Stilkritik:Hohe Absätze

Foto: Mary Schwalm/AP (Foto: N/A)

US-Politiker Marco Rubio ist in Cowboystiefeln mit fünf Zentimeter hohen Absätzen aufgetreten. Darf er das?

Von Titus Arnu

Als kleiner Mann muss man oft Langmut beweisen. Ständig reißen rücksichtslose Riesenblödmänner Witze über einen. Wenn zum Beispiel der derzeit größte Fußballer des Planeten, Lionel Messi, ein Kopfballtor macht, betonen die Kommentatoren reflexartig, wie gigantisch das für so einen Zwerg sei. Messi misst "nur" 1,70 Meter. Gnom, Knilch, Wicht, Troll - die Liste der Schimpfwörter für kurze Männer ist lang. Als Betroffener kann man nur versuchen, irgendwie drüberzustehen, auch wenn das körperlich sehr schwer ist.

Oder man schummelt. Tom Cruise (1,70) und Nicolas Sarkozy (1,65) tragen bei öffentlichen Auftritten gerne Zauberschuhe mit extradicken Einlagen, die sie fünf bis zehn Zentimeter größer machen. Der republikanische US-Politiker Marco Rubio ist im Wahlkampf gerade in Cowboystiefeln mit fünf Zentimeter hohen Absätzen aufgetreten. Dabei verkörpert der Senator mit immerhin 1,78 Meter genau den amerikanischen Durchschnittsmann.

Rubio hat ein "Bootgate" ausgelöst

In den USA wird Rubios Schuhwerk nun zum "Bootgate" hochstilisiert: Der großkotzige Donald Trump (1,88) lästerte, Rubio habe wohl einen Minderwertigkeitskomplex; Jeb Bush versprach: "Ich werde garantiert keine High Heels tragen." Nur das Frauenmagazin Elle lobte den "fabelhaften" Look - in konservativen Kreisen kein ideales Kompliment für einen Mann.

Man könnte jetzt noch etwas Großartiges schreiben über Macht und kleine Männer. Aber an dieser Stelle fehlt genau das, was Rubios Stiefel auszeichnet: zwei fünf Zentimeter lange Absätze.

© SZ vom 12.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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