Restaurantkritik "Lokaltermin":"Layla" in Berlin: Eine Punktlandung nach der anderen

Überall gibt es jetzt Restaurants mit Levante-Küche aus dem östlichen Mittelmeerraum. Das Layla ist Berlins neues israelisches Trendlokal. Harriet Köhler war maximal unbeeindruckt - bis schon der erste Gang all ihre Vorurteile hinwegfegte.

Von Harriet Köhler

visitenkarte

Kaum ein kulinarischer Trend war zuletzt so erfolgreich wie die Levante-Küche: An jeder Ecke buhlen neue Restaurants mit Spezialitäten aus dem östlichen Mittelmeerraum, wilden Würzmischungen, Food-Sharing und clubbiger Atmosphäre um Gäste. So auch das Layla im Crown Plaza am Potsdamer Platz in Berlin, das seinen israelischen "Starkoch" mit marokkanischen Wurzeln schon auf der Webseite lobpreist. Harriet Köhler war maximal unbeeindruckt, bis - schon der fantastische erste Gang all ihre Vorurteile hinwegfegt.

Manchmal kann man fast den Eindruck bekommen, dass die nahöstliche Gastronomie in Deutschland den Griechen an der Ecke ablöst. Trubelige Lokale, nachbarschaftliche Atmosphäre, Teller zum Teilen, bloß halt alles etwas hipper und mit Shakshuka statt Moussaka und Hummus statt Tzatziki. Das kulinarische Niveau bleibt bei aller Ambition oft eher auf der Culottehosensaumhöhe der Gäste hängen, was schade ist, weil die Küchen rund ums Mittelmeer so viel mehr bieten als Falafel und Fladenbrot, Chraime und Köfte: ein schier unerschöpfliches Repertoire an Aromen nämlich, das uns Pellkartoffeln hier im trüben Deutschland faszinieren und überraschen könnte, verwirren und beglücken.

Man erwartet also erst mal nicht so viel, wenn man einen Tisch im "Layla" reserviert, dem neuen Restaurant von Meir Adoni, einem israelischen "Starkoch" (Zitat Webseite) mit marokkanischen Wurzeln. Allein die Location im Crowne Plaza Potsdamer Platz, diese Tagungsraumtristesse und Fitnesskellerödnis! Und dann die Terrasse mit ihrem Rollrasencharme und dem Neubaufassadenpanorama! Die ist sogar so deprimierend, dass wir uns trotz herrlichen Wetters ins Innere des Lokals verziehen, wo ein Innenarchitekt mit offensichtlich zu hohem Budget seinen Traum vom kosmopolitischen Szenerestaurant verwirklich hat, eine chaotische, nur so mittel ansprechende Melange aus dunklem Holz, folkloristischen Fliesen und minimalistischen Designerleuchten. Dass es auch Vertical-Farming-Brutkästen, eine offene Küche und laute Musik gibt: Ehrensache.

Fluffiges Brot nach Briocheart

Doch all unser Vorurteile werden beiseite gefegt. Wovon? Von der "jemenitischen Kubbana". Dabei handelt es sich zwar bloß um ein fluffiges Brot nach Briocheart, doch das ist mitnichten nur ein schneller Magenfüller. Denn es wird von drei Schälchen begleitet, die einander hübsch ergänzen und kontrastieren: Einer cremigen Aioli, der reichlich Paprika jede Schwere nimmt, einer scharf angemachten Salsa aus Tomaten, konfiertem Knoblauch und der jemenitischen Würzpaste Schug, sowie einer mit etwas Olivenöl verrührten Kräutermischung namens Doah, die eine duftige Note mit ins Spiel bringt. Der Preis: 11 Euro, die sich aber lohnen - und die gleich klarmachen, dass man hier nicht mit den Berliner Schawarma-Stationen konkurriert.

Genial sind die "Quatayef": libanesische Pfannkuchen aus dunklem, malzigem Teig, knusprig ausgebacken und gefüllt mit kräftig gewürzter, schlotziger, bis auf die Faser konfierter Ente. Dazu gibt es eine Chili-Vinaigrette mir deutlicher Fischsaucennote, die die Fleischeslust feurig kontert, außerdem ein paar Blättchen Sauerampfer, die den Gaumen erfrischen (17 Euro).

Liebeserklärung an die Aubergine

Das auf einer Aluplatte zerschmelzende "Auberginencarpaccio" ist eine Liebeserklärung an dieses oft nur totgebratene Gemüse: Es wird mit Tahini, salzigem Feta-Schnee, knusprigen Pistazien und einem Hauch Dattelhonigsüße in eine Speise verwandelt, die aromatisch überraschend und zugleich zugänglich ist (17 Euro).

Eine Punktlandung ist auch "Kibbeh-Nayyeh". Das sind roh marinierte Gelbschwanzmakrelenstücke mit scharfer Habañero-Vinaigrette auf einem Tatar aus Aal, Auberginen und Bulgur. Dazu gibt es eine Tomaten-Arak-Vinaigrette und gerösteten Buchweizen - eine Kombination, die scharf und fruchtig ist, und krachig und rauchig, bei aller Lautheit aber so harmonisch, dass man bloß still genießen will (25 Euro).

Der Starkoch ist wirklich einer

Meir Adoni ist in seiner Heimat tatsächlich ein Starkoch: Sein "Catit" in Tel Aviv galt als das beste Restaurant Israels. Doch dann wandte er sich von der luxuriös-internationalen Pinzettenküche ab, schloss das Lokal und expandierte nach New York, wo er sich auf seine kulinarischen Wurzeln besann und das lässig-moderne "Nur" eröffnete - unter tosendem Applaus der Kritik.

Sein Geheimnis: Kombinationen, die gewagt sind, aber nicht überfordern. Mut zu kunterbunten Aromen, die aber ausgewogen und stimmig bleiben. Und opulente Neuinterpretationen klassischer Gerichte, die bei aller Experimentierlust nie ihren Ursprung verraten.

So auch bei den "Straßen von Beirut", bei denen perfekte Lammkoteletts auf einem Bulgurrisotto liegen, begleitet von griechischem Joghurt, etwas Petersiliencreme, Walnüssen und Pinienkernen für den Crunch, verkohltem Chinakohl und einem wunderbaren Kalbsfond, der alles verbindet (45 Euro).

Butterweich gegrillt

Oder beim butterweich gegrillten "Oktopus Libanesischer Art" mit japanischen Auberginen, den äthiopisches Tahini, säuerliche Tamarinde, Labane-Käse, eine Kirschvinaigrette und Salzkaramellnüsse in ein Gericht verwandeln, das aromatische Salti vollführt, dabei aber verblüffend bodenständig ist (37 Euro).

Spaß machen auch die Desserts, allen voran "Malabi Rose", bei der Kleckse duftiger Rosenwasser-Panna-Cotta auf einem knusprigen Engelshaarteig liegen, dazu gibt es frisches Kirschsorbet und süße Rhabarberkonfitüre und kandierte Pistazien für noch mehr Biss.

Hotelrestaurants sind oft eine Empfehlung für Leute, die allein essen gehen wollen oder müssen. Dazu ist im Layla die Atmosphäre zu clubbig, der Service zu schusselig und die Portionen. . . - schon das Brot vorweg zwänge einen in die Knie. Zum Glück macht das Sharing-Konzept hier Sinn: Nach der ersten Gabel will man absolut alles auf der Karte probieren.

In einem Satz

Israelischer Trendladen mit leichtem Konzeptcharme, der aber mit einer hervorragenden Küche überrascht.

Qualität: ●●●●○

Ambiente: ●●●○○

Service: ●●●○○

Preis/Leistung: ●●●○○

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