Süddeutsche Zeitung

Vegane Mode:Wider das Öko-Image

  • Viele Designer entwerfen tierfreie Mode. Sie verwenden natürliche Materialien oder synthetische Ersatzstoffe.
  • Im März kommt mit Noveaux das erste deutsche vegane Modemagazin auf den Markt.
  • Vegane Kleidung ist allerdings nicht immer umweltfreundlich und fair produziert.

Von Katrin Langhans

Weich und glatt fühlt sich der Stoff an, fließend fällt die Bluse herunter. Fast, als wäre sie aus Seide. Aber das Material, das sich ähnlich geschmeidig anfühlt, ist aus Bambusfasern. Das hat einen entscheidenden Vorteil: Es ist komplett tierfrei. Für eine Bluse aus reiner Seide werden bei der konventionellen Gewinnung die verpuppten Seidenraupen mit kochendem Wasser oder heißem Dampf getötet. Sehr viel teurer und aufwendiger ist die Seidengewinnung, ohne den Tieren Schaden zuzufügen.

Taschen, die aussehen wie aus echtem Leder; Klamotten aus recyceltem Plastik, die sich trotzdem gut anfühlen - für Hersteller veganer Mode ist das kein Problem. Immer mehr Designer verzichten auf tierische Materialien wie Pelz, Wolle, Seide, Daunen oder Leder. Sie entwerfen vegane Kleidung aus natürlichen oder recycelten Materialien und synthetischen Stoffen, die sich nicht nur gut anfühlen, sondern die auch optisch beeindrucken.

Vorreiter sind die Designer des Labels Umasan, die kürzlich ihre neue Kollektion auf der Berliner Fashion Week präsentiert haben. In weiten Blusen, weich fallenden Shorts und asymmetrischen Kleidern liefen die Models über den Laufsteg. Anmutig - und lässig.

"Viele denken bei vegan immer gleich an öko. Aber die Mode kann bunt, sexy oder elegant sein", sagt Julia Akra-Laurien, die im März das erste deutsche vegane Modemagazin herausbringen wird. "Das Interesse an veganer Mode wird immer größer. Vielen ist es wichtig, dass Tiere nicht leiden müssen", sagt die 34-Jährige. Seit zwei Jahren lebt Akra-Laurien vegan, so wie insgesamt etwa 900 0000 Menschen in Deutschland. Für sie will Akra-Laurien in ihrem Magazin Modestrecken zeigen und Ernährungstrends aufspüren. Der Titel lautet Noveaux - ein Wortspiel aus zwei Begriffen, dem englischen no - und dem französischen veaux - Kälber.

Mode ohne Kuh gibt es von der Unterwäsche über Schuhe bis hin zum Brautkleid. "Man kann sich heute ohne Probleme komplett vegan kleiden", sagt Akra-Laurien. Das Angebot wachse, vor allem im Onlinebereich. Wer sich tierfrei kleiden möchte, der könne theoretisch auch zu H&M oder Kick gehen und sich ein T-Shirt aus Baumwolle, eine Jeans ohne Lederapplikation und Schuhe aus Plastik besorgen. Aber: "Vegan heißt nicht automatisch fair produziert und umweltfreundlich", sagt Akra-Laurien. Und genau da liegt die Crux.

Alternativen aus Plastik etwa sind meistens schlecht für die Umwelt, weil ihre Produktion auf Erdöl basiert. Um das Material elastisch zu machen, verwenden Hersteller außerdem oft gesundheitsschädliche Weichmacher. Immerhin etwas umweltfreundlicher als der Kunststoff PVC ist Polyurethan. Designer verwenden das Gewebe gerne als Lederersatz bei der Herstellung von Schuhen, weil es dehnbar und atmungsaktiv ist.

Es gibt aber auch natürliche tierfreie Materialien wie Hanf, Kork, Algen oder Gummi und innovative Fasern aus Naturstoffen. Lyocell etwa, das auch als Tencel bekannt ist, wird aus Eukalyptusholz hergestellt und wurde im Jahr 2000 mit dem Europäischen Umweltpreis ausgezeichnet. Das Material ist biologisch abbaubar und fühlt sich angenehm glatt an. Die Faser Modal wird aus zerkleinertem Buchenholz hergestellt und ist knitterarm und elastisch.

Fair, nachhaltig und vegan

Immer mehr Designer produzieren nicht nur umweltfreundlich und vegan, sondern auch fair. Das italienische Label Goodsociety hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst CO2-neutrale Jeans (ohne Lederemblem) herzustellen. Auch das Hamburger Label Recolution legt Wert auf tierfreie und umweltfreundliche Mode, zum Beispiel sportliche Hoodies und Kleider. High Heels, Boots oder Pumps produziert die britische Schuhmarke Beyond Skin in Spanien. Für einen Teil der Kollektion verwenden die Designer recyceltes Plastik, das sich nach der Verarbeitung ähnlich wie Wildleder anfühlt.

Lange hat Julia Akra-Laurien überlegt, welchen Style sie für die ersten beiden Fotostrecken in ihrem Magazin Noveaux auswählen soll. "Ich habe mich für bunte Sachen entschieden, um das Öko-Image loszuwerden", sagt sie. Daher ziert das Cover nun eine knallige Bluse im Pop-Art Stil. Im Winter steht vegane Unterwäsche im Mittelpunkt. Für Akra-Laurien ist das kein Problem, im Gegenteil: eine gute Gelegenheit, um zu beweisen, dass Mode ohne tierische Produkte auch sexy sein kann.

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