Chris de Burgh hat der Frau in Rot ein eigenes Lied gewidmet. "I've never seen you looking so lovely as you did tonight, I've never seen you shine so bright", heißt es eingangs in seiner Ode an die "Lady in Red" (1986), einem der größten Hits des irischen Sängers. Noch nie sahst Du so wunderschön aus wie heute Nacht, noch nie hast du so strahlend geleuchtet. Und weiter: "I've never seen so many men ask you if you wanted to dance." Noch nie habe ich gesehen, dass dich so viele Männer zum Tanzen aufgefordert haben.
Frau in Rot bringt Mann also in Bewegung. Ein zufälliger Zusammenhang? Das Gegenteil ist der Fall, zumindest wenn man einer neuen Studie aus Frankreich glaubt, die jüngst Eingang in das renommierte Journal of Social Psychology gefunden hat. Nicolas Guéguen, Verfasser des Aufsatzes und Professor für Verhaltenspsychologie an der Université de Bretagne-Sud will herausgefunden haben, dass Männer rote Kleidung bei einer Frau als Einladung zum Sex verstehen.
120 Studenten zwischen 18 und 21 Jahren nahmen an Guéguens Untersuchung teil. Die Probanden wurden in vier Gruppen eingeteilt und im einem ersten Schritt gebeten, sich das Foto ein und derselben Frau anzugucken - die allerdings viermal ein anderes T-Shirt trug: in Rot, Blau, Grün und Weiß. Anschließend mussten die jungen Männer einen Fragebogen ausfüllen, in dem sie unter anderem die Attraktivität und vermutete sexuelle Bereitschaft der Dame beim ersten Date einschätzen sollten. Ergebnis: Die Laborratte in Red bekam durchweg die höchsten Werte.
Farbe der Verführung
Nun ist es nicht neu, dass Rot mit Liebe und Leidenschaft assoziiert wird. Und Frauen setzen diese Farbeigenschaften durchaus auch gezielt ein, um zu betören. So zwingt Pretty Woman Julia Roberts Filmpartner Richard Gere nicht zuletzt durch ihren Auftritt in roter schulterfreier Robe in die Knie - und zum Liebesgeständnis. Und es ist wohl auch kein Zufall, dass Striptease-Star Dita Von Teese rote Lippen zu einem ihrer Markenzeichen gemacht hat. Doch dass ein einfaches rotes T-Shirt reicht, um den männlichen (Jagd-) Trieb auszulösen!
Nicht nur, dass diese wissenschaftliche Erkenntnis all jene, zumeist Frauen, bestätigt, die Männern mitunter eine tierische Triebhaftigkeit unterstellen. Sollte sie gar nur mit dem roten Geschirrtuch wedeln müssen, damit er ihr bei der Hausarbeit zur Hand geht? Wenn Guéguens Ergebnis Bestand hätte, man müsste das Ende von Teilen der Bekleidungs- und Kosmetikindustrie befürchten. Denn warum sollte Frau noch Geld für teure wie unbequeme Dessous und nicht minder kostspielige Lippenpflegeprodukte ausgeben, wenn es auch ein Schlabbershirt in Signalfarbe tut?
Wer angesichts solch klischeegeladener Überlegungen rot sieht, dem sei zum Trost gesagt: Auch Frauen, so weiß die Wissenschaft zu berichten, sind durchaus farbenblond. Sie fühlen sich zu rotgekleideten Männern hingezogen, weil sie diesen einen höheren Status zuordnen. Das wiederum dürfte zumindest einen Zweig der Bekleidungsindustrie freuen: die Hersteller von Weihnachtsmann-Kostümen.