RechtskolumneDarf man einen smarten Türspion installieren?

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Smarte Türsprechanlagen lassen sich auch mit einem Smartphone vernetzen – problematisch für den Datenschutz.
Smarte Türsprechanlagen lassen sich auch mit einem Smartphone vernetzen – problematisch für den Datenschutz. (Foto: picture alliance/dpa/S. Siedle & Söhne OHG)

Moderne Türklingeln mit Kamera sollen Wohnanlagen sicherer machen. Was es bei so heiklen Themen wie Datenschutz und Persönlichkeitsrecht zu beachten gibt.

Von Stephanie Schmidt

Endlich ist er da, der Handwerker, um den verstopften Abfluss des Spülbeckens in der Küche zu reparieren. Eindeutig ist auf dem Mini-Bildschirm in der Wohnung ein kräftiger Kerl im Blaumann mit Werkzeugkasten zu erkennen, der vor der Haupteingangstür des Mehrparteienhauses steht. Manche freuen sich, wenn der Vermieter eine moderne Klingelanlage mit Videoübertragung installieren lässt, weil man sich damit frühzeitig vergewissern kann, wer einen aufsuchen will. Andere lehnen jegliche Art von Videotechnik in der Umgebung ihres Zuhauses ab. Braucht der Vermieter für eine smarte Klingelanlage die Zustimmung der Mieter?

„In der Regel nein“, sagt Reinhold Okon, Spezialist für Datenschutz in der Immobilienverwaltung aus Karlsfeld in Oberbayern. „Und prinzipiell passt das Videoklingelschild auch zur Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes, die auf mehr Sicherheit und Wohnwertverbesserung abzielt“, sagt der vom Bundesverband Deutscher Fachgutachter und Sachverständiger (BDFS) geprüfte IT-Experte.

Smarte Türsprechanlagen müssen allerdings verschiedene Voraussetzungen erfüllen, damit man sich rechtlich auf der sicheren Seite positioniert. So sollte die jeweilige Situation am Klingeltableau nicht länger als circa 60 Sekunden per Video an den Bewohner eines Mehrparteienhauses übermittelt werden; die aufgezeichneten Videos dürfen nicht dauerhaft gespeichert werden. Dazu gibt es ein höchstrichterliches Urteil (Bundesgerichtshof, Az. V ZR 210/10). Aus der Perspektive einiger Datenschützer stellt indes bereits die Aufzeichnung einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) dar. Besser ist es jedenfalls, die Klingelanlage speichert gar keine Aufnahmen. Für den Fall, dass es Aufzeichnungen gibt, betont Okon: „Man darf sie niemals benutzen.“ Das gilt selbst dann, wenn man einen Einbrecher gefilmt hat und das Video zum Beispiel ins Internet stellt oder es auf andere Weise verbreitet. Denn das stellt einen Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar.

Bei Videogegensprechanlagen sollte sich das Sichtfeld auf das Szenario unmittelbar im Bereich der Klingelanlage beschränken. Was es auch zu bedenken gilt: Videos sollten erst dann zu sehen sein, nachdem der Klingelknopf gedrückt wurde.

Rechtsfrage
:Darf man an seinem Haus eine Kamera installieren?

Überwachungsvideos am oder im Wohngebäude aufzuzeichnen, ist eine heikle Sache. Das gilt insbesondere für Vermieter, aber auch für Mieter und Eigenheimbesitzer. Worauf es ankommt.

Von Stephanie Schmidt

Ein Videoklingelschild als Teil eines Smart Homes lässt sich ohne Weiteres mit anderen Geräten vernetzen und etwa an ein Smartphone oder Tablet koppeln. Ein Vermieter darf jedoch nicht von seinem Mieter verlangen, dass dieser etwa sein eigenes Smartphone oder seinen Laptop einsetzen muss, damit die neu installierte Videoklingelanlage funktioniert. In einem solchen Fall kann der Vermieter davon ausgehen, dass er die moderne Technik wieder demontieren und die analoge Klingel wiederherstellen muss (Amtsgericht Charlottenburg, Az. 202 C 105/22).

Insbesondere smarte Türklingeln aus Fernost können oft viel mehr, als es der Gesetzgeber erlaubt, daher rät IT-Experte Reinhold Okon von solchen Systemen ab. Man möge sich im Zweifelsfall besser eine Video-Türklingel etwa von Ring, einer Eigenmarke von Amazon, oder eine Google Nest Cam zulegen.

Und wann dürfen Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) eine Video-Türklingel-Anlange installieren? „Nachdem eine einfache Mehrheit der Eigentümer auf der Eigentümerversammlung den Beschluss gefasst hat, dass sie eine solche Neuerung wünscht“, erklärt Okon, der bereits zahlreiche Hausverwalter und WEG rund um Videoüberwachung und Datenschutz beraten hat. Werden in einer Wohnanlage Kameras oder eine smarte Türklingelanlage installiert, dann sollte dafür eine Dokumentation angefertigt werden, die detailgenau beschreibt, was es damit auf sich hat und inwiefern die Anlage Datenschutz-konform eingesetzt wird, empfiehlt Okon.

In der Praxis herrscht offenbar vielerorts noch datenrechtliche Ahnungslosigkeit. Immer wieder erfährt der Datenschutz-Spezialist von Hausgemeinschaften, die mehrere Videokameras installierten, ohne dass dafür ein besonderer Anlass, etwa wiederholte Sachbeschädigung, bestand. Dazu stellt Okon fest: „Eine Vollüberwachung wie in Fort Knox ist in einem solchen Fall sicher unzulässig.“

Der grelle Ton ihrer Video-Türklingel nervt die Autorin. Und ihre Katzen nehmen sofort Reißaus.
Der grelle Ton ihrer Video-Türklingel nervt die Autorin. Und ihre Katzen nehmen sofort Reißaus. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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