Tod von US-Designerin Kate Spade:Die Königin der Handtaschen ist tot

Tod von Kate Spade; Kate Spade

Wurde 55 Jahre alt: Die US-Designerin Kate Spade.

(Foto: dpa)

Geschäftsfrauen liebten ihre augenzwinkernden Entwürfe genauso wie junge Mädchen. Michelle Obama und Herzogin Catherine zählten zu den Fans ihrer Marke. Jetzt ist die Designerin Kate Spade mit 55 Jahren gestorben.

Nachruf von Johanna Bruckner, New York

Kate Spade war selbst ihre beste Markenbotschafterin. Nun lässt sich das auch für andere Designerinnen sagen: Coco Chanel stand für die damenhafte Eleganz ihrer Mode, Vivienne Westwood ist so unangepasst wie ihre Laufsteg-Entwürfe und Victoria Beckham guckt stets streng in die Kameras - die perfekte Miene zu ihren geradlinigen Designs. Kate Spade aber tat öffentlich etwas, das selten ist für Modemenschen, die über ihren Job oft mit einer fast heiligen Ernsthaftigkeit sprechen - vielleicht weil ihnen und ihrem Beruf oft Oberflächlichkeit unterstellt wird. Kate Spade lachte. Nein, sie grinste verschmitzt. Mit ihrer Hornbrille, der kunstvoll-unordentlichen Hochsteckfrisur und den ausgestellten Röcken, oft bedruckt mit neckischen Motiven, erinnerte die Amerikanerin eher an eine Lehrerin. Lieblingsfach: Schabernack.

Ihre Handtaschen - Grundstein ihres internationalen Modeimperiums - hatten schon mal Form und Farbe eines gut abgekochten Hummers. Oder bestachen durch Details wie Hasenohren, die aus einem Einschubfach wuchsen. Die Mode von Kate Spade kam mit einem Augenzwinkern - genauso wie die Frau selbst. Als Spade dem amerikanischen People Magazine 2016 einen Blick in ihr New Yorker Appartement erlaubte, wies sie die Reporter auf ein Beistelltischchen im Wohnzimmer hin. Darauf: Dutzende antike Aschenbecher aus Silber, fein säuberlich nebeneinander aufgereiht. Benutzt würden die nicht, erklärte sie den Reportern: "Ich finde einfach, sie sehen hübsch aus."

In eben diesem Appartement auf der noblen Park Avenue in Manhattan ist Kate Spade jetzt gestorben. Der New Yorker Polizei zufolge hat sich die Designerin das Leben genommen. Mit nur 55 Jahren.

Eine neutrale Farbe? Ganz klar: Grün

Dass große Kreativität und großes Talent manchmal einhergehen mit übermächtigen Dämonen, ist so traurig wie bekannt. Auch die Modeszene trauert nicht zum ersten Mal: Der britische Designer Alexander McQueen beging 2010 Suizid. Das Bild vom gequälten Genie ist am Ende natürlich nur das: ein Bild. Der Komplexität menschlichen Lebens und Leidens wird es nicht gerecht. Genauso mag es sich mit der lachenden Kate Spade verhalten. An dieser Stelle einmal mehr abwertend vom schönen Schein der Mode zu sprechen, würde der Designerin aber nicht gerecht werden.

Das vielleicht wichtigste Markenversprechen ihrer Mode war schließlich, dass sie der Käuferin Freude machte. Weil sie der Designerin Freude machte. In ihrer Jugend durchstöberte Kate Spade, die 1962 als Katherine Noel Brosnahan geboren wurde, die Gebrauchtwarenläden in ihrer Heimatstadt Kansas City nach farbenfrohen Kleidungsstücken. Als sie Jahre später nach einer neutralen Farbe gefragt wurde, nannte sie "Kelly Green" - ein strahlendes Grün. Spade arbeitete als Redakteurin beim Modemagazin Mademoiselle, bevor sie 1993 gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann Andy und einem gemeinsamen Freund ihre erste eigene Kollektion unter dem Namen "Kate Spade New York" herausbrachte.

Die Motivation für Spades erste Handtaschen-und-Accessoires-Kollektion war simpel: Sie war unzufrieden mit dem, was sie in den Läden sah. Sie habe die Idee einer Handtasche gehabt, die funktional und gleichzeitig mondän sei, erklärte sie der New York Times 1999 in einem Interview. Ihr Konzept ging auf: Die mittel- bis hochpreisigen Ledertaschen mit Schleifen-Applikationen, Tier-Motiven und Punkten kamen an. Zunächst bei den Geschäftsfrauen in Manhattan, später auch bei jungen Mädchen und Frauen in westlichen Metropolen außerhalb der USA. Bei der Markenbildung half, dass Spade früh die Idee hatte, das Logo vom Innenfutter nach außen zu verlegen. Fortan liefen nicht nur in New York Frauen mit Handtaschen durch die Straßen, auf denen in goldenen Lettern der Kate-Spade-Schriftzug prangte.

Prominente Fans verhalfen der Marke zu Popularität

Als Spade und ihre Partner das Unternehmen 2006 verkauften, hatten sie ein Modeimperium geschaffen. Die Königin der Handtaschen hatte ihr Portfolio beständig erweitert: Schuhe, Schmuck, Kleidung, Parfum, Etiquette-Ratgeber. Der Weggang der Gründer tat dem Erfolg keinen Abbruch. Die Marke Kate Spade hatte längst mehr als nur eine Botschafterin. Wenn die Darstellerinnen der Kultserie Sex and the City eine Kate-Spade-Tasche am Arm trugen, war das Modell innerhalb kürzester Zeit vergriffen. Auch die frühere First Lady Michelle Obama und die britische Herzogin Katherine wurden schon in Kleidern von Kate Spade abgelichtet.

Kate Spade und ihr Ehemann widmeten sich nach dem Verkauf des Labels erst einmal ihrer Tochter und wohltätigen Zwecken. 2015 versuchte die Designerin, sich noch einmal neu zu erfinden. Wiederum gemeinsam mit ihrem Ehemann und zwei Freundinnen gründete sie das Accessoires-Label Frances Valentine. Bei allem Augenzwinkern trieb Spade der Wille zum Erfolg an: Für das Gelingen ihres neuen unternehmerischen Unterfangens änderte sie ihren Nachnamen in Valentine.

Seine eigene Chefin zu sein, bringe gewisse Freiheiten mit sich, erklärte Spade einmal - so zum Beispiel, bis mittags von zuhause aus im Schlafanzug zu arbeiten. Aber manchmal wünsche sie sich doch, dass ihr jemand Entscheidungen abnehme. "Ich sage zu meiner Tochter im Spaß, dass sie es so einfach hat, weil ich ihr in jeder Sekunde sage, was sie zu tun hat."

Kate Spade hinterlässt ihre 13-jährige Tochter Frances und ihren Ehemann Andy.

Anmerkung der Redaktion: Wegen der wissenschaftlich belegten Nachahmerquote nach Selbsttötungen haben wir uns entschieden, in der Regel nicht über Suizide oder Suizidversuche zu berichten, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Dann gestalten wir die Berichterstattung bewusst zurückhaltend und verzichten, wo es möglich ist, auf Details. Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (http://www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.

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