Süddeutsche Zeitung

Wandfarbe auf britischen Schuhsohlen:Louboutins für fast lau

In Großbritannien gibt es Louboutin-Stilettos für zwei Euro. Neidisch? Kein Problem: Der Weg der Britinnen zu billigen Luxusschuhen ist auch für deutsche Fashionistas gangbar. Er führt geradewegs in den Baumarkt.

Jana Stegemann

Schuhe sind nicht gleich Schuhe. Louboutins zum Beispiel sind ganz besondere Schuhe. Fashionistas seufzen sehnsüchtig auf, wenn es unter den Absätzen rot hervorblitzt. Mittlerweile weiß jeder nur halbwegs designbewanderte Beobachter, was die knallroten Sohlen zu bedeuten haben: Es handelt sich dabei um echte Designer-Stücke.

Längst sind die knallroten Schuhsohlen der schwindelerregend hohen High Heels aus dem Hause Christian Louboutin zu dessen Markenzeichen geworden - und damit zum Statussymbol. Mehrere hundert Euro kostet ein solches Kultobjekt. Stiefel der französischen Edelmarke sind für einen vierstelligen Betrag zu haben. Frauen schauen sich inzwischen gegenseitig nicht mehr nur auf die Schuhe, sondern auch darunter. Neidvolle Blicke verfolgen die Trägerin der exquisiten Stilettos.

"Die leuchtend rote Farbe hat keine andere Funktion als der Öffentlichkeit zu sagen, dass sie meine sind", sagte der Franzose, der gemeinsam mit den Schuh-Designern Jimmy Choo und Manolo Blahnik ganz oben im High-Heel-Olymp thront, einmal über sein Markenzeichen. "Der Schuh ist ein Röntgenbild des sozialen Verhaltens", findet er. Schaut, ich habe Geschmack und Geld, wolle die Trägerin der Welt mitteilen.

Wer nicht über den entsprechenden Geldbeutel verfügt, um dieses Statement in die Welt hinauszustöckeln, der könnte nach Großbritannien blicken. Inselbewohnerinnen wie Kate Moss gelten als Trendsetterinnen - auch wenn sich über das Stil-Empfinden mancher Britin freilich streiten lässt. Nun machen sich die Damen des Königreichs auch einen Namen als Sparfüchse.

Und zwar mit roter Wandfarbe aus dem Baumarkt. Die pinseln die schuhverrückten Frauen einfach auf die Sohlen ihrer Discount-High-Heels.

Alles begann mit einem Fläschen Nagellack

"Homebase verkauft jetzt 40 Prozent mehr Farbtöpfe von 'Show Stopper' und 'Flame'", zitieren britische Medien Peter Rooney, Manager einer Baumarktketten-Filiale in London. Im 75-Milliliter-Töpfchen kosten die Rot-Töne 1,59 Pfund (umgerechnet zwei Euro). Seit einiger Zeit beobachten Rooney und sein Team nach eigener Aussage zahlreiche Frauen, die schnurstracks zu den Pötten mit der Wandfarbe stöckeln. Mit Modezeitschriften in der Hand stünden sie vor den Regalen und verglichen die Farbnuancen mit den in den Zeitschriften abgebildeten Schuhsohlen. "Unsere Mitarbeiter werden von den Frauen gefragt, wie man Leder oder Gummi richtig bearbeitet", erzählt Rooney weiter.

Ob es sich bei der Baumarkt-Aktion nur um eine gut platzierte Marketingstrategie handelt, lässt sich schwerlich nachprüfen. Wie viele Kundinnen wirklich zum Mini-Farbtöpfchen greifen, ist nicht bekannt. Immerhin sind die Do-it-yourself-Loubutins selbst der britischen Vogue eine Meldung wert. Auch auf Modeblogs wurde die Anleitung zum Anpinseln angeregt diskutiert. Mancher Blog wusste seinen Leserinnen noch weitere Tipps für die handgemachten High Heels mit auf den Weg zu geben: So gibt es die rote Sohle auch zum Aufkleben.

Claire Stevenson trug ihre Louboutins für fast lau auf der Hochzeit eines Cousins. "Ich konnte mir keine echten Louboutins leisten, wollte auf der Feier aber modisch auftrumpfen. Also habe ich schwarze 20-Pfund-Schuhe und ein Farbtöpfchen gekauft und die Sohlen knallrot angemalt", erzählte die Britin dem Telegraph. Nach einer Nacht Trocknen sei der Fashion-Fake perfekt gewesen. Auf der Hochzeit habe sie zahlreiche Komplimente für ihre Schuhe erhalten. "Ich habe es nicht übers Herz gebracht, die Wahrheit zuzugeben. Meine Schuhe kamen so gut an, dass ich jetzt auch die Sohlen meiner anderen High-Heels anmalen werde."

Designer Christian Louboutin versteht bei Kopien seines Markenzeichens indes keinen Spaß. So verklagte er vor etwa einem Jahr die Marke Yves Saint Laurent, weil diese ihre Schuhe ebenfalls rot besohlte - und scheiterte. Auch gegen eine große spanische Modekette ging er vor. Erfolglos.

Mit den kreativen Britinnen dürfte der Franzose Louboutin wohl nicht so hart ins Gericht gehen. Führen sie doch nur das fort, was er selbst vor Jahren begonnen hat: Auf einer seiner ersten Modenschauen bepinselte er nämlich in allerletzter Minute die Sohlen der vorgeführten Schuhe mit dem roten Nagellack einer Assistentin. Und schuf mit diesem simplen Akt eine Schuh-Legende.

Dass sein Nagellack-Trick einmal Nachahmerinnen finden sollte, die nun zu Hunderten die britischen Baumärkte zu stürmen, konnte Louboutin damals noch nicht ahnen. Schmeicheln dürfte ihm so viel Leidenschaft für seine Luxustreter aber vielleicht schon.

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