Wenn die Trennung bevorsteht, können Schmerz und Wut unermesslich sein. Und so mancher mag in seinem Groll auf den Gedanken kommen: Darf man den oder die Ex nicht einfach vor die Tür setzen?
Das ist schon aus zwischenmenschlicher Perspektive schwierig. Rechtlich könne diese einfache Frage aber gleich „hunderttausend Facetten“ annehmen, sagt Professor Tobias Krug, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Es komme nämlich zum Beispiel darauf an, ob man als Paar verheiratet war, es sich um eine gemeinsame Eigentumswohnung handelt oder die Partner die Wohnung gemeinsam gemietet haben.
Der Partner, der nicht im Mietvertrag steht, hat grundsätzlich kein Recht, in der Wohnung zu bleiben – außer, er hat ein unbefristetes Wohnrecht. In Einzelfällen könnte er sich ein Duldungsrecht erstreiten. Bei Entscheidungen über Duldungsrechte wägt das Gericht ab, welche Partei stärker auf die Nutzung der Wohnung angewiesen ist. Auch der Gesetzgeber regelt einzelne Duldungsrechte, zum Beispiel für Opfer von häuslichen Gewaltverbrechen (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 6 UF 105/24.)
Stehen beide Ehepartner im Mietvertrag, wird das Wohnverhältnis bis zur Kündigung grundsätzlich fortgesetzt. Wer den Mietvertrag aufheben will, müsse bedenken, dass die Kündigung von beiden Mietern ausgesprochen werden muss, sagt Krug. Eine Zustimmung zur Kündigung einzuklagen, sei „nahezu unmöglich“, so der Experte. Sperre sich ein Mieter dagegen auszuziehen, könne man daher versuchen, eine Zuweisung der Wohnung an sich selbst zu erwirken. Zum Beispiel, weil ein Partner sorgeberechtigt ist und die Kinder in der Nähe der Wohnung in die Kita gehen. Dann kann die Zuweisung für die Stabilität und das Wohl der Kinder wichtig sein – so argumentieren manche Richter in solchen Fällen. Auch bei kranken und pflegebedürftigen Menschen haben die Gerichte schon häufiger eine besondere „Wohnbindung“ bejaht, sagt der Experte. Die Hürden seien aber hoch.
Wenn es aber um eine gekaufte Immobilie geht, dann werde es ziemlich schnell ziemlich komplex, sagt Maria Demirci, Familienrechtlerin bei der Kanzlei SNP. Eigentümer einer Immobilie ist, wer im Grundbuch als solcher eingetragen ist. Die meisten Paare – verheiratet oder nicht – tragen sich jeweils zur Hälfte als Eigentümer im Grundbuch ein.

Rechtskolumne:Darf man Miteigentümer aussperren?
Manchmal schlägt Liebe oder Freundschaft in Hass um. Dann kann es sein, dass heimlich das Türschloss ausgetauscht wird. Was tun, wenn einem der Lebenspartner den Zugang zur eigenen Wohnung verwehrt?
Viele verheiratete Paare seien aber überrascht, dass es de facto möglich ist, den Ehepartner vor die Tür zu setzen, selbst wenn dieser Miteigentümer der Immobilie ist. Auch das sei mit der Wohnungszuweisung möglich, sagt Demirci. Insbesondere in der Zeit zwischen Trennung und Scheidung spielten „Eigentümerrechte eine untergeordnete Rolle“, sagt Demirci. Zum Beispiel wollte eine Ehefrau zum Schutz ihrer drei Kinder während der Trennungsphase in der Wohnung bleiben; der Ehemann musste ausziehen, obwohl er alleiniger Eigentümer der Wohnung war. Dem Antrag der Frau, auch nach der Scheidung in derselben Wohnung leben zu dürfen, gab das Oberlandesgericht Frankfurt allerdings nicht statt (Az. 6 UF 87/22).
Selbst wenn die Haus- oder Wohnungsnutzung einem Partner vorübergehend zugesprochen wird, ändert dies nichts an den Eigentumsverhältnissen. Der andere Eigentümer behält seine Rechte und Ansprüche, einschließlich möglicher Entschädigungen für die alleinige Nutzung.
Das gemeinsame Eigentum bewirke sozusagen, dass man sich stärker absprechen und eine Einigung treffen müsse, so der Anwalt Krug: „Ob man etwa die Immobilie verkaufen, real aufteilen oder vom Ex-Partner abkaufen will, das können die Parteien selbst entscheiden“, sagt er. Für diejenigen, die sich allerdings nicht einigen können, ist die Teilungsversteigerung vielleicht eine Option. Aus emotionaler Sicht sei das womöglich das unangenehmste Verfahren, wirtschaftlich betrachtet könne er aber gar nicht sagen, so Krug, ob diese Form der Zwangsversteigerung „pauschal das schlechteste Szenario für die Eigentümer ist“. Die Verkaufserlöse seien immer von der jeweiligen Konjunktur- und Wirtschaftslage abhängig. In München habe die Teilungsversteigerung in der Vergangenheit schon hohe Verkaufssummen erzielt. Vielleicht ist das dann zumindest ein Trost, wenn man traurig über die gescheiterte Beziehung ist.
