Süddeutsche Zeitung

Ladies & Gentlemen:Trag's mit Fassung

Der rote Teppich bei der Emmy-Verleihung bot viele Highlights - zum Beispiel die lustige Hose von Nicholas Hoult und das unlustige Kleid von Zendaya.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Alles so ernst

Zendaya hat diese Woche wieder einen Emmy für ihre Rolle in "Euphoria" gewonnen, verdient. Wie sie einen drogensüchtigen Teenie spielt, ist beeindruckend, und ja, man nimmt ihr die 16-Jährige ab, obwohl sie 26 ist. Was ja auch noch blutjung ist. Sie trug eine wunderschöne Robe von Valentino und Diamantschmuck von Bulgari. Das ist nun ein Satz, den man eigentlich lieber über 45-Jährige lesen möchte. Aber nur eigentlich, denn er wäre ein Beispiel für Altersshaming, nur in die andere Richtung. Die Stilkritiker überschlugen sich übrigens. Vogue rief das Kleid zum "eigentlichen Star der Emmys" aus und notierte die Beobachtung, die Aufmerksamkeit, die ihr zuteilwerde, liege an ihren Looks, "wenn auch nicht nur". Zendayas Stylist erklärte, Inspiration sei Grace Kelly gewesen. Darf man das, sich als schwarze Künstlerin die Urversion der weißen privilegierten Frau zum Stilvorbild nehmen? Klar, man darf alles, auch wenn man mal über sich selbst gesagt hat, man sei die am einfachsten zu akzeptierende Version einer schwarzen Frau in Hollywood. Das ist eine fürchterlich erwachsene, wahre Aussage - und Zendayas Red-Carpet-Looks sind vor diesem Hintergrund nur logisch - sie sind die textilgewordene Anpassung an eine weiße Show-Industrie. Am liebsten würde man also alle Wokeness über Bord werfen und dem Mädchen zurufen: Sei doch mal lustig, mit jeder Menge geschmacklosem Twen-Gedöns! Aber das wäre schon wieder die Perspektive einer weißen privilegierten Frau, die keine Ahnung vom Leben einer schwarzen Frau hat.

Für ihn: Alles so gestrig

Der Brite Nicholas Hoult gehört zu jener sehr kleinen Gruppe männlicher Schauspieler, die beinahe ein bisschen zu schön sind, um in normalen Rollen ernst genommen zu werden. Seine Gesichtszüge sind derart außergewöhnlich, dass er damit die Leistung vollbrachte, als Kind in der Hornby-Verfilmung "Der Tag der toten Ente" einen superseltsamen und etwas abschreckenden kleinen Jungen zu spielen und nur sieben Jahre später bei Tom Fords "A Single Man" den verführerischsten Liebhaber, den man sich vorstellen kann. Was sein Outfit bei der Emmy-Verleihung diese Woche angeht, so war man auf den ersten Blick geneigt zu sagen, die Zeiger stehen bei ihm eher wieder in Richtung Nerd. Quatsch natürlich, denn der Dior-Anzug hier verfügt mit seiner kurzen Kellnerjacke und weiten Schlaghosen über zwei der angesagtesten Trend-Elemente und verleiht Hoult durchaus eine smarte Silhouette. Es ist nur vielleicht die Ungnade der frühen Geburt, wenn man als Betrachter eine derart heftige Schlaghose immer noch nicht ganz für voll nehmen kann. Oder besser gesagt: Derlei nicht ansehen kann, ohne sofort hintereinander an die Begriffe Uriah Heep, Guildo Horn und Lavalampe denken zu müssen. Also an einige der unflottesten Dinge auf Gottes Erden. Aber sicher, Millennials und ihre Nachfahren sind nicht mehr derart befangen und können vermutlich auch die wieder modern gewordene Schlaghose objektiv als das hinnehmen, was es ist: eine vollkommen affektierte Art, eine Hose zu beenden.

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