Fisch räuchern ist gar nicht so schwer. Mit ein bisschen Übung herrscht bald mehr Vielfalt auf dem Grill.
(Foto: Jakob Berr)Rauch ist leichter als Luft. Er steigt in den Himmel und schafft Kontakt zu den Göttern. So weit die Vorstellung. Bei den Opferritualen der Vorzeit ging es denn auch eher um den Qualm als um das verbrannte Lamm. Doch irgendwann entdeckten die Menschen, dass an ihrer frisch zerteilten Jagdbeute entlangstreichender Rauch das Fleisch einige Tage vor Verwesung schützt. Auch schmeckte es so besser.
Seit etwa 9000 Jahren nutzen unsere Vorfahren dieses Wissen. Erst in Höhlen, später in Nomadenzelten, und noch heute ist die qualmende Feuerstelle mancherorts Zentrum menschlicher Behausungen. Darüber baumeln Fische, Speck oder Räucherfleisch von der Decke, was die Oberfläche der Lebensmittel auch vor Bakterien schützt. Als "Dielenselchen" wird die Räuchermethode in Süddeutschland und Österreich bis heute praktiziert. Bis in die 60er-Jahre wurde auf Bauernhöfen zur häuslichen Vorratshaltung regelmäßig geräuchert.
Rauchgeschmack aus dem Labor
Rauch kann vieles aromatisieren - Fisch, Fleisch, Salami, Käse, Gemüse, Chilischoten, Salz oder Tofu. Heute werden Nahrungsmittel fast nur noch industriell geräuchert. Dafür hat die wachsende Selbstversorger-Szene begonnen, das Thema wiederzuentdecken. Ob privat oder industriell, längst geht es weniger um Konservierung als um den rauchig-rauen Geschmack.
Die Industrie nutzt dafür fast nur noch Flüssigrauch ("Raucharoma"), etwa bei Wurst- und Schinkenwaren in der Plastikhülle. Anstatt die Lebensmittel direkt den leider ebenfalls im Räucherqualm vorhandenen toxischen Substanzen wie dem krebserregenden Benzo(a)pyren auszusetzen, werden sie durch kühles Zerstäuben, Vernebeln oder Eintauchen mit rauchigem Aroma versehen. Für Nase und Mund ist das aber eher ein Surrogat.
Denn echter Rauch ist eine komplexe Mischung aus festen Rußpartikeln, winzigen Flüssigkeitströpfchen und verdampften gasförmigen Verbindungen. Insgesamt hat man mehr als 300 Stoffe nachgewiesen, darunter Aroma gebende Phenolverbindungen wie Syringol, das süßliche Maltol oder karamelliges Furan. All diese Substanzen entstehen bei unterschiedlichen Temperaturen, weshalb man zwischen zwei Hauptverfahren unterscheidet. Beide werden bei Hobbyköchen immer beliebter und sind viel einfacher, als man glaubt.
Kalträuchern: Der Rauch aromatisiert Fisch oder Fleisch bei 15 bis 25°C binnen weniger Tage (Kurzrauchverfahren) oder drei bis vier Wochen (Langrauchverfahren) in der Räucherkammer. Typische Lebensmittel sind Speck, Lachs oder Mettwurst. Dafür braucht man für den Anfang nicht mehr als eine Metall-Räuchertonne für 30 Euro und etwas Räuchermehl aus dem Anglerbedarf. Später lohnt vielleicht die Anschaffung mehrstöckiger Räucheröfen (ab 150 Euro).
Einsteiger können ihre ersten Versuche aber noch billiger mit einer handlichen Räucherpistole für 20 Euro aus dem Küchengeschäft starten - eine Art Tabakpfeife, die mit eingebautem Gebläse Rauch von in der Pfeife glimmendem Aromaholz auf Lebensmittel bläst, die unter einer Haube (etwa einer Käseglocke) liegen. Das Kalträuchern in der Tonne ist vor allem für Fisch (gut ist Saibling, Lachs und Forelle) eine so simple Methode, dass sie sogar auf gut belüfteten Stadtbalkonen ohne große Nachbarbelästigung klappt.
Der Fisch wird zunächst für zwölf Stunden eingelegt ( auf 1 kg Fisch kommen 1,5 l Wasser und 50 g Salz), dann abgespült und an der Luft getrocknet. Nach dem Kalträuchern in mehreren Durchgängen hält er sich in Butterbrotpapier im Kühlschrank etwa 14 Tage. Für Fettfische lohnt es sich, neben Buchen-Räuchermehl (erste Wahl beim Kalträuchern) auch Apfel, Kirsche, Weide, Eiche, Erle oder Birne zu probieren - mit überraschenden Nuancen.
Räuchern in den eigenen vier Wänden
Heißräuchern: Bei einer Temperatur zwischen 75 und 110°C verkürzt sich die Räucherzeit auf 15 bis 60 Minuten. Brühwürste, gepökelter Schinken, Geflügel oder Fische werden dabei gleich mitgegart, müssen danach aber in den Kühlschrank und binnen drei Tagen gegessen werden. Fürs Heißräuchern reicht im Prinzip ein mit Alufolie ausgekleideter Wok mit Räuchermehl und ein paar Trockenkräuter oder Wacholder (siehe Rezept) sowie eine halbwegs gut belüftete Küche. So erzielt man weit bessere Ergebnisse als bei der ordinär überräucherten Fertigware aus dem Supermarkt.
Wer Spaß an der Parfümierung findet, kann auch auf dem Holzkohle- oder Gasgrill mit Aromaholzchips heißräuchern (siehe "Smoky Bauernfrühstück") - etliche Hersteller bauen schon Räucherschubladen in ihre Grills ein. Noch besser geeignet sind aber Tischräucheröfen (ab 50 Euro) oder eine Heißräuchertonne, die man mit Geschick auch aus zwei 100-Liter-Fässern und etwas Baumarktmaterial selber bauen kann.
Makrelen sind ein beliebter Räucherfisch. In Bayern kommen sie als "Steckerlfisch" traditionell an einem Holzstab auf den Grill.
(Foto: dpa)Ein paar Hundert Euro kosten dagegen hochwertige vertikale Geräte, elektrisch regelbare Öfen oder die ebenfalls zum Räuchern perfekt geeigneten großen horizontalen Smoker, die wie geschrumpfte Dampflokomotiven aussehen. Damit lassen sich dann aber auch sogenannte Long Jobs umsetzen: ein bis zwei Tage lang smoken als Mischung aus Grillen und Räuchern mit amerikanischen BBQ-Spezialitäten wie Brisket (Rinderbrust) oder Pulled Pork (fasrig gegarte Schweineschulter). Über den tagelangen Stark-Rauch freuen sich dann aber nicht nur die Götter, sondern auch die Nachbarn.