Vollautomatisches Restaurant in Tokio:Der Kunde ist Kellner

People share dishes at Japanese traditional 'Izakaya' pub named Saiki in Tokyo

In Tokio gibt es jetzt ein Restaurant, in dem Gäste nicht mehr bedient werden. Alles ist vollautomatisch (Symbolbild).

(Foto: ag.rtr)

Sieht so das Selbstbedienungslokal der Zukunft aus? In einem sogenannten smarten Restaurant in Tokio ersetzen Tablets und Fließbänder die Kellner vollständig. Statt fortschrittlich wirkt das hochtechnisierte Restaurant aber eher gespenstisch.

Von Caro Lobig

Hinsetzen, entspannen, bedient werden: Zu einem Restaurant-Besuch gehört, dass man sich in die Obhut von Koch und Kellner begibt, statt sich selbst um alles kümmern zu müssen. Das Modell der freundlichen Bedienung mit Schürze, die die Bestellungen auf ihrem Block notiert und an die Küche weitergibt, ist aber offenbar nicht mehr zeitgemäß. Denn in Tokio ist jetzt ein smartes Restaurant ohne Kellner entstanden.

Fließband statt Bedienung

Das funktioniert so: Der Gast setzt sich hin. Soweit alles wie gewohnt. Er wählt aus der digitalen Karte, die auf einem Tablet über dem Tisch hängt, das gewünschte Gericht aus. Das teilt er dann aber keinem Kellner mit - denn davon gibt es keine - sondern dem Koch, indem er auf dem Touchscreen seine Auswahl bestätigt. Der Koch sieht die Bestellung auf seinem Tablet, bereitet sie zu und schickt sie über ein Fließband zum Gast. Auch für das Abräumen funktioniert vollautomatisch. Nur bezahlt wird am Ende bei menschlichen Kassierern.

Was ist aber davon zu halten: Revolution des Restaurants oder übertriebene Technisierung?

Tablets ersetzen bislang Zeitungen, Telefone und Fernseher. Warum nicht auch gleich Speisekarten und Kellner digitalisieren? Die Fließbänder der Japaner sind in deutschen Sushi-Restaurants bereits angekommen. Wir haben uns daran gewöhnt, dass die mit Fisch und Gemüse gefüllten Röllchen um uns herumfahren. Das Auge kann vorkosten, was später im Magen landet. Das hat schon was.

Gespenstische Stimmung

Aber bislang können die Gäste in japanischen Restaurants noch dabei zusehen, wie der Koch im Mittelpunkt des Fließbands steht und das Sushi-Messer schwingt. In einem smarten Restaurant wäre damit Schluss. Dann arbeiten die Köche nur noch hinter den Kulissen und der direkte Kontakt zur Bedienung bleibt aus. Massenbestellung mit Maschinen statt menschlicher Kontakt.

Das hat nichts mehr mit dem Restaurant-Flair zu tun der die Gäste üblicherweise anlockt. Im Video-Beitrag der BBC dazu wirkt das smarte Restaurant vielmehr wie eine Mischung aus Kantine und Fabrik. Die bestellten Speisen werden lieblos von einem Highspeed-Band ausgespuckt. Und das Geschirr muss der Gast nach dem Essen selbst durch eine Klappe schieben.

Die Atmosphäre ohne Kellner ist irgendwie gespenstisch. Keiner weiß, wer das Essen tatsächlich zubereitet hat. Möglicherweise Roboter? Denn außer der anderen Gäste sind keine Menschen zu sehen, die mit den Gerichten zu tun haben. Inmitten all der Vollautomatik kommt die Zwischenmenschlichkeit zu kurz. Für die Betreiber wird es da wohl schwer, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Und wenn sich die Gäste in Restaurants jetzt schon selbst bedienen und abräumen müssen, kann man auch gleich zu Hause bleiben.

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