Ladies & Gentlemen:Auf leisen Sohlen

Kreppsohle und Veloursleder: Die Wallabees der Marke Clarks sind eigentlich alte Bekannte im Schuhregal. Gerade erleben sie aber eine erstaunliche Verjüngungskur.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Ladies & Gentlemen: Der Wallabee für Damen ist ein seltsamer Hybrid aus Hauspantoffel und Mokassin.

Der Wallabee für Damen ist ein seltsamer Hybrid aus Hauspantoffel und Mokassin.

(Foto: Clarks Originals)

Für sie: Entenfüße für alle!

Gerne würden wir an dieser Stelle das Comeback schwindelerregender High Heels verkünden. Aber es hat ja keine Bar offen, in die man mit ihnen vom Taxi aus balancieren könnte. Stattdessen feiert jetzt ein Hipsterschuh seinen Einzug in den Mainstream, dessen Entenfuß-Appeal viel besser in unsere Zeit passt: der Wallabee. In New York tragen obercoole Künstlerinnen ihn natürlich schon seit Jahren im lichtdurchfluteten Atelier - bei uns hingegen hatte man sich gerade daran gewöhnt, dass schöne Frauenzehen mit hübsch lackierten Nägeln jeden Sommer in Birkenstock-Sandalen stecken. Und zwar mittlerweile auch jene Zehen, die sich jahrelang dem Gesundheitslatschen-Hype verweigert hatten. Es gibt eben Schuhtrends, gegen die man nicht ankommt. Zuerst ist man entsetzt, dann gewöhnt man sich an den Anblick und zuletzt gibt man sich der Bequemlichkeit hin. So wie die göttinnenhaft verehrte Phoebe Philo den Birkenstock auf den Laufsteg von Celine brachte und ihn so der Urökofraktion entwendete, so bereitet das Schuhlabel Clarks auf Instagram den Durchbruch seines seltsamen Hybriden aus Hauspantoffel und Mokassin vor: Er hat bereits ein paar gewichtige Designer-Kollaborationen hinter sich gebracht, mit Supreme, Palm Angels oder dem New Yorker Label Tibi. Die hier gezeigte Variante heißt übrigens Wallacraft und hebt die Frau auf ein Plateau. Ein Schuh, der gerade einfach passt. Denn am Boden hafteten wir in letzter Zeit genug - fürs Wiederherstellen der perfekten Pediküre fehlt allerdings noch die Kraft.

Ladies & Gentlemen: Der Wallabee für Herren hat eine stabile Boheme-Ausstrahlung, weil er fürs Auge nicht ganz gefällig ist.

Der Wallabee für Herren hat eine stabile Boheme-Ausstrahlung, weil er fürs Auge nicht ganz gefällig ist.

(Foto: Loewe)

Für ihn: Klassischer Hochstapler

Zwei ikonische Schuhmodelle hat die britische Firma Clarks seit Jahrzehnten unverändert im Angebot - zum einen die simplen Desert Boots, die zur Grundausstattung bei jedem Mann über 30 gehören. Und die Wallabees, genauso klassisch, aber immer schon ein Stück elaborierter als die DBs, denn Wallabees sehen aus wie knöchelhohe Mokassins - mit dicker Kreppsohle, auffälliger Naht und weichem Veloursleder. Clarks legte 1967 die ersten Exemplare davon auf, Vorbild war damals angeblich sogar ein deutsches Schuhmodell. Richtig angesagt wurden die Schuhe aber erst über Umwege - die gutangezogene Dancehall-Szene in Jamaika fand Gefallen an den seriös-tanzbaren Wallabees. Sie exportierten den Stil schließlich auch nach New York und in die Anfänge des Hip-Hop, bei denen die Schuhe ebenfalls prominent vertreten waren. Seither gehörten sie immer zur urbanen Garderobe von Kreativen und anderen leichtfüßigen Gestalten. Der Wallabee hat eben eine stabile Boheme-Ausstrahlung, weil er fürs Auge nicht ganz gefällig ist. Gleichzeitig ist er sehr variabel kombinierbar und bequem mit seiner weichen Sohle und viel Platz für den Fuß. Seit einiger Zeit rückt das Modell überall wieder verstärkt in den Fokus, hier hat etwa der Designer Jonathan Anderson für Loewe eine deutliche Verneigung vor dem Original präsentiert. Die extradicke Sohle ist dabei vermutlich ein Tribut an den Zeitgeist: Wenn man schon draußen nur schnell und heimlich herumhuschen kann, zwischen nötigsten Einkäufen und Ausgangssperre, dann auf leisen Sohlen, die ihren Träger ein bisschen über dieses ganze Elend erheben und Mindestabstand zum harten Boden der Tatsachen garantieren.

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