Mit Blattgold überzogenes Steak? Zum Preis von bis zu 1500 Dollar? Gut, da werden jetzt manche denken: Wenn es keine anderen Luxusprobleme gibt, dann würde ich gerne das Thema wechseln. Das ist aber gar nicht so einfach. Denn zubereitet wird das Fleisch in diesem Fall von „Salt Bae“, bürgerlich Nusret Gökçe, kurdischer Gastronom und mit 53 Millionen Instagram-Followern größter Foodpornstar aller Zeiten. Seine Steakhäuser sind Luxusfleisch-Tempel, die auch als Pilgerziel für Reiche und Prominente gelten.
Oder muss man sagen: galten? Denn die Nachrichten aus dem Bling-Grill-Imperium, das sich von Istanbul über Dubai und Miami bis Vegas erstreckt, klangen zuletzt eher zäh als zart. Bereits im Mai hat Nusret Gökçe ein Lokal in New York schließen müssen. Ende Januar ließ er nun die letzten Fleischteller in seinem Flagship-Restaurant „Nusr–Et“ auf dem Las Vegas Strip servieren, zudem kündigte er an, auch sein Steakhaus in Dallas dichtzumachen. Seither rätselt die Branche, was eigentlich los ist beim Fleisch-Influencer, mit dessen Gastrokette der Erfolg lange so eng verbunden zu sein schien wie der Blattgoldbelag mit seinen Tomahawk Steaks (Chef’s Choice!).
Zu seinem vorwiegend männlichen Publikum zählte Gökçe bereits Hollywoodschauspieler wie George Clooney oder Leonardo DiCaprio, auch internationale Sportstars wurden regelmäßig bei ihm gesichtet, von Rugby-Größen bis zu Tennislegende Roger Federer. Bayern-Stürmer Franck Ribéry kassierte mit einem Post von einem goldenen Gökçe-Steak (1200 Euro) einst einen tagelangen Shitstorm.

Essen und Trinken:Tanz um die goldene Lende
Franck Ribérys Steakbrater Nusret Gökçe hat es mit Krummsäbel-Show und absurden Würz-Ritualen zum Foodpornstar gebracht. Was ist nur so faszinierend an Bling-Bling-Küche?
Nusret Gökçe tritt stets mit gegeltem Pferdeschwanz und Sonnenbrille auf und schneidet Fleisch gern mit dem Krummsäbel, wie ein manierierter Sultan aus einer türkischen Soap. Legendär wurde seine „Würztechnik“, bei Tisch lässt er das Salz mit abgewinkeltem Handgelenk über seinen Unterarm auf die Steaks rieseln, eine Pose, die Gökçe den Spitznamen „Salt Bae“ (Before anyone else) und ein eigenes Emoji einbrachte und ihn im Netz zum Meme machte. Millionen Follower zog vor allem der exzentrische Größenwahn seiner Fleischvideos an. Wenn der „Steakgott“ in Stimmung war, dirigierte er schon mal im Kühlhaus zu Vollplayback Beethovens Fünfte und ließ seine Mitarbeiter auf aus Fleisch nachgebauten Instrumenten dazu spielen. Und vor allem Amerikaner lieben Salt Baes Aufstiegsgeschichte: Der Sohn eines anatolischen Bergarbeiters, der nach einer Metzgerlehre nach Argentinien ging, um „alles über Fleisch zu lernen“.
Ein Luxus-Steak-Tempel auf dem extrem umsatzstarken Vegas Strip sei doch eigentlich „ein No-Brainer“, wundert man sich beim Foodportal Eater über die letzte Lokalschließung, womöglich sei aber die Steakhaus-Konkurrenz in Vegas auch einfach zu stark. Schon länger seien die Gäste ausgeblieben. Salt Bae selbst schweigt über die Gründe. Vor Gericht musste er sich zuletzt gegen frühere Mitarbeiter wehren, unter anderem wegen des Vorwurfs der Trinkgeldunterschlagung. Und seine Fans hatte er bereits beim Finale der Fußball-WM 2022 irritiert, als er unerlaubt die Sieger-Tribüne stürmte, den Pokal an sich riss und küsste und dann verdutzte argentinische Spielerstars wie Lionel Messi zu Fotos nötigte. Seitdem hat Salt Bae Stadionverbot.
Nusret Gökçes Unternehmen kündigte derweil eine Neuausrichtung an, mit neuen Lokalen in Mexiko-City, Mailand, Rom und auf Ibiza. Kann sein, dass Salt Bae damit weiteren Rekorden entgegeneilt. Es kann aber auch sein, dass die Nummer vom Narziss im Protein-Größenwahn nicht einmal im Las Vegas des Trump-Zeitalters mehr zieht. Schön wär’s.
