Für sie: Punktlandung!
Polka Dots sagt der Angelsachse und meint: Ein auf den ersten Blick erheiterndes Muster, das in Wahrheit zu den ernstesten Modedisziplinen gehört. Zu viele Punkte symmetrisch angeordnet erinnern sofort an maschinelle Herstellung, zu wenige Punkte wirken, als seien die Maschinen kaputtgegangen. Wobei die Tupfenthaler, wie man das Muster früher in Deutschland einmal poetisch nannte, heutzutage ja sowieso meistens auf preiswerte Viskose gedruckt werden. Warum sie „Polka“-Dots heißen, ist nur dadurch zu erklären, dass sie zur gleichen Zeit in Mode kamen wie der gleichnamige tschechische Bauerntanz, im 19. Jahrhundert. Vorher waren Punkte auf Stoffen eher unbeliebt, weil sie wegen ihrer Unregelmäßigkeit, vor Erfindung der ersten Nähmaschine, an unangenehme Hautkrankheiten wie die Pocken erinnerten. Gerade war die Gala des Academy Museum in Los Angeles, gleich vier Gäste trugen Polka Dots, und keiner machte dabei größere Fehler. Das kann nur eines bedeuten: das langersehnte Ende der langweiligen Eleganz (der Maximalist Alessandro Michele, der gerade Valentino übernommen hat, benutzt Punkte auch sehr oft).
Hier sehen wir Ariana Grande in einem Vintage-Modell des französischen Couturiers Balmain, und alte Sachen aufzutragen ist natürlich erst mal löblich. Man kann aber nicht anders, als an Minnie Maus zu denken, ob es an der Seidenbordüre, der Schleife am Busen oder an den Klimperwimpern liegt, lässt sich nicht so genau sagen. Die Tupfen sind allerdings perfekt und dürfen als Blaupause für alle zukünftigen Punktlandungsversuche abgespeichert werden.
Für ihn: Punktabzug!
Wenn Männer die Wahl zwischen Streifen und Punkten als Muster haben, tendieren sie fast immer zu Streifen. Das ist so gelernt und schließlich ist das Geradlinige eher maskulin verortet als das Pünktchenhafte. Alle Attribute, die das Muster bei den Damen so zeitlos beliebt und universal einsetzbar macht – also verspielt, frech, mädchenhaft –, wirken am offiziellen Männerleib jedenfalls ziemlich unpassend. Punkte sind deshalb nur in den unernsten Außenbezirken der Herrenmode zugelassen, auf Strümpfen, Krawatten und Boxershorts, aber selbst da sind sie verglichen mit anderer heiterer Dekoration relativ selten. Vielleicht, weil Punktmuster, sofern sie nicht ganz winzig sind, am Mann eben irgendwie immer aussehen wie Clown-Tarn.
So ganz kann das auch ein modelhafter Schauspieler wie Eddie Redmayne bei der Academy Gala in Los Angeles nicht aushebeln, der sonst nahezu jedes Outfit mit Gewinn präsentiert. Aber sein Polka-Dots-Frack wirkte im Blitzlicht der Fotografen doch irgendwie komisch oder besser gesagt: Schon sehr deutlich wie etwas, das man nur in einer Manege oder als Moderator einer zirkusähnlichen Veranstaltung tragen kann. Die Würde des Fracks ist eigentlich unantastbar, er verleiht seinen Trägern immer einen respekteinflößenden Rahmen, egal wie wachsweich sie sein mögen. Aber löst man diese Oberflächenspannung des großen Abendanzugs auf, etwa indem man ihn mit Konfetti überschüttet, dann erhält man, nun ja, eine Karikatur, einen Faschingsanzug – das eben ist die große Macht der kleinen Punkte.