Stilkritik zu rutschsicherem Herrenhemd:Die Zeit der Bürzel ist vorbei

heraushängendes Hemd

Nie wieder unschöne Hemdzipfel überm Hosenbund, verspricht das Gumminoppenhemd Jobbello.

(Foto: Daniel Hofer)

Nie wieder, weder hinten noch vorne, soll dem Mann das Hemd aus der Hose hängen. Dank eines Gumminoppenbundes, der das Kleidungsstück am Hochrutschen hindert. Aber das muss ein Geheimnis bleiben, denn: Sehen will man das nicht. Eine Stilkritik.

Von Violetta Simon

Der Mann und sein Hemd, das ist so eine Sache. Mal ist es am Hals zu eng oder zu weit, dann hängt es über die Arme, oder aber es ist zu kurz. Gemeinerweise spannt es fast immer am Bauch und nur selten an der Brust. Weil die Nöte des Mannes dem Hemd von der Stange aber egal sind, werden die beiden nur selten Freunde. Und so sucht der Herr sein Glück woanders, nämlich beim Maßhemdenschneider. Wenn er es sich leisten kann. Dort wählt er dann aus verschiedenen Stoffen, Farben und Schnitten das eine, das sich perfekt um seinen zu kurzen Rumpf, die zu langen Arme und die zu schmale Brust - oder andersrum - schmiegt.

Beschwingt und zuversichtlich verlässt der Mann den Laden. Da fällt ihm das Portemonnaie aus der Hand, er bückt sich und: Als er sich wieder aufrichtet, ist das neue, auf den Leib geschneiderte Hemd hinten aus der Hose gerutscht und staut sich nun als unansehnliche Beule am unteren Rücken. Als der Mann 20 Minuten später aus seinem Auto steigt, ist ihm während der Fahrt gar ein Bürzel gewachsen - das hintere Ende des Hemdes hängt nun vollständig heraus.

Ein unwürdiger Zustand für ein Maßhemd und ein völlig inakzeptabler für den Mann mit Aktentasche, der zu viele Hemmungen und zu wenige freie Hände hat, um den Stoff kurzerhand an seinen Platz zurückzustopfen. Und hier schlägt die Stunde einer grandiosen Erfindung: Jobbello, das Hemd, das nicht rutscht, weder nach oben noch sonstwohin. Mit einem breiten, straff sitzenden Antirutsch-Bund aus Elasthan sorgt es dafür, dass das Hemd um die Hüften herum eng anliegt und auch dort bleibt. Wie das funktioniert, demonstriert die Erfinderin mit schwäbischem Charme und eingängigen Grafiken auf Youtube.

Jobbello, was wörtlich übersetzt soviel heißt wie "schöner Job", soll dem Mann genau das ermöglichen: erfolgreiches Arbeiten mit Wohlfühlfaktor - und garantiert ohne Maurerdekolleté! Zum Glück ist das Gummizughemd nicht nur dieser Handwerkszunft vorbehalten. Könnte ja sein, dass man sich mal eben nach dem heruntergefallenen Porscheschlüssel bücken muss. Oder beim Golfspielen mit den Geschäftspartnern spontan in die Hocke geht, um den idealen Winkel für den nächsten Schlag zu berechnen.

Nun soll nicht der Eindruck entstehen, dies sei ein elitäres Kleidungsstück, nein! Das Jobbello-Hemd kümmert sich vor allem um die am weitesten verbreitete männliche Problemzone: den Bauch. Betroffene verabschieden sich morgens von ihrem Hosenbund, sein Platz ist unter der Kugel. Früher oder später wandert der Bund dann tiefer, so dass man ihn immer wieder nach oben korrigieren muss. Und das Hemd immer weiter herausrutscht. Bis sich nun auch vorne ein Wust oder gar Bürzel bildet.

Das Gummibündchen-Hemd aber hält still, bleibt brav an seinem Platz, ja, nicht zuletzt und gerade wegen des Bauches, der es zusätzlich am Rutschen hindert. Da fühlt man sich doch gleich ein wenig besser. Endlich ein Hemd, das alles mitmacht, ohne seinen Träger der Lächerlichkeit preiszugeben.

Das Wunderhemd begleitet den Mann aber nicht nur durch dick und dünn, es geht noch weiter: ans stille Örtchen. Dort löst es ein nicht zu unterschätzendes Problem: Sitzt der Mann auf der Toilette, hängt das gewöhnliche Hemd hinter seinem Rücken in die Schüssel, so dass er genötigt ist, es vor dem Bauch zusammenzuraffen und festzuhalten. Das Jobbello hingegen, so die begeisterte Erfinderin, könne man einfach über die Hüfte nach oben rutschen lassen, so dass beide Hände frei blieben. Das ist sicher von Vorteil - nicht nur, wenn man zu jener Bevölkerungsgruppe gehört, die in dieser Situation gern ein Sportmagazin liest.

Allerdings darf man sich nicht daran stören, dass das Jobbello in dieser hochgeschoppten Position an eine zu groß geratene Dirndl-Bluse erinnert. Aus diesem Grund ist übrigens unbedingt darauf zu achten, das Bündchen vor Verlassen der Toilette wieder nach unten zu ziehen.

Womit wir beim eigentlichen Problemchen wären. Wie so viele geniale Ideen ist auch diese zur Geheimhaltung verdammt: In dem Moment, wenn der Mann aus der Deo-Werbung die Krawatte lockert und das Hemd öffnet, um seinen Oberkörper zu präsentieren, muss der Jobbello-Mann mal kurz verschwinden. Ein Gumminoppenbündchen ist nunmal nicht dafür gemacht, eine Dame in Wallung zu versetzen. Andererseits - vielleicht tut er ja genau das Richtige. Weil die wunderbare Frau, die sich gerade auf dem Sofa räkelt, die ganze Zeit nur an eines denken kann: Wie werde ich bloß meine Bauchweghose heimlich los und komme mit Anstand aus diesem albernen Blusenbody raus?

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