Strick-Trend:Die an der Nadel hängen

Ob auf den Laufstegen von Paris, im Regionalzug nach Hannover oder im Netz: Die Welt wird derzeit von einem Wahnsinn aus bunter Wolle überzogen. Die schönsten Abarten des allgegenwärtigen Stricktrends.

Lena Jakat

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Ob auf den Laufstegen von Paris, im Regionalzug nach Hannover oder im Netz: Die Welt wird derzeit von einem Wahnsinn aus bunter Wolle überzogen. Die schönsten Abarten des allgegenwärtigen Stricktrends.

Es gab einmal eine Zeit - und sie liegt noch nicht so lange zurück wie die Aufnahme dieser Fotografie im New Hampshire der zwanziger Jahre -, da war das Stricken vieles, aber nicht cool, hip und jugendlich. Da strickten Omas und vielleicht noch hartgesottene Ökos. Doch diese Zeiten sind vorbei. Heute lassen ... 

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... junge, politisch vorbildlich engagierte Menschen die Nadeln klappern. Sie kaufen ihre Pulswärmer, wegen der Kälte und des Indie-Faktors unverzichtbares Accessoire, nicht mehr in staubigen Ethnoläden, sondern stricken selbst. Wer nicht wie hier während der Occupy-Proteste in Washington D.C. von den Alten lernen kann, der findet im Netz zuhauf Anleitungen - und das längst nicht mehr nur auf Hausfrauenportalen, sondern zum Beispiel auch ... 

Magdalena Neuner

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... bei ihr: Zwar trägt Magdalena Neuner von Berufs wegen vor allem Kunstfaser, aber die Biatlehtin hat den Strick-Boom als Nebenverdienst für sich entdeckt. Auf ihrem Portal Magdalena strickt vertreibt die Doppelolympiasiegerin Handarbeitskurse auf DVDs und Strickmuster für Mützen, Schals und Trachtenjacken. 

Von Omas gestrickte Surfermode aus Kassel

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Und dieselben Omas und Großtanten, die noch vor wenigen Jahren alljährlich zu Weihnachten insgeheim für ihre kratzigen Socken gehasst wurden, sind selbst Teil der neuen Handarbeits-Avantgarde. Ein Beispiel: In zwei Kasseler Seniorenheimen häkeln alte Damen für das Label "Alte Liebe" Mützen, die exklusiv in drei angesagten Surfer-Läden in ganz Europa vertrieben werden. 

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Doch nicht nur auf sonnengebleichtem Männerhaar: Strick ist in. Vorbei die langen Jahre, in denen Grobgestricktes bequem statt schön und ohne sehr viel Mut nur auf der heimischen Couch zu tragen war. Und auch von den einfallslosen Schnitten haben sich die Links-Rechts-Links-Produkte verabschiedet. 

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So zeigte Jean-Paul Gautier auf der Prêt-à-Porter-Schau zu Sonia Rykiels 40. Firmenjubiläum schon 2009 in Paris, welcher Sex-Appeal in der Mühsal der zwei Nadeln stecken kann. Erst im Frühjahr stellte Claudia Schiffer ihre erste eigene Kollektion vor. Sie besteht, natürlich, aus Strick. 

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Stricken ist auf Reisen und in Wartesälen die meditative und zugleich erfolgsorientierte Alternative zu Smartphone oder Tablet. Auf der Schiene wird die Handarbeit bisweilen gar vom Zeitvertreib zum Selbstzweck: Beim sogenannten Zugsocking verabreden sich Strickverrückte zum gemeinschaftlichen Nadelklappern in der Bahn. Ziel dieser Fahrten sind oft Ausstellungen, Wollgeschäfte - und ein fertig gestricktes Paar Socken. Aber wer sagt, dass es immer Schals, Mützen oder Strümpfe sein müssen?

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Beim urban knitting wird alles, was sich nicht wehren kann, von subversiven Strickerinnen wie Corrine Bayraktaroglu kurzerhand eingestrickt. Egal, ob ein Baum im US-Bundesstaat Ohio ... 

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... Fahrräder in Südengland, ... 

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... oder die Skulptur vor der Frankfurter Börse: Vor den Verfechterinnen des guerilla knitting ist nichts sicher. Künstlerinnen, die die Städte derart mit bunter Wolle überziehen, wollen damit auch klarstellen, dass der neue Griff zur Nadel nicht etwa ein Rückfall in vorfeministische Tage ist, im Gegenteil. Anhängerinnen dieses "Second Wave Feminism" wollen durch die Strickkunst im Stadtbild eine weibliche Nische in der männlich dominierten Street-Art-Szene schaffen. Der Frankfurter Bulle wurde im August vom Münchner "Kommando Agnes Richter" mit bunten Fäden gezähmt. 

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In Frankreich entzückt derzeit eine Bloggerin die Medien: Anna, Mitte 40, strickt die Nachrichten. Begonnen hat die gelernte Logopädin aus Lille nach der Festnahme von Dominique Strauss-Kahn, weil sie "auf nicht zu boshafte Art lachen" wollte. Inzwischen hat Anna mehr als 60 Puppen gestrickt und für ihren Blog fotografiert, von Carla Bruni-Sarkozy über Angela Merkel bis hin zu Muammar al-Gaddafi. Auf dem Motorrad sitzen François Hollande und Eva Joly, Kandidaten für die französische Präsidentschaftswahl 2012.

Inspiration holte sich die Vertreterin dieser Strickrichtung, die sich analog wohl als news knitting bezeichnen ließe, bei einer Engländerin. 

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Die Frau hatte im Frühjahr vor lauter Vorfreude auf die Eheschließung des Jahres die gesamte königliche Hochzeit nachgestrickt, inklusive der heißgeliebten Corgies der Queen. Für alle, die es ihr gleichtun wollten, gab es gleich mehrere Bücher mit Strickmustern. Und weil offenbar so viele die handgemachten Figuren des öffentlichen Lebens irgendwie putzig oder zumindest witzig genug fanden, um selbst handwerklichen Ehrgeiz zu entwickeln, hat der britische Buchmarkt inzwischen nachgelegt, ... 

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... und Knitlympics aufgelegt. Mithilfe dieses Buchs lassen sich in Vorbereitung auf die Olympischen Spiele im kommenden Jahr in London beliebte Läufer und Speerwerfer nachstricken. Dass er erst gestrickt, dann vielleicht verschenkt und mit ins Bett genommen wird, hätte sich in dieser Form Usain Bolt wohl nicht träumen lassen. 

Bei den Olympischen Spielen 1972 in München war von solchen Auswüchsen des Strickkults noch nichts zu spüren: die italienische 800-Meter-Läuferin Ponata Gouoni während einer Trainingspause. 

© sueddeutsche.de/grc/lala
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