Rechtskolumne:Dürfen Mieter Besichtigungen verweigern?

Lesezeit: 2 Min.

Eigentümer laden oft viele Leute auf einmal zur Besichtigung einer Wohnung ein, weil das praktisch für sie ist. Wenn in ihr Mieter leben, müssen diese solchen Gruppenterminen nicht zustimmen. (Foto: Imago)

Wenn Vermieter eine Wohnung verkaufen oder neu vermieten wollen, laden sie meist Interessenten zur Besichtigung ein. Was Mieter dabei akzeptieren müssen und was nicht.

Von Katharina Wetzel

Der Urlaub ist schon lange geplant. Doch kurz bevor die Reise startet, kündigt sich unerwarteter Besuch an. Der Vermieter möchte dringend einem Kaufinteressenten die Wohnung zeigen und fragt, ob das mal eben noch möglich sei.

Immer wieder kommt es vor, dass Vermieter die Wohnung ihres Mieters betreten wollen. Etwa dann, wenn eine Wohnung neu vermietet oder verkauft werden soll, stehen Besichtigungen an. Doch was ist, wenn der Besuch so gar nicht in den eigenen Zeitplan passt? Darf der Mieter den Termin dann ablehnen, auch wenn er damit womöglich eine Vermietung oder einen Verkauf des Objekts behindert?

„Grundsätzlich gibt es kein allgemeines Recht des Vermieters, die Mieträume zu besichtigen. Er braucht dafür schon einen konkreten sachlichen Grund“, sagt Martina Westner, Rechtsanwältin beim Haus- und Grundbesitzerverein in München. Liegt dieser vor, so ist es eine vertragliche Nebenpflicht des Mieters, dem Vermieter Zutritt zu gewähren, wie der Bundesgerichtshof (BGH) am 26. April 2023 urteilte (Az. VIII ZR 420/21). Diese Nebenpflicht ergibt sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), Paragraf 242.

Steht etwa ein Verkauf oder eine Neuvermietung an, hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse, das Objekt zu betreten. Der sich noch in der Wohnung befindliche Mieter muss dennoch nicht jeden Terminwunsch des Vermieters erfüllen. Unangekündigte Besuche sowie Termine an Sonn- und Feiertagen können mit Zustimmung des Mieters stattfinden, dürfen von ihm aber auch abgelehnt werden. Zudem darf der Mieter angeben, wenn ihm Termine ungelegen kommen.

In der Regel finden Wohnungsbesichtigungen, wenn nicht anders vereinbart, werktags zu normalen Geschäftszeiten von acht bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr statt. Ausreichend ist es, wenn sich Vermieter etwa sieben bis zu 14 Tage im Voraus mit Terminvorschlägen melden. Westner empfiehlt, Mieter um eine kurze Bestätigung oder einen zeitnahen Ersatztermin zu bitten.

Was kann der Vermieter in folgender Situation tun? Er hat das Recht darauf, Zutritt zur Wohnung zu erhalten, doch der Mieter will ihm nicht die Türe öffnen. In dem Fall können Vermieter eine Klage auf Duldung des Betretens beziehungsweise der Besichtigung der Mieträume erheben. Unter Umständen kann dem Mieter auch eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses drohen. Doch solche Konflikte lassen sich vermeiden.

Rechtskolumne
:Darf man seinen eigenen Herd einbauen?

Häufig streiten sich Mieter und Vermieter über die Küche. Dabei geht es nicht allein um die Ablösesumme. Worauf man unbedingt achten sollte.

Von Dominik Prantl

Damit die Terminvereinbarung klappt und es nicht zum Streit kommt, sollten Vermieter auf Urlaubs- und Arbeitszeiten des Mieters Rücksicht nehmen. Im Gegenzug darf der Mieter Besichtigungen nicht immer wieder grundlos verschieben oder verweigern. Zwar muss er dem Vermieter nicht den Wohnungsschlüssel aushändigen, auch wenn er für mehrere Wochen in den Urlaub fährt. „Es kann ihm aber zugemutet werden, dass er eine Person seines Vertrauens organisiert, falls er selbst zum Besichtigungstermin nicht zugegen sein kann oder längere Zeit abwesend ist“, erläutert Westner und verweist dabei auf ein Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Az. 33 C 1753/08).

Relevant ist auch, wie viele Personen zu einer Wohnungsbesichtigung erscheinen. Westner empfiehlt, die Anzahl dem Mieter vorab mitzuteilen. Sammelbesichtigungen können sowohl Mietern als auch Vermietern Zeit ersparen: „Je mehr Interessenten auf einmal kommen, desto schneller findet oftmals eine Vermietung oder ein Verkauf statt“, sagt Westner. Hierbei muss der Vermieter aber auf die Interessen des Mieters eingehen. „Wenn dieser sich etwa erheblich eingeschränkt fühlt, wenn viele Personen auf einmal die Wohnung besichtigen, kann er dies untersagen.“ Zudem können Mieter aus Hygienegründen verlangen, dass Interessenten vor Betreten der Wohnung die Schuhe ausziehen. Hat der Mieter noch seine Möbel in der Wohnung, dürfen ohne seine Zustimmung auch keine Fotos gemacht werden.

Doch wie viele Termine muss ein Mieter letztlich hinnehmen? In Städten wie München sind Apartments oft schnell vergeben. Auf dem Land kann sich eine Neuvermietung schon länger hinziehen. „Wie viele Wohnungsbesichtigungen bis zum Verkauf oder zur Neuvermietung notwendig sind, kann nicht im Voraus festgelegt werden“, stellt Westner fest. Mieter müssen hier entsprechend Verständnis aufbringen und je nach Einzelfall eben öfter Zutritt gewähren.

Die Vermieterin der Autorin stand noch nie unangekündigt vor der Tür.  (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Architekt Renzo Piano
:„Bauen ist eine Geste des Friedens“

Der Italiener Renzo Piano ist einer der großen Architekten unserer Zeit. Er hat preisgekrönte Museen auf der ganzen Welt entworfen und den gläsernen Redaktionssitz der „New York Times“. Ein Gespräch über das Wunder des Bauens, die Bedeutung des Meeres – und wie er zum Optimisten geworden ist.

SZ PlusInterview von Anne Goebel und Laura Weißmüller

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: