Kolumne: Darf man das?:Mini-Solaranlage im Freien

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Solarpanels am Balkon dürfen andere nicht blenden. Auch darum sollten sich Mieter und Eigentümer kümmern, bevor sie eine Mini-PV-Anlage installieren. (Foto: Robert Poorten/Imago)

Eine kleine Photovoltaikanlage auf dem Balkon zu installieren, ist technisch kein Problem. Rechtlich sieht das anders aus.

Von Stephanie Schmidt

Eigenversorgung ist das Gebot der Stunde. Die einen konzentrieren sich dabei auf ihren Gemüsegarten, die anderen wollen lieber Energie erzeugen. Letzteres kann man auch tun, wenn man zur Miete wohnt oder Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist: mit einer kleinen Photovoltaikanlage auf dem Balkon. Sie besteht aus einem Solarpanel oder mehreren Solarmodulen, die am Balkongeländer befestigt werden, und verfügt über eine Leistung von maximal 600 Watt. Nach Angaben des Bundesverbands Solarwirtschaft lassen sich mit der Energie, die eine solche Anlage liefert, ungefähr zehn bis 30 Prozent des Jahresstromverbrauchs in einer Wohnung für zwei Personen decken.

Die Mini-PV-Anlage an eine Steckdose anschließen, auf zahlreiche Sonnentage hoffen - und los geht's mit der Energieerzeugung. Theoretisch. Denn so einfach funktioniert es in der Praxis leider nicht. Zwar ist keine Baugenehmigung erforderlich, sofern man nicht in die bauliche Substanz des Balkons eingreift. Aber zunächst muss man seinen Vermieter fragen, ob er mit einer Balkon-Solaranlage einverstanden ist. "Mieter haben gegenüber ihrem Vermieter keinen Rechtsanspruch auf die Erlaubnis, eine Photovoltaikanlage zu installieren", betont der Rechtswissenschaftler Olaf Riecke. "Sie müssen ihn erst davon überzeugen, dass ihre Stecker-Solaranlage sinnvoll und ungefährlich ist."

Auch ein WEG-Mitglied verfügt nicht über einen solchen Rechtsanspruch. Sein Anliegen darf es erst verwirklichen, nachdem die anderen Eigentümer auf der Eigentümerversammlung mit einfacher Mehrheit dafür gestimmt haben. Persönlich etwas für den Klimaschutz tun und Energiekosten einsparen zu wollen sowie der Hinweis auf die politisch angestrebte Energiewende sind zwar gute Argumente für ein Mini-Kraftwerk in Balkonien. Aber das allein genügt noch nicht. Der Vermieter beziehungsweise die WEG fragt dabei in der Regel nach der Sicherheit. "Entscheidend ist, ob die Anlage gut fixiert ist. In jedem Fall muss sie windfest sein", gibt Fachbuchautor Riecke zu bedenken. Könnte sie die Nachbarn blenden? Auch das ist eine wichtige Frage. Es gibt auf dem Markt technische Lösungen, mit denen sich das verhindern lässt. Klug ist, möglichst frühzeitig darüber nachzudenken.

Und es gibt weitere wesentliche Aspekte, die Mieter und Eigentümer bei der Planung beachten sollten. Die kleine PV-Anlage muss baurechtlich zulässig, optisch möglichst nicht störend, leicht zurückbaubar und fachgerecht installiert sein. Außerdem darf von ihr keine Gefahr für andere ausgehen. Dabei spielt auch das Thema Brandschutz eine Rolle.

Die Kosten für das Balkon-Kraftwerk muss der Mieter selbst tragen

Sind all diese Kriterien erfüllt, darf der Vermieter die Zustimmung nicht verweigern, stellte das Amtsgericht Stuttgart in einem Fall fest, über den im Jahr 2021 verhandelt wurde: Wiederholt hatte ein Vermieter seinen Mieter aufgefordert, seine Mini-PV-Anlage zu entfernen, weil sie nicht dem "vertragsgemäßen Gebrauch" der Wohnung entspreche. Die Solaranlage dürfe bleiben, entschieden indes die Richter und verwiesen auch auf den Umweltschutz, der als Staatsziel im Grundgesetz verankert sei. Sie verpflichteten den Mieter allerdings, in Sachen Schutz vor Sturm nachzurüsten, weil ein Gutachter hier Mängel festgestellt hatte (Az. 37 C 2283/20).

Die Kosten, die ihm in Zusammenhang mit dem kleinen Balkon-Kraftwerk entstehen, muss der Mieter selbst tragen. Das gilt auch für den einzelnen Eigentümer, es sei denn, die Gemeinschaft der Eigentümer setzt es sich zum Ziel, künftig auf den Balkonen Solarenergie zu erzeugen. Wenn ein einzelner Antragsteller ein positives Votum erreicht, aber nicht nur Ja-Stimmen bekommt, kann es sein, dass es vorerst nicht klappt mit der Mini-Solaranlage: Andere Eigentümer können den Beschluss anfechten und das damit begründen, die Modalitäten dafür seien nicht präzise genug formuliert. In diesem Sinne urteilte auch das Amtsgericht Paderborn im September vergangenen Jahres: Die pauschale Genehmigung der WEG, auf eigene Kosten Photovoltaikanlagen an Balkongeländern anzubringen, sei zu unbestimmt (Az. 52 C 9/22).

Um Anfechtungsklagen und Ärger zu vermeiden, empfiehlt Riecke, für die Beschlussfassung einen rechtssicheren Text mit verbindlichen Vorgaben zum Thema steckerfertige Solaranlage zu gestalten. Er findet es zum Beispiel vernünftig, wenn darin steht, dass sie beim zuständigen Netzbetreiber angemeldet werden muss und dass ein Elektroinstallateur prüfen muss, ob die Anlage sicher ist. Die WEG kann auch bestimmte Normen des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) für die Solarmodule vorschreiben. Der Richter hat einen entsprechenden Mustertext verfasst, den er als Dozent in Seminaren oder auf Tagungen für Fachkräfte der Immobilienbranche präsentiert. Derzeit gebe es noch keine nennenswerte Rechtsprechung; für die kommenden Jahre erwartet der Rechtswissenschaftler aber zahlreiche Urteile zu Mini-Solaranlagen.

Wie verändert ein kleines Balkonkraftwerk das Erscheinungsbild einer Fassade? Auch dieses Thema dürfe man nicht unterschätzen, merkt Olaf Riecke an. Es könne auch für Hauseigentümer von Bedeutung sein, insbesondere dann, wenn es sich um eine Doppelhaushälfte oder um ein Reihenhaus handelt. "Wenn die Fassade womöglich nicht mehr einheitlich wirkt, könnte das die Nachbarn stören." Sein Rat: Sich rechtzeitig mit ihnen kurzschließen, um Streit vorzubeugen.

Die Autorin saß gern auf ihrem Balkon - solange bis neben ihm ein Außenaufzug installiert wurde. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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