Stilkritik: Merkel in Bayreuth:Der Kanzlerin alte Kleider

Die Kanzlerin im Kleid: Dieser Anblick ist ein seltener, und so stürzen sich jedes Jahr zu Bayreuth Fotografen wie Modeanalysten ausgehungert auf dieses Motiv. In diesem Jahr wurden sie allerdings bitter enttäuscht. Eine Stilkritik der Bundes-Festtagsgarderobe des vergangenen Jahrzehnts.

Lena Jakat

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(Foto: dapd)

Die Kanzlerin im Kleid: Dieser Anblick ist ein seltener, und so stürzen sich jedes Jahr zu Bayreuth Fotografen wie Modeanalysten ausgehungert auf dieses Motiv. In diesem Jahr wurden sie allerdings bitter enttäuscht. Eine Stilkritik der Bundes-Festtagsgarderobe des vergangenen Jahrzehnts. Krisengarderobe, 2012 Wenn der Euro den Bach runtergeht und die Konjunktur kriselt, ist demonstrative Sparksamkeit wichtiger als jeder modische Trend. Setzt man nur zum Schein mit seiner Garderobe ein Zeichen der Bescheidenheit, heißt dieser Kleidungsstil austerity chic. Doch dass sie es ernst meint mit der Sparsamkeit, daran lässt die Kanzlerin der Eurorettung in diesem Jahr keinen Zweifel aufkommen: Nicht einmal für den ganzen Strumpf, demonstrieren ihre Nylonsocken, reicht das Geld noch. Auch wenn Stilexperten zu recht höhnisch mahnen, dass hier am falschen Ende gespart wurde, ...

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(Foto: dapd)

... gilt das für die andere, offensichtlichere Konsolidierungsmaßnahme im Kleiderschrank der Kanzlerin nicht. Wie schon Michelle Obama und Herzogin Catherine vor ihr, beweist Merkel in Bayreuth, dass es kein Fashion-Fauxpas ist, dasselbe Kleid nicht nach dem ersten Tragen wegzuwerfen oder bestenfalls zu spenden. Für ihren Auftritt auf dem Grünen Hügel hat sie ein altbekanntes Modell heraus gekramt. Den Wickeltraum in Petrol ...

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(Foto: dpa)

Am Wickel, 2008 ... trug die Kanzlerin schon 2008. Erst drei Monate zuvor hatte Merkel mit einem tief ausgeschnittenen Abendkleid bei der Eröffnung der Osloer Staatsoper die Weltöffentlichkeit in tiefe Verwirrung gestürzt. Die Kreation aus raschelnder Seide, in der sie daraufhin in Bayreuth auftrat, konnte solche Schlagzeilen verhindern - und zwar ohne den Eindruck zu erwecken, wegen des Dekolletee-Zwischenfalls klein beizugeben.

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(Foto: AFP)

Pink peppt (I), 2011 In jenem Jahr schien es, als wolle die Kanzlerin Kolumnisten und Klatschreportern nichts Nervenaufreibendes zumuten. Sie kam, wie man sie kennt: Oben knallig, unten gedeckt. Der einzige Unterschied zum Merkelianischen Dresscode bei Sondergipfeln, Kabinettssitzungen und Fußballspielen: Langes schwarzes Kleid statt Hose. Wären die Wagnerfestspiele eine Mottoparty zum Thema "Bloß nicht auffallen" wäre es sicher das richtige Outfit. Aber halt - dieses schwarze Kleid, da war doch was ...

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(Foto: DPA)

Pink peppt (II), 2000 Schon bei einem der ersten öffentlichen Auftritte in Bayreuth griff die Parteivorsitzende Merkel - damals noch eineinhalb Legislaturperioden vom Kanzleramt entfernt - zu einem ganz ähnlichen schwarzen Kleid. Und auch damals schon setzte die Kanzlerin auf Pink als Stimmungsaufheller. Doch nicht nur ein Farbtupfer kann ein gedecktes Outfit richtig - um ein Wort aus jener Zeit zu gebrauchen - pfiffig machen. Das bewies Angela Merkel ein Jahr später.

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(Foto: AP)

Federlesen, 2001 Statt Schal eine Federboa: Das hätten spitzzüngige Kritiker der Kanzlerin womöglich nie zugetraut. Doch der Frau, die dafür verschrien ist, nicht viel - pardon - Federlesens um ihre Garderobe zu machen, steht das luftige Accessoire nicht nur gut, ...

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(Foto: N/A)

... sie passte sich damit offenbar auch dem unausgesprochenen Dresscode der 90. Wagnerfestspiele an und bewies so fraktionsübergreifenden Harmoniewillen. Grünen-Vorsitzende Claudia-Roth trug die Federn am Dekolletee - und ihr Haar im passenden Farbton. Vielleicht gar nicht schlecht, dass die Kanzlerin diesen Schritt nicht mitgegangen ist.

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(Foto: DPA-SZ)

Japanische Variation, 2002 Die Kanzlerin im psychedelisch bedruckten Kimono - wo gibt's denn sowas? Ihren modisch bislang wohl mutigsten Auftritt absolvierte die CDU-Vorsitzende 2002, kurz vor der Premiere von Tannhäuser. Zu beachten: Pink geht immer - auch zu Blau, Gelb und Türkis.

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(Foto: AP)

Meeresrauschen, 2003 Bewährte Teppichkost statt Experimente: Der Kimono war gestern, konventionelle Ballkleider sind heute: Ab sofort setzte Merkel auf gediegen glänzende Abendkleider, mal mit Stola in Meerestönen, ...

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(Foto: Getty Images)

Lächelnd in Lachs, 2005 ... mal im lachsfarbenen Zweiteiler. Über die unvorteilhaften Eigenschaften des Materials ist schon viel Unpassendes gesagt worden, hervorgehoben sei zum letzten Auftritt der Noch-nicht-Kanzlerin Merkel an dieser Stelle Anderes. Die rosa Schuhe unter dem rosa Rüschensaum zum Beispiel: Sehr elegant. Und die passende Tasche: auch sehr elegant.

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(Foto: AP)

Wandelbar, 2007 Zur Halbzeit ihrer ersten Legislaturperiode als Kanzlerin schien sich Angela Merkel schon so an den Blazer gewöhnt zu haben, dass sie ihn wohl auch auf dem Roten Teppich zu Bayreuth nicht mehr missen wollte: Allerdings trug sie ihn - dem Anlass angemessen - mit Halbarm und in einem changierenden Lilaton. Vorschnelle Schlüsse für vielanalysierten Politikstil der Kanzlerin sollte man aus der wandelbaren Eigenschaft der Robe freilich nicht ziehen.

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(Foto: ddp)

Roboterliebe, 2009 Wollte Frau Merkel im Jahr des Wahlkampfes noch einmal ihre Unterstützung für die deutsche Maschinenbauindustrie unterstreichen? Oder hätte Gold in Zeiten der Finanzkrise schlicht dekadent gewirkt? Warum die Kanzlerin wie diese einfarbig silbrigen Pantomimen in Fußgängerzonen aussehen wollte, wird für immer ein Rätsel bleiben.

Stilkritik: Merkel in Bayreuth

Nie ohne meine Hose (2010)

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(Foto: dpa)

Und sie hat es doch getan: Eigentlich gehört auf den roten Teppich eine Robe, oder zumindest ein Rock. Mit ihren Mega-Hosen dachte die Kanzlerin wohl, sie könnte diese eiserne Showbiz-Regel umgehen. Naja, einen Versuch war es wert. Dear visitors from Photoshop Disasters, it's lovely to have you around! There is no disaster to see here, except a fashion disaster maybe, but this judgement is up to you. No flying handbag, as you can see here. Sorry to disappoint you, but have a look around and make yourself comfortable in our little place! Kindest regards, your sueddeutsche.de-team

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