsstimmung kommt beim DIY-Modell bereits Wochen zuvor auf, schließlich muss man rechtzeitig mit dem Aufbau beginnen: Je mehr Leergut, umso größer wird der Baum. Besonders festlich wird einem zumute, wenn man am 23. Dezember feststellt, dass für die Spitze noch fünf bis sieben leere Flaschen fehlen.

Die Entsorgung ist mitunter etwas aufwändiger als bei anderen Modellen, dafür bietet sie eine eigene Zeremonie. Das Altglas landet mit wunderschönem Klirren im Container. Kommen Pfandflaschen zum Einsatz, macht die Entsorgung doppelt Freude: Bei der Auszahlung des Pfands ist ohne Weiteres eine Kiste Wein oder ein Sixpack Bier drin - nach dem Fest ist vor dem Fest.

Einfach faltbar: Papp- Baum

Pappe ist oft genauso stabil wie Holz, mit einem großen Vorteil: Man kann Pappe sehr leicht mit Schere oder Teppichmesser verändern - und beispielsweise Löcher machen, wo man Christbaumkugeln, Strohengel oder sonst etwas Festliches aufhängen mag. Bei dem "Zero Waste Weihnachtsbaum" für 28 Euro von roominabox beispielsweise sind die Ösen für den Schmuck schon von vorneherein dabei.

Pappe zu Gold und Glitter ist mindestens so festlich wie Wiener Würstchen und Kartoffelsalat als Festessen. Und maximal nachhaltig ist er auch: Nach Weihnachten zusammenfalten, vor dem nächsten Weihnachten wieder auffalten und wenn die Pappe dann irgendwann doch Schwächen zeigt: Ab damit ins Altpapier zum Recyclen.

Einfach schön: Der Designer-Baum

Vielleicht sprechen auch mal optische Gründe dafür, Nadelbäume in diesem Jahr im Wald zu lassen und sich dafür ein Design-Objekt ins Wohnzimmer zu stellen. Bislang ist das noch ein wenig bespieltes Gebiet, eine hübsche Ausnahme macht etwa das von dem deutschen Designer Andreas Ostwald entworfene Modell "Lucia" für knapp 200 Euro von philippi.com in Knallorange. Ein Baum, den man definitiv nicht mit Lametta schmücken und mit Christbaumkugeln behängen möchte. Wer das für die Weihnachtsstimmung braucht, für den ist er nichts.

Für alle anderen ist "Lucia" eine echt interessante optische Veränderung im immergrünen Weihnachtswinterzauber und außerdem längerfristig einsetzbar: An den Enden der orangenen Holz-Äste sind kleine Einkerbungen für 26 Teelichter. Wenn sie alle angezündet sind, ergibt das ein warmes, feierliches Licht.

Einfach genießen: der essbare Baum

Der essbare ist der liberalste unter den Weihnachtsbäumen. Ob Cornichons zu rustikalem Leberkäse, Liebesperlen zu Frozen Strawberrys oder eine mediterrane Käsevariation wie die "Christmas Tree Cheese Platter" der Food-Bloggerin Wendy O'Neal - alles reine Geschmacksfrage. Als Lametta-Ersatz lassen sich ein paar Spaghetti liebevoll integrieren. Wer es glamouröser mag, der dekoriert Beluga mit Matsutake-Pilzen und verteilt Safran-Glitzer. Aber bitte aus biologischem Anbau! Selbst auf Weihnachtsbeleuchtung muss man beim essbaren Baum nicht verzichten: Einfach in jedes Käse-Stückchen eine Kerze vom letzten Geburtstagskuchen stecken.

Zugegeben: Der essbare Weihnachtsbaum ist nicht für die Ewigkeit gemacht. Andererseits gehören Essen und Weihnachten untrennbar zusammen, insofern bietet es sich an, ihn noch am Weihnachtsabend restlos zu verputzen. Einfacher war Entsorgung selten. Und das Schönste: Je nachdem, was der Kühlschrank zu bieten hat, lässt sich der essbare Weihnachtsbaum immer wieder neu schmücken. Und verspeisen.

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