Zu Hause zu arbeiten, ist in etlichen Berufsfeldern inzwischen üblich und teilweise sogar Standard. Aufgrund der Corona-Pandemie haben vermehrt Menschen ihr Büro ganz oder teilweise in ihre Wohnung verlegt. Und sind danach nicht wieder sämtlich an ihre Firmensitze zurückgekehrt. Aber ist das überhaupt zulässig, als Mieter sein Geld in Räumlichkeiten zu verdienen, die ausschließlich zu Wohnzwecken angemietet worden sind?
Die Antwort ist: mal ja, mal nein. Es kommt auf die Art der Tätigkeit an. Entscheidend sei, sagt Inka-Marie Storm, Chefjustiziarin des Verbandes Haus und Grund Deutschland in Berlin, ob sich die berufliche Tätigkeit nach außen hin von einer üblichen Wohnnutzung unterscheidet. Unproblematisch ist eine Tätigkeit, die keinen Lärm verursacht, keinen Publikumsverkehr zur Folge hat und für andere Hausbewohner, den Vermieter oder Passanten nicht erkennbar ist, etwa durch eine Firmenbezeichnung an der Klingel und am Briefkasten.
Für solche Tätigkeiten, so Inka-Marie Storm, bedürfe es keiner Einwilligung durch den Vermieter. Beispiele sind etwa: Tele- und Büroarbeit, die Unterrichtsvorbereitung von Lehrern sowie eine wissenschaftliche, schriftstellerische oder auch journalistische Tätigkeit.
Anders sieht es aus bei geschäftlichen Aktivitäten, die öffentlich wahrnehmbar sind. Die muss der Vermieter grundsätzlich nicht ohne entsprechende Vereinbarung dulden. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil (Az. VIII ZR 165/08) im Juli 2009 festgelegt, der Vermieter könne „nach Treu und Glauben verpflichtet sein, die Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung zu erteilen, wenn es sich um eine Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Kundenverkehr handelt“. Die Beweislast liegt in diesen Fällen beim Mieter. In dem Verfahren war es um einen Streit zwischen einem Vermieter und seinem Mieter gegangen, der in der Wohnung seiner Maklertätigkeit nachgegangen ist. Der Mieter hatte vom BGH Recht bekommen. Eine gewerbliche Nutzung sei nur dann vertragswidrig, wenn sie entweder die vertragsgemäße Wohnnutzung überwiege oder wenn von ihr weitergehende Einwirkungen auf die Mietsache oder die Mitmieter als durch eine übliche Wohnnutzung ausgingen.
Konkret bedeutet das: Wer in seiner Wohnung nur noch eine Schlafcouch stehen hat, die Räume ansonsten ausschließlich geschäftlich nutzt, verstößt gegen seinen Mietvertrag zur Wohnnutzung. Ein gewerbliches Klingelschild und Parteiverkehr sind hingegen unter Umständen durchaus zulässig. Dann, wenn die Arbeit im Wesentlichen am Schreibtisch erledigt wird, in der Wohnung keine Mitarbeiter beschäftigt werden und der Publikumsverkehr im Umfang einer üblichen Wohnnutzung bleibt. Das kann zum Beispiel Makler- und Anwaltstätigkeiten einschließen und die Arbeit als Coach oder Therapeut.
Der BGH hat speziell darauf hingewiesen, dass in der Phase einer beruflichen Existenzgründung die gewerbliche Nutzung der Wohnräume gestattet sein müsse und „eine Existenzgründung nicht von einer vorher eingeholten Erlaubnis des Vermieters zur gewerblichen Nutzung abhängig gemacht werden“ könne.
In einem weiteren wegweisenden Urteil von April 2013 (Az. VIII ZR 213/12) hat der BGH seine Entscheidung von 2009 bekräftigt, indem er explizit darauf Bezug genommen hat. Auch wenn er in der Sache anders entschieden hat: Ein Musiklehrer hatte in der angemieteten Wohnung umfänglich Gitarrenunterricht erteilt. Das Ausmaß des Parteienverkehrs und die Geräuschkulisse hätten Auswirkungen auf den Hausfrieden, die Kündigung des Mietverhältnisses sei deshalb rechtens.
Was darüber hinaus in jedem Fall zu beachten ist, sagt Inka-Marie Storm vom Verband Haus und Grund, seien etwaige kommunale oder regionale Zweckentfremdungsverbote. Keine Rolle spiele hingegen, so Storm, welchen Anteil seines Einkommens man in den eigenen vier Wänden erwirtschafte.