Süddeutsche Zeitung

Stilkritik zu Beckhams langer Unterhose:Zieht euch warm an!

Wäre die Welt der Männerwäsche eine Castingshow, die lange Unterhose würde es nicht einmal in den Recall schaffen. Und trotzdem können sich alle Frauen glücklich schätzen, dass es sie gibt.

Lena Jakat

Die Furcht vor Hoch Cooper und seinem eisigen Atem treibt Menschen in ganz Europa derzeit runter von den Straßen und rein in die Geschäfte, wo sie noch das ein oder andere wärmende Teil zu ergattern suchen - ob für Hände, Ohren oder Oberschenkel. Den Einzelhandel freut das, weil er nach einem milden Winter vielleicht doch noch ein bisschen was verdienen könnte. Und ganz besonders dürfte das auch eine schwedische Modekette freuen. Die startete nämlich eben den Verkauf von David Beckhams Unterwäschekollektion. Für das optimale Verkaufsumfeld sorgt auch hier - Cooper.

Die Kollektion des Fußballstars setzt generell eher auf Nutz- denn auf optischen Mehrwert und man fragt sich unweigerlich, warum Victoria Beckham, inzwischen immerhin preisgekrönte Designerin, ihrem Gatten beim Unterhosen-Entwerfen nicht über die Schulter geschaut hat. Doch zwischen all den grauen Slips, Pants, Unterhemden mit und ohne Ärmel hat sich eine Kreation versteckt, die in diesen frostigen Tagen das Zeug zum Verkaufsschlager hat: eine lange Unterhose.

Es ist kein Zufall, dass der gestählte Sportler auf den Plakaten und Pressebildern der Kampagne ausgerechnet dieses Modell nicht präsentiert. Männerwäsche - losgelöst von den Männern darin - besticht generell nur selten durch Sex-Appeal. Langen Unterhosen aber gelingt das: nie. Wäre die Welt der Herrenunterwäsche eine Casting-Show, die lange Unterhose flöge als erstes raus, nein, sie würde es nicht einmal in den Recall schaffen.

Ohnehin sind ja die wenigsten Männerbeine so durchtrainiert wie die von David Beckham. In einer Pelle aus Baumwolle oder Hightechfaser sind die dürren Stecken dann aber endgültig nicht mehr ernst zu nehmen. (Zugegeben, auch der weiblichen Silhouette gereicht die Funktionsunterhose nur sehr selten zum Vorteil).

So schauderhaft die lange Herrenunterhose also aussieht, so glücklich können sich alle Frauen ob ihrer Erfindung schätzen. Denn es ist noch immer um ein Vielfaches angenehmer, ihren Anblick zu ertragen, als einen Mann, der aus optischen Gründen auf sie verzichtet - und sich im Cooperschen Tiefkühlklima einen gemeinen grippalen Infekt einfängt. Wer dann tagelang zwischen einem Krankenlager (von dem nur ab und an ein leises Wimmer dringt) und dem Wasserkocher (um dem Liebsten den Hustentee aufzusetzen) pendelt, wird sich wünschen: Hätte er sich doch ein Beispiel an David genommen und lange Unterhosen getragen.

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