Sikh-Street-Style:Schick mit Turban

Turban + Bart = al-Qaida: So lautet die einfache Rechnung vieler Menschen, denen Pardeep Singh begegnet. Der Brite gehört der Sikh-Religion an. Weil er findet, dass Turban tragende Männer in der Modewelt unterrepräsentiert sind, hat er einen eigenen Street-Style-Blog gestartet.

Von Antonie Rietzschel

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Pardeep Singh

Quelle: Pardeep Singh

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Turban + Bart = al-Qaida: So lautet die einfache Rechnung vieler Menschen, denen Pardeep Singh begegnet. Der Brite gehört der Sikh-Religion an. Weil er findet, dass Turban tragende Männer in der Modewelt unterrepräsentiert sind, hat er einen eigenen Street-Style-Blog gestartet. 

Für Pardeep Singh (im Bild) ist der Turban seine Krone: "Wir Sikhs glauben, dass jeder von uns sein eigener König ist." Bei anderen löst seine Kopfbedeckung dagegen Misstrauen aus. "Die Leute setzen das Bild eines Mannes, der Bart und Turban trägt, mit al-Qaida gleich", sagt er. Dieses Klischee will der 22-Jährige durchbrechen - mit einem Modeblog.

Aufgewachsen ist Pardeep Singh in einer Kleinstadt der englischen Grafschaft Essex. Dort würden vor allem Weiße leben, sagt er. Mit offenem Rassismus sei er nie konfrontiert gewesen, höchstens mit Verwirrung. "Sie wussten nicht, wer oder was ich war: Pakistaner, Afghane oder Inder." Pardeep Singh weiß, wer er ist. Er ist ein Sikh. Mehr noch: Er ist ein Sikh, der Mode liebt. Doch in der Modewelt scheint es keinen Platz für Männer wie ihn zu geben. "Auf den Modeblogs, die ich regelmäßig besuchte, war kein einziger Turban tragender Sikh zu sehen", sagt Singh. "Deswegen habe ich dann einfach meine eigene Seite gemacht."

Pardeep Singh

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Als er 17 Jahre alt ist, wird die Fotografie seine Leidenschaft. Seit März dieses Jahres veröffentlicht er auf Singh Street Style Bilder von Männern, die so sind wie er: Sikhs mit Turban, die sich ziemlich viele Gedanken um ihr Äußeres machen. "Ich möchte Sikhs dazu bringen, stolz darauf zu sein was sie sind und ihnen Selbstbewusstsein geben", sagt er.

Die Fotos sollen zeigen, dass die Religion einen nicht daran hindert, sich auszuleben. "Einen Turban zu tragen bedeutet nicht, dass du nichts Kreatives machen kannst", sagt Singh. Genausowenig wie die Welt niemand daran hindern soll, seine Religion auszuüben.

Pardeep Singh

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Niemand anderes kann diese Botschaft wohl besser vermitteln als Jatinder Singh. Er war der erste Sikh, den Pardeep Singh für seinen Modeblog fotografierte. Der 25-Jährige arbeitet trotz Turban als Model. Er wurde für die Jeansmarke Levis und das Modemagazin GQ fotografiert. In diesem Jahr lief er auf der Londoner Fashion Week über den Laufsteg.

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In Großbritannien leben mehr als 700.000 Sikhs, die meisten von ihnen in England. Einer aktuellen Befragung zufolge haben 53 Prozent von ihnen schon einmal Rassismus erfahren. Pardeep Singh sendet deswegen mit seinem Blog auch ein deutliches Signal an Nicht-Sikhs, wenn er sagt: "Wir sind trotz Turban und Bart ganz normale Menschen."

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Im Mittelpunkt des Blogs steht allerdings ganz klar die Mode. Seine Motive findet Pardeep Singh, wie soll es auch anders sein, in der Modehauptstadt London, wo er Literaturwissenschaften studiert. Ihm geht es beim Fotografieren nicht nur darum, dass die Männer Turban tragen. "Ihr Outfit muss irgendwie schick oder ausgefallen sein", sagt er. Bei diesem Sikh kommt beides zusammen. Der kleine Dolch macht diese Kombination außergewöhnlich - gleichzeitig ist er ein rituelles Symbol der Sikh.

Pardeep Singh

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Bei Facebook hat die Seite zum Blog bereits mehr als 5000 Fans, die BBC und der Guardian haben schon über ihn berichtet. Nicht zuletzt weil sich auch prominente Sikhs von Pardeep Singh fotografieren lassen. So wie Madhu Singh, der durch seine schweißtreibende Michael-Jackson-Performance in der britischen DSDS-Version Britain´s Got Talent bekannt wurde.

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Fauja Singh ist der älteste Langstreckenläufer der Welt. Er lief im Alter von 100 Jahren einen Marathon. Im Februar 2013 beendete er seine Laufkarriere. Die Leidenschaft für Mode scheint Fauja mit Pardeep zu teilen.

Pardeep Singh

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Sikhs sehen ihren Körper als einen Tempel. Das Haar gilt als Teil des Körpers und darf daher nicht abgeschnitten werden. Vor allem bei den Männern ist es deswegen üblich das Haar durch einen Turban zu bedecken. Wie ausgefallen diese Kopfbedeckungen sein können, zeigt der Blog ebenfalls: Es gibt unterschiedlichste Farben - aber auch jede Menge Möglichkeiten, den Stoff zu binden: indisch rund, afrikanisch dreieckig oder - wie auf diesem Bild - rastafarimäßig aufgetürmt.

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Pardeep Singh selbst trägt seit seinem zehnten Lebensjahr Turban, davor bedeckte er sein Haar mit einem Tuch. "Ich bin stolz darauf, dieser Religion anzugehören und ich zeige es gern. Gleichzeitig zelebriere ich durch das Tragen des Turbans meine Einzigartigkeit", sagt er. In den Schränken des gebürtigen Engländers lagern bis zu 40 Turbane, lange Stoffbahnen in verschiedenen Farben. "Ich brauche meist nur eine Minute, um meinen Turban zu binden", sagt er. Oft wählt er die schmale afrikanische Form, so wie auf dem Bild.  

Der "Sex and the City" - Charakter Carrie Bradshaw trug schon Turban. Der Designer Jean Paul Gaultier ließ seine männlichen Models im Sommer 2012 damit über den Laufsteg laufen. Pardeep Singh hat dagegen nichts einzuwenden, dass die Kopfbedeckung auch als reines Accessoire genutzt wird: "Wenn die Menschen glauben, der Turban sei cool, ist das okay - so lange ihnen klar ist, dass wir ihn aus anderen Gründen tragen."

Pardeep Singh

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Vor seinem Studium hat sich Pardeep Singh überhaupt nicht für Mode interessiert. "Ich habe immer die Klamotten meiner Cousins getragen - die waren mir immer viel zu groß und schlackerten an mir herum", sagt er. London habe alles verändert.

Dass sein Blog auch bei Nicht-Sikhs gut ankommt, erklärt sich Pardeep Singh damit, dass er eben nicht nur die Religion der Sikhs und damit das Erwartbare darstellt. "Wir zeigen die Menschen, die diese Religion ausüben, verbunden mit ihrer Leidenschaft für das Land in dem sie leben", sagt er. Modebewusstsein sei schließlich Teil der englischen Identität. "Und ich bin ein echter Patriot."

© Süddeutsche.de/feko/leja
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