Kolumne: "Eigener Herd":Feinstes Blattgold

Lesezeit: 3 min

Salat aus eingelegten Pfifferlingen, gelben Tomaten, gebratenem Pfirsich und Zucchini-Blüten. (Foto: Marten Rolff)

Pfifferlinge gehören zu den beliebtesten Pilzen. Für einen sommerlichen Salat sollte man sie einmal mit farblich passenden Zutaten kombinieren. Ton in Ton in der Küche? Klingt seltsam, schmeckt aber hervorragend.

Von Marten Rolff

Der Hochsommer gehört zu den schönsten Zeiten für die Küche. Vor allem aber ist er eine der dankbarsten. Das liegt natürlich daran, dass sich die Erntetermine so vieler großartiger Zutaten mindestens überlappen; auf einem Markt weiß man gerade gar nicht, wo man zuerst zugreifen soll. Am besten wirft man deshalb so viel wie möglich zusammen, zum Beispiel Pfifferlinge, Tomaten und gelbes Steinobst wie Aprikose, Marille, Pflaume oder Pfirsich.

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Eine Orientierung dafür, warum das gut zusammenpasst, bietet die Chutney-Köchin Susann Till aus Stade bei Hamburg. Als gelernte Schneiderin stammt sie eigentlich aus der Modebranche, doch nach einer schweren Erkrankung machte sie sich mit 69 Jahren (!) als kulinarische Unternehmerin selbständig. Den großen Erfolg ihrer Chutneys - sie stehen heute in 200 Läden - führt Till ( bysusann.de) auch darauf zurück, dass sie Obst und Gemüse oft nach Farben kombiniert, das mache Spaß, sehe gut aus, und funktioniere geschmacklich in den meisten Fällen, findet sie. Eine Vorgehensweise, die die Aromentheorie zumindest teilweise untermauert, mit biochemischen Argumenten, die hier zu weit führen würden. Doch dass sich Zutaten, in gewissen Grenzen, nach Farben kombinieren lassen, zeigt auch die hochästhetische Küche der deutsch-schweizerischen Sterne-Köchin Tanja Grandits.

Auch zu Kartoffelsalat passen Pfifferlinge gut

Im Restaurant "Narbasu" im spanischen Asturien machen sie aus der unschlagbar goldenen Sommerkombi - Pfifferlinge, gelbe Kirschtomaten und Pfirsich im ungefähren Mengenverhältnis 2:1:1 - einen so schlichten wie eleganten Salat, der mit in Streifen geschnittenen Zucchini-Blüten sogar noch um einen vierten gelb-orangen Tupfer erweitert wird. Das Narbasu, das auch ein Hotel ist, liegt ziemlich abgelegen am Rande der Picos de Europa, die Küche ist für das sonst gern deftig speisende Asturien angenehm gemüsefreundlich (Tomate gefüllt mit Tomate!) und auf unprätentiöse Weise fein, was vor allem an der Frische und Qualität der Zutaten liegt. Vom hauseigenen Gemüsegarten haben Koch und Gärtner einen Blick auf die Berggipfel, die sich hier zu einem Relief von grandioser Tiefe hintereinander schichten. Ein schöner Blick ist in Asturien einerseits keine große Sache, in Reiseführern über die autonome spanische Provinz stehen mitunter Sätze wie "Ähnlich wie die Schweiz, nur mit Atlantik", was nicht übertrieben ist. Für diese Essenskolumne hat der Blick insofern Bedeutung, als er wieder mal ein Beweis dafür ist, dass man - Vorsicht, jetzt wird es fast buddhistisch - die Schönheit eines Ortes durchaus schmecken kann.

(Foto: N/A)

Für den Salat wurden die Würfel eines reifen Pfirsichs sehr kurz angeröstet, die Kirschtomaten schlicht geviertelt, für den gurkig-grasigen Sidekick alles um ein paar kurz blanchierte, bissfeste Zucchini-Würfel ergänzt und mit Zucchiniblüten-Streifen dekoriert. Die Pfifferlinge waren zuvor eingelegt und mariniert worden, was in (eventuell gewürzter) Salzlake geht. Man kann die Pilze aber auch kurz anbraten oder in Wasser ( 1 l auf 500 g Pilze) mit einem kräftigen Schluck Essig bei geringer Temperatur im Ofen dämpfen (etwa 120-140 Grad) und sie dann kurz im eigenen Saft ziehen lassen. Vom Pilzwasser sichert man am Ende 1-2 EL für die Vinaigrette. Die Salatsoße sollte mit einem mildfruchtigen, säurearmen Essig angerührt werden, dazu reichen wenig Senf, Salz und Pfeffer, sowie ein eher neutrales Öl, damit die Hauptzutaten glänzen können. Aber auch ein zart nussiges Öl passt gut. Der beliebteste Sommerpilz Mitteleuropas, der fruchtige, aber auch pfeffrige Noten hat, ist flexibel und lädt zum Experimentieren geradezu ein. Die Tomaten für den Salat dürfen natürlich auch rot oder grün statt gelb sein und der Pfirsich zum Beispiel eine Aprikose. Avocado und wenig feiner Blattsalat machen sich ebenso gut in dieser Kombi wie etwas gebratene Pancetta oder ein paar geröstete Kerne. Diesem edlen Pilz sollte man nur gute Zutaten gönnen.

Gemessen daran, wie beliebt Pfifferlinge in Deutschland sind, dürften die Rezepte (auch in den Kochbüchern übrigens) bei uns gerne ein wenig filigraner sein. Um den Pilz geschmacklich hochleben zu lassen, sind Sahnesoßen, Kürbissuppeneinlagen oder Schnitzelbegleitung als Ratschlag manchmal zu wenig. Im relativ neuen Band "Pilzküche. 100 Rezepte für Sammler und Genießer" (Tre Torri) findet sich dann ein eher rustikales Pfifferling-Rezept, das Beachtung verdient: Pfifferling-Kartoffelsalat. Mit dem goldgelben Dreiklang der Hauptzutaten - Pilze, Kartoffeln, Zwiebeln - wäre auch dieses Rezept ein Beleg für das Kochen nach Farben.

Für 4-6 Personen 1 Kilo neue, festkochende Kartoffeln, etwa Annabelle, in Salzwasser gar kochen, leicht abkühlen lassen, pellen und in Scheiben schneiden. Die Würfel einer mittleren Zwiebel in 2 EL Raps- oder Sonnenblumenöl kurz glasig dünsten, Temperatur leicht erhöhen und 500 g geputzte Pfifferlinge (nicht waschen, sonst leiden sie, sondern mit dem Küchenpinsel vom Sand reinigen) mitbraten. Alles mit 3 EL Apfelessig ablöschen, 350 ml Fleisch- oder Gemüsefond angießen, kurz aufkochen und mit 1 TL Senf, Pfeffer und Salz abschmecken. Diesen Pilzfond noch warm über die Kartoffelscheiben gießen, 1 Bund gehackten Schnittlauch zugeben, alles vorsichtig unterheben, den Salat kurz durchziehen lassen und lauwarm essen. Wer mag, mischt vor dem Servieren noch etwas Vogerlsalat darunter.

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