Spezi in der Welt:Frankensteins Limo-Monster

Spezi in der Welt: Beim Starkbierfest in Gründing griff Ulrich Sedlmair kürzlich versehentlich statt zum Dunklen zum Spezi.

Beim Starkbierfest in Gründing griff Ulrich Sedlmair kürzlich versehentlich statt zum Dunklen zum Spezi.

(Foto: DAH)
  • Ein britischer Journalist macht eine schockierende Entdeckung: Manche Menschen mischen Cola mit Orangenlimo.
  • Der Erfolg von Spezi-Getränken ist bislang auf den deutschsprachigen Raum begrenzt. Könnte sich das demnächst ändern?

Von Lena Jakat

Als Alan White kürzlich mit seinem Kollegen in London Mittagessen war, machte er eine erschreckende Entdeckung: Der Kollege mischte seine Cola mit Fanta. "Shocking", befand White und fragte sich: Ist das ein neuer "verstörender" Trend unter jungen Leuten? Weil White Journalist beim Online-Magazin Buzzfeed ist und viele junge Leute unter seinen Kollegen hat, startete er eine investigative Recherche. In deren Verlauf stellte sich für ihn nicht nur heraus, dass das Cola-Fanta-Gemisch unter jungen Londonern tatsächlich ein Ding zu sein scheint. White machte auch die Entdeckung, dass es nicht weit von England entfernt ein Land gibt, deren Jugend seit Generationen diese braune Brause trinkt.

Wie andere große deutsche Erfindungen (der Diesel-Motor, das Feinripp-Unterhemd) stammt auch das* Spezi aus dem bayerischen Schwaben. Die Augsburger Brauerei ließ den Begriff 1956 als Marke eintragen und vertrieb darunter mittels des müden Slogans "Ein Spezi muss dabei sein" zunächst Bier. In den darauffolgenden Jahren verwandelte sich das Getränk dann in das, was jetzt junge Londoner staunend verkosten. Und der Mix "fand viele Freunde", wie es in schwäbischem Understatement in der Markenchronik heißt.

Nun gibt es neben dem Original mit dem orange-weißen Tennisball inzwischen zahllose Varianten des Fanta-Cola-Mischgetränks (hier von den Kollegen der jetzt.de-Redaktion fachmännisch getestet). Der Limo-Hegemon Coca-Cola vertreibt seine Version als Mezzo-Mix, allerdings nur in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Finnland.

Der Rest der Welt ist darauf angewiesen, Cola und Orangenlimo manuell zu mischen. Nicht nur in Großbritannien, auch anderswo in der anglophonen Welt wird darüber in einer Art und Weise diskutiert, die bisweilen an hiesige Debatten unter Bierfundamentalisten erinnert. Radler oder gar Bananen-Weizen? Welch ein Frevel! Das Spezi scheint für viele US-Amerikaner einem Verstoß gegen das Reinheitsgebot gleichzukommen.

Doch seit ein paar Jahren gibt es Bestrebungen, dieses Dogma in den Vereinigten Staaten aufzubrechen. Unternommen werden sie nicht etwa vom 1977 gegründeten Spezi Markengetränkeverband, sondern ausgerechnet von Coca-Cola. Allerdings heißt das nicht, dass das Mixgetränk nun auch dort ausgeliefert wird.

Schuld daran ist die Verbreitung der "Coke Freestyle Machine". An diesem Automaten lassen sich mehr als 125 Getränke und Geschmäcker aus Amerikas größter Limo-Familie beliebig mischen - ein Gefühl wie "als Kind in einem Süßigkeitenladen", so beschrieb es ein kanadischer Tester. Angesichts dieser Qual der Wahl waren zwei Autoren des New Yorker Food Blogs Serious Eats froh um den völlig ausgefallenen Tipp einer Bekannten: "Mischt doch mal Cola mit Fanta!"

Ob sich die trübe Limo tatsächlich in der englischsprechenden Welt durchsetzt, bleibt abzuwarten. Alan White hat sich jedenfalls nicht davon überzeugen lassen. Für ihn bliebt es "Frankensteins Limomonster".

*Über das grammatikalische Geschlecht von Spezi herrscht Uneinigkeit. In diesem Text wurde aufgrund persönlicher Präferenzen das Neutrum verwendet.

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