All die Einkäufe sind erledigt – und man selbst ist es auch. Jetzt noch den Abend auf dem Balkon ausklingen lassen. Doch, so ein Mist, wo ist denn bloß der Sonnenschirm hin? Zur Mittagszeit stand er hier noch aufgespannt herum. Prompt klingelt es an der Tür, die Nachbarin steht dort. Ein Windstoß hat den Schirm auf ihren Balkon befördert. Zum Glück ist nichts zu Bruch gegangen. Aber was wäre wenn? Ist man für solche Fälle abgesichert? Und darf man einen Sonnenschutz seiner Wahl am Balkon fixieren, sodass er nicht wegfliegen kann?
Wer einen Sonnenschirm aufstellen will, benötigt dafür meist keine Einwilligung des Vermieters, solange man beim Anbringen nicht in die Hausfassade bohrt. Das wäre dann ein Eingriff in die Bausubstanz, für den sich der Mieter die Genehmigung des Vermieters einholen muss, erklärt Gerold Happ, Geschäftsführer Immobilien- und Umweltrecht beim Verband Haus und Grund Deutschland in Berlin. Für eine Markise muss meist gebohrt werden, dafür braucht man in der Regel die Erlaubnis des Vermieters. Das liegt auch daran, dass sich durch eine Markise das Erscheinungsbild einer Fassade dauerhaft verändert.
Gerichte kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, was Markisen angeht. So hatte ein Vermieter seinem Mieter aus ästhetischen Gründen untersagt, eine Markise anzubringen. Er schlug ihm vor, stattdessen Sonnenschirme aufzustellen. Das Landgericht Berlin urteilte zugunsten des Mieters – er habe einen Anspruch auf ausreichenden Schutz vor Sonneneinstrahlung – und damit auf eine Markise. Bei fachgerechter Montage drohe kein Schaden am Mauerwerk des Hauses, stellte das Gericht fest. Es gestattete allerdings die Montage der Markise nur unter der Bedingung, dass eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen und eine zusätzliche Kaution für Rückbaukosten in Höhe von 1500 Euro zur Absicherung des Vermieters hinterlegt werde (Az. 64 S 322/20).
In einem ähnlichen Fall bewerteten die Richter hingegen die optische Beeinträchtigung der Fassade als so gravierend, dass sie dem Vermieter recht gaben. Der hatte das Anliegen des Mieters, eine Markise über der Terrasse seiner Erdgeschosswohnung anzubringen, abgelehnt. Eine Markise beschädige das Erscheinungsbild der „puristisch erbauten Wohnanlage aus dem Jahr 2016“, argumentierte das Amtsgericht Köln. Zudem sei die Terrasse groß genug, um Sonnenschirme oder einen mobilen Pavillon aufzustellen. (Az. 201 C 62/17).
Also lieber einen Sonnenschirm statt einer Markise? Einfacher ist das meist schon. Aber auch bei Sonnenschirmen gibt es einiges zu beachten. Erst einmal sollte der Schirm nicht auf das Nachbargrundstück ragen, erklärt Happ. „Wichtig ist außerdem, dass dieser ordentlich befestigt ist. Der Mieter ist für den Schirm verantwortlich und muss für die damit verbundenen Gefahren einstehen.“
Sonnenschirme lassen sich am Geländer festschrauben; das sorgt für Stabilität und hat den Vorteil, dass man dann nicht die Bausubstanz beschädigt. In der Hausordnung kann es Vorschriften dazu geben, wie ein Sonnenschirm befestigt sein sollte, etwa auf der Innen- oder der Außenseite des Geländers, darauf weist der Rechtsanwalt hin.
Dass ein Sonnenschirm beim Verlassen des Hauses eingeklappt werden müsse, sei nirgends festgeschrieben, stellt Gerold Happ fest. Er empfiehlt allerdings, dies dennoch zu tun. „Wenn dort Wind drunter kommt, und der Schirm die Hausfassade beschädigt oder einen Mieter trifft, könnte im Worst Case eine Abmahnung drohen.“ Denn Mieter haben eine Obhutspflicht in Bezug auf die ihnen anvertraute Wohnung und die dort platzierten Gegenstände.
Sollte der Schirm von einer Böe erfasst werden und auf den Nachbarbalkon oder den neuen Pkw des Nachbarn fallen, springt die Haftpflichtversicherung des jeweiligen Mieters ein. Das sei auch der Fall, wenn der Schirm Feuer fange, sagt Happ. Ist die Markise beispielsweise unzureichend verankert und kracht auf die Brüstung des Nachbarbalkons, gilt grundsätzlich: Ist sie vom Mieter installiert worden, haftet dieser für dadurch entstandene Schäden. Hat der Vermieter die Markise angebracht, so muss dieser dafür aufkommen.
Die Sicherheit ist die eine Sache, die Gestaltungsfreiheit die andere. Letztere ist beispielsweise im Zentrum der nordhessischen Stadt Bad Sooden-Allendorf erheblich eingeschränkt. In der Altstadtsatzung ist genau vorgeschrieben, wie Markisen und Schirme auszusehen haben. Die Stadtväter kamen zu dem Schluss, dass nur ein beige-, pastell- oder sandfarbener Sonnenschutz mit den historischen Fachwerkhäusern harmoniert. Wer das – und weitere Vorgaben missachtet – muss mit einem Bußgeld rechnen.