Rechtskolumne:Darf man Schäden am Haus verschweigen?

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Auf den ersten Blick sieht alles gut aus, der Kaufpreis für die Wohnung erscheint akzeptabel, und man möchte am liebsten gleich zusagen. Doch es kann ein großer Fehler sein, wenn man den Makler nicht fragt, ob es etwa Probleme mit Feuchtigkeit oder mit der Wärmedämmung gegeben hat. (Foto: Foto: Christin Klose/dpa-tmn)

Der Traum vom Wohneigentum kann zum Albtraum werden, wenn sich nach dem Notartermin Mängel zeigen. Was Käufer und Verkäufer tun sollten, um Streit zu vermeiden.

Von Katharina Erschov

Wer sich an die 80er-Jahre-Komödie „Geschenkt ist noch zu teuer“ mit Tom Hanks und Shelley Long erinnern kann, weiß, dass bei einem Hauskauf viel schiefgehen kann: von undichten Wasserrohren bis ins Erdgeschoss hinabstürzenden Badewannen und Waschbären, die aus dem Speiseaufzug angreifen, war die Liste im Film ellenlang. „Augen auf beim Immobilienkauf“, sagen Besserwisser.

Doch, wenn es bloß so einfach wäre. In der Regel sind es nicht die offensichtlichen Mängel, die beim Einzug böse überraschen, sondern es ist all das, was im Verborgenen lag. Es ist die Informationsasymmetrie zwischen Käufer und Verkäufer, die viele unsicher macht. Wie steht es daher um Aufklärungspflichten des Verkäufers?

Nicht enttäuscht sein, aber eine allgemeine Aufklärungspflicht des Verkäufers gibt es nicht. Jede Partei beschafft sich die für sie relevanten Informationen zunächst einmal selbst. Einen Grundsatz gibt es dennoch: „Die Frage ist immer, könnte die verharmloste oder zurückgehaltene Information den Vertrag erkennbar zu Fall bringen? Ist sie so wesentlich, dass sie für die Entscheidung des Käufers erheblich ist? Dann muss ich sie offenlegen“, sagt Inka-Marie Storm, Chefjustiziarin beim Verband Haus & Grund in Berlin.

Die Unbestimmtheit dieser Regel gewährt den Gerichten Spielraum für Einzelfallentscheidungen. Bei großen Wasser- oder Brandschäden oder Belastungen eines Hauses mit Asbest kamen die Gerichte bislang in der Regel zu dem Schluss, dass es eine Aufklärungspflicht gibt. Es sind Mängel, die so gravierend sind, dass Käufer womöglich vom Kauf Abstand genommen hätten, wenn sie vor dem Notartermin davon gewusst hätten. Jüngst entschied der BGH, dass eine Verkäuferin ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen war, weil sie die Käuferin über anstehende Baumaßnahmen am Haus mit daraus resultierenden Kosten in Höhe von 50 Millionen Euro im Dunkeln ließ (Az. V ZR 77/22). In einem anderen Fall verschwieg der Verkäufer, dass rund 200 Quadratmeter des besichtigten Grundstücks dem Nachbarn gehörten, die selbstverständlich nicht zum Verkauf standen. Auch hier ging der BGH von einer Aufklärungspflicht des Verkäufers aus (Az. V ZR 245/10). Je nach Begehren des Klägers kann ein solcher Verstoß mit der Aufhebung oder einer Anpassung des Vertrags einhergehen.

Grundsätzlich sei es immer gut und richtig, wenn Kaufinteressenten bohrende Fragen stellten, rät Storm, weil sich darüber eine Offenbarungspflicht des Verkäufers ergeben könne. Letzterer sei verpflichtet, auf konkrete Nachfragen richtig und vollständig zu antworten. „Nehmen Sie zu solchen Gesprächen einen Zeugen mit“, rät die Expertin.

Allerdings kann ein Verkäufer auch behaupten, von einem Mangel nichts gewusst zu haben, etwa wenn sich hinter einer Holzverkleidung Schimmel verbirgt. Greift dann auch noch – wie üblicherweise vereinbart – ein Gewährleistungsausschluss, kann der Verkäufer nicht so einfach zur Verantwortung gezogen werden. „Dass ältere Häuser schon mal einen Feuchtigkeitsschaden haben können, ist nicht ungewöhnlich. Der Käufer müsste beweisen, dass der Verkäufer von dem Schimmel gewusst und es arglistig verschwiegen hat“, sagt Roland Kampmeyer, Gründer und Geschäftsführer des bundesweit agierenden Maklerhauses Kampmeyer. Denn wer arglistig handelt, kann sich später nicht auf einen Haftungsausschluss berufen.

Doch auch Verkäufer müssen sich vor unberechtigten Vorwürfen schützen. „Um der Verletzung von Aufklärungspflichten oder gar dem Vorwurf der Arglist aus dem Weg zu gehen, empfehle ich beim Verkauf, im größtmöglichen Umfang in einem Datenraum alle relevanten Informationen zur Immobilie offenzulegen“, so Kampmeyer. Gerade bei größeren Immobilientransaktionen können virtuell zur Verfügung gestellte Unterlagen schnell ein nicht mehr überschaubares Ausmaß annehmen. Jüngst entschied daher der BGH, dass der Verkäufer seinen Datenraum übersichtlich gestalten muss, Inhaltsverzeichnis und Suchfunktion inklusive. Das beliebige Nachschieben von Dokumenten, zu einem Zeitpunkt, zu dem der Käufer üblicherweise nicht mehr in den Datenraum schaut, hat dem BGH als Aufklärung des Käufers übrigens nicht gereicht (Az. V ZR 77/22). Auch wenn die Dokumente gut sortiert sein mögen, Nachfragen bei Zweifeln lohnt sich immer.

Für den Kauf einer Eigentumswohnung hat Immobilienmakler Kampmeyer praktische Tipps parat: „Ich würde mir immer das Beschlusstagebuch und die letzten drei Protokolle der Eigentümerversammlung sorgfältig durchlesen. Wenn die sich schon wie ein Krimi lesen, muss ich überlegen, ob das für mich die richtige Eigentümergemeinschaft ist“, sagt der Makler. Die Wohngeldabrechnung zeigt ihnen, wie viel Geld in der Instandhaltungsrücklage noch für Reparaturen drin ist, und der Wirtschaftsplan, welche finanziellen Verpflichtungen die Eigentümer haben. „Lassen Sie sich in jedem Fall auch die Teilungserklärung zeigen und prüfen Sie Ihre Rechte und Pflichten.“

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